Beschluss vom 02.06.2022 - BVerwG 3 B 23.21

JurisdictionGermany
Judgment Date02 Junio 2022
Neutral CitationBVerwG 3 B 23.21
ECLIDE:BVerwG:2022:020622B3B23.21.0
Record Number020622B3B23.21.0
Registration Date26 Julio 2022
Subject MatterRecht der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Förderungsmaßnahmen sowie Tierzucht- und Tierseuchenrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Beschluss vom 02.06.2022 - 3 B 23.21 -

BVerwG 3 B 23.21

  • VG Münster - 02.04.2019 - AZ: VG 11 K 5015/16
  • OVG Münster - 29.06.2021 - AZ: OVG 12 A 2111/19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juni 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner
beschlossen:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2021 wird aufgehoben, soweit es die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen hat
  2. Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen
  3. Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen
  4. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 1/2. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten
  5. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt
Gründe I

1 Die Beteiligten streiten um die Veröffentlichung der Ergebnisse des sogenannten 10. Warentests für Mastferkel und dessen Rechtmäßigkeit.

2 Der Kläger ist eine staatlich anerkannte Tierzuchtorganisation auf dem Gebiet der Schweinezucht. Die Beklagte führte ab dem Jahr 2014 den streitgegenständlichen 10. Warentest für Mastferkel durch. Im Rahmen des Tests untersuchte sie bestimmte genetische Eigenschaften der Endprodukteber von vier verschiedenen Zuchtorganisationen. Zu diesem Zweck wurden aus dem Sperma der Eber der teilnehmenden Zuchtorganisationen Mastschweine gezüchtet, die im Hinblick auf die Kriterien Mastleistung, Schlachtkörperbeschaffenheit, Fleischbeschaffenheit, Ebergeruch und Wirtschaftlichkeit verglichen wurden. Die Beklagte bewertete die Eberherkunft des Klägers bei dem Test insgesamt mit der Note "befriedigend+", während diejenigen der Mitbewerber die Noten "gut+" und "gut" erhielten.

3 Mit der Durchführung des Tests war die Beklagte von der Landwirtschaftsverlag GmbH beauftragt worden, die sich an den Kosten für die Durchführung des Tests beteiligte und die Ergebnisse unter anderem im von ihr herausgegebenen "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben" (Heft 20/2016 vom 20. Mai 2016) veröffentlichte. Außerdem wurden die Testergebnisse in Heft 33 der "Schriftenreihe Warenteste" des Wochenblatts veröffentlicht und auf dessen Homepage bekannt gegeben. Es bot die Testergebnisse auch anderen Presseverlagen an, die die Testergebnisse in der Folgezeit teilweise ebenfalls veröffentlichten. Die Homepage der Beklagten enthielt einen mittlerweile wieder entfernten Link zu den auf der Homepage des Wochenblatts veröffentlichten Testergebnissen.

4 Das Verwaltungsgericht Münster hat die Beklagte mit Urteil vom 2. April 2019 verurteilt, es zu unterlassen, die Ergebnisse des von ihr durchgeführten 10. Warentests für Mastferkel mündlich, schriftlich, über das Internet oder in sonstiger Weise gegenüber Dritten bekanntzugeben oder Dritten Zugang zu den Ergebnissen des Warentests, gleich in welcher Art und Weise, zu gewähren. Es hat der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Zwangsgeldes von bis zu 250 000 € angedroht. Den Antrag des Klägers festzustellen, dass der 10. Warentest für Mastferkel rechtswidrig gewesen sei, hat es unter mehreren Gesichtspunkten als unzulässig abgewiesen.

5 Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Anschlussberufung des Klägers hinsichtlich des Antrags festzustellen, dass der 10. Warentest für Mastferkel rechtswidrig gewesen sei, sowie des Hilfsantrags festzustellen, dass die Durchführung, Weitergabe und Bekanntgabe des 10. Warentests für Mastferkel rechtswidrig gewesen seien, hat es zurückgewiesen. Die auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Weitergabe der Ergebnisse des 10. Warentests für Mastferkel gerichtete Klage sei bereits unzulässig, da es an einer hinreichend wahrscheinlichen Wiederholung der Veröffentlichung bzw. anderweitigen Weitergabe der Testergebnisse fehle. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, fehle es dem Kläger an einem Rechtsschutzbedürfnis, da mit einer etwaigen wiederholenden Bekanntgabe der Testergebnisse keine Wiederholung einer erheblichen Beeinträchtigung seiner in Art. 12 Abs. 1 GG verankerten Berufsfreiheit einhergehe. Die Testergebnisse seien branchenbekannt und könnten seit dem Jahr 2016 ohne weiteres Zutun der Beklagten und ohne nennenswerten Aufwand jederzeit online eingesehen werden. Auch die Feststellungsklage sei unzulässig. Sie sei nicht statthaft, da es sich bei der Frage, ob der 10. Warentest für Mastferkel rechtswidrig sei, nicht um ein feststellungsfähiges, d. h. hinreichend konkretes und streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 Halbs. 1 Alt. 1 VwGO handele. Der Kläger habe zudem kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung gemäß § 43 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO. Auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei - ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Stellung dieses Antrags im Anschlussberufungsverfahren überhaupt prozessual zulässig sei - unzulässig, denn dem Kläger fehle das Feststellungsinteresse. Soweit der Hilfsantrag so zu verstehen sein sollte, dass damit die Rechtswidrigkeit einer etwaigen erneuten Veröffentlichung festgestellt werden solle, stehe dem die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen. Der Kläger habe insoweit bereits die vorbeugende Unterlassungsklage erhoben.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützt ist.

II

7 Die Beschwerde ist begründet, soweit das Oberverwaltungsgericht die Anschlussberufung des Klägers gegen die Abweisung des Feststellungsantrags als unzulässig zurückgewiesen hat. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht (§ 133 Abs. 6 VwGO). Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

8 1. Hinsichtlich der Unterlassungsklage liegt keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vor.

9 a) Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten fehlerhaften Beurteilung von Sachentscheidungsvoraussetzungen nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

10 Der Kläger rügt, das Berufungsgericht sei in unzutreffender Weise davon ausgegangen...

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