Beschluss vom 05. Juni 2024 - 2 BvC 15/20
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2024:cs20240605.2bvc001520 |
Judgement Number | 2 BvC 15/20 |
Date | 05 Junio 2024 |
Citation | BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 05. Juni 2024 - 2 BvC 15/20 -, Rn. 1-24, |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvC 15/20 -
Europawahl 2019 (Mindestwahlalter)
über
die Wahlprüfungsbeschwerde
1. |
der Minderjährigen (…), | |
2. |
der Minderjährigen (…), | |
3. |
des Minderjährigen (…), |
- Bevollmächtigte:
-
(…)
(zu 2., 3.) -
gegen |
den Beschluss des Deutschen Bundestages |
|
vom 16. Januar 2020 - EuWP 70/19 - |
und | Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand |
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsidentin König,
Maidowski,
Langenfeld,
Wallrabenstein,
Fetzer,
Offenloch,
Frank,
Wöckel
am 5. Juni 2024 gemäß § 24 BVerfGG einstimmig beschlossen:
- Das Verfahren wird, soweit es den Beschwerdeführer zu 3. betrifft, eingestellt.
- Der Antrag der Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.
- Die Wahlprüfungsbeschwerde der Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2. wird verworfen.
A.
Die Wahlprüfungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2020, mit dem der Wahleinspruch der Beschwerdeführenden gemäß der Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses zur 9. Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland am 26. Mai 2019 zurückgewiesen wurde.
I.
Inhaltlich wenden sich die minderjährigen Beschwerdeführenden gegen die Bestimmung des Wahlalters für die Europawahl und den damit verbundenen Ausschluss von der Wahl. Die Beschwerdeführenden sind im August 2009 (Beschwerdeführerin zu 1.), Juli 2010 (Beschwerdeführerin zu 2.) und Januar 2008 (Beschwerdeführer zu 3.) geboren.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz – EuWG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1994 (BGBl I S. 423, 555, 852), in Kraft getreten am 13. März 1994 (nachfolgend: § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EuWG a.F.), waren zur Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments zunächst nur Personen berechtigt, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hatten. Diese Altersgrenze fand sich schon im ursprünglichen Europawahlgesetz vom 16. Juni 1978 (BGBl I S. 709). Sämtliche nachfolgende Änderungen des Europawahlgesetzes ließen die Festsetzung des Mindestwahlalters unberührt. Dies gilt auch für solche Änderungen, die zumindest teilweise § 6 EuWG in redaktioneller Hinsicht betrafen (vgl. insbesondere das Gesetz vom 18. Juni 2019, das am 1. Juli 2019 in Kraft trat, BGBl I S. 834). Mit am 14. Januar 2023 in Kraft getretener Gesetzesänderung vom 11. Januar 2023 (BGBl 2023 I Nr. 11) ist das Mindestwahlalter für die Europawahl in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EuWG auf 16 Jahre herabgesetzt worden.
II.
1. Die Beschwerdeführenden legten unter dem 18. Juli 2019 Einspruch gegen die 9. Europawahl am 26. Mai 2019 ein (EuWP 70/19). Sie machten geltend, dass der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EuWG a.F. vorgesehene Ausschluss von unter 18-jährigen Unionsbürgern unionsrechts- und verfassungswidrig sei.
2. Der Einspruch wurde durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2020 (vgl. BTPlenProt 19/140, S. 17504–17505) entsprechend der Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses (BTDrucks 19/16350, Anlage 17) zurückgewiesen. Dieser sei jedenfalls unbegründet, da die Festlegung des Mindestwahlalters auf die Vollendung des 18. Lebensjahres verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei und insbesondere im Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers liege.
B.
I.
Mit am 3. Juli 2020 eingegangenem Schriftsatz haben die Beschwerdeführenden gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2020 Wahlprüfungsbeschwerde erhoben. Mit demselben Schriftsatz haben sie gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EuWG a.F. Verfassungsbeschwerde erhoben. Wegen der näheren Einzelheiten wird insoweit auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tag im Verfahren 2 BvR 1177/20 verwiesen.
1. Die Wahlprüfungsbeschwerde sei zulässig.
Obwohl es ihnen nicht um die Gültigkeit der zurückliegenden, sondern um die Teilnahme an der nächsten Europawahl gehe, hätten sie vorsorglich Einspruch gegen die 9. Europawahl eingelegt. Eine Entscheidung des Bundestages über ihren Einspruch sei ihnen bisher nicht zugegangen. Am 30. Juni 2020 habe ihre Bevollmächtigte erstmals Kenntnis davon erlangt, dass der Bundestag den Einspruch mit Beschluss vom 16. Januar 2020 zurückgewiesen habe. Es sei ihnen daher nicht möglich gewesen, die Wahlprüfungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten einzulegen. Allerdings führe dieser Umstand nicht zur Unzulässigkeit der Wahlprüfungsbeschwerde. Das Wahlprüfungsverfahren sei kein geeigneter Rechtsbehelf, um die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Wahlausschlusses festzustellen und könne somit auch nicht...
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Beschluss vom 05. Juni 2024 - 2 BvR 1177/20
...der näheren Einzelheiten wird insoweit auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tag im Verfahren 2 BvC 15/20 verwiesen. 1. „Die Beschwerden“ seien zulässig. Der Rechtsweg sei erschöpft. „Die Beschwerde“ sei jedenfalls gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG zulässig......
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Beschluss vom 05. Juni 2024 - 2 BvR 1177/20
...der näheren Einzelheiten wird insoweit auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tag im Verfahren 2 BvC 15/20 verwiesen. 1. „Die Beschwerden“ seien zulässig. Der Rechtsweg sei erschöpft. „Die Beschwerde“ sei jedenfalls gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG zulässig......