BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2727/19 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn C…, |
- Bevollmächtigte:
- … -
gegen |
a) |
den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts |
vom 23. Oktober 2019 - 2 AZN 824/19 -, |
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b) |
das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln |
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vom 6. Juni 2019 - 4 Sa 18/19 -, |
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c) |
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln |
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vom 9. November 2018 - 18 Ca 7824/17 - |
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterinnen Baer,
Ott
und den Richter Radtke
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 2. November 2020 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
I.
1. Der Beschwerdeführer war Betriebsratsmitglied. In einer ordentlichen Betriebsratssitzung betitelte er ein weiteres Betriebsratsmitglied im Rahmen einer Auseinandersetzung über den Umgang mit einem EDV-System mit den Worten „Ugah, Ugah“, während der Angesprochene ihn als „Stricher“ bezeichnete. Unter anderem aufgrund dieses Vorfalls erhielt der Beschwerdeführer die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Hiergegen ging er gerichtlich vor.
2. Die Gerichte für Arbeitssachen erachteten nach umfänglicher Beweisaufnahme die Kündigung auch aufgrund einer einschlägigen vorhergehenden Abmahnung als rechtmäßig. Das Arbeitsgericht stellte darauf ab, dass grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen eine erhebliche Pflichtverletzung seien, die als wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB zur Kündigung berechtigen würden. Das ergebe sich schon aus den Wertungen in §§ 104, 75 Abs. 1 BetrVG und §§ 1, 7, 12 AGG. Die Äußerung sei eine grobe, wegen der ethnischen Herkunft diskriminierende Beleidigung, die nach der Beweisaufnahme zwar in einem Wortwechsel, aber nicht selbst in Reaktion auf „Du Stricher“ erfolgte. Die Gesamtwürdigung auch einer wirkungslosen Abmahnung in der Vergangenheit mache die Weiterbeschäftigung angesichts fortgesetzter Beleidigung von Kollegen unzumutbar. Der Arbeitgeber habe eine Fürsorgepflicht, diese vor Diskriminierung zu schützen.
Das Landesarbeitsgericht hat sich dem im Ergebnis angeschlossen. Die Äußerung sei als rassistische Beleidigung schon „für sich“ ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG beziehungsweise § 626 BGB. Gegenüber einem dunkelhäutigen Kollegen sei sie als Offenbarung eines Rassisten zu verstehen. Auch ausweislich der vorangegangenen Konflikte im Betrieb liege darin keine Entgleisung oder ein Irrtum, sondern wissend und ohne Reue Ausdruck einer Grundhaltung. Daher sei die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar gewesen.
3. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, dass die Gerichte sein Recht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG verletzten, indem sie die Kündigung für rechtmäßig erachteten. Sie hätten seine Grundrechte gegenüber dem Kündigungsinteresse der Arbeitgeberin nicht abgewogen. Die Arbeitsgerichte dürften ihm keine rassistische Grundeinstellung vorwerfen und ihn als Rassisten betiteln. Die Unschuldsvermutung sei nicht beachtet worden. Strafrechtliche Verurteilungen wegen der Äußerung hätte es nicht gegeben. Die ihm gegenüber von dem Betriebsratskollegen getätigte Äußerung „Du Stricher“ sei sanktionslos geblieben.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig; ihre Begründung entspricht insgesamt nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Sie wäre zudem auch unbegründet. Insbesondere verletzen die angegriffenen Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG, indem die Äußerung des Beschwerdeführers als Grund für eine Kündigung gewertet worden ist.
1. Die Auslegung und Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ist Aufgabe der Arbeitsgerichte. Bei ihrer Entscheidung haben sie dem Einfluss der Grundrechte auf die anwendbaren gesetzlichen Vorschriften Rechnung zu tragen...