Beschluss vom 06.07.2021 - BVerwG 9 B 51.20

JurisdictionGermany
Judgment Date06 Julio 2021
Neutral CitationBVerwG 9 B 51.20
ECLIDE:BVerwG:2021:060721B9B51.20.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 06.07.2021 - 9 B 51.20 -
Registration Date09 Septiembre 2021
Subject MatterSonstiges Abgabenrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number060721B9B51.20.0

BVerwG 9 B 51.20

  • VG Düsseldorf - 03.06.2019 - AZ: VG 25 K 7130/18
  • OVG Münster - 10.09.2020 - AZ: OVG 14 A 2838/19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dieterich und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2020 wird zurückgewiesen
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
  3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 241 694,96 € festgesetzt
Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.

3 Das Berufungsgericht hat entscheidungstragend festgestellt, dass die Erhöhung der Spielapparatesteuer in R. seit Beginn des Jahres 2018 von 5,5 auf 6,5 % des Spieleinsatzes keine erdrosselnde Wirkung hat, weil es einem durchschnittlichen Unternehmer im Satzungsgebiet möglich ist, die Erhöhung der Steuer durch eine Preiserhöhung auf die Spieler abzuwälzen, indem er zulässige Spielgeräte mit einem höheren langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt einsetzt (UA S. 14). Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Aufsteller in R. bereits am gesetzlichen Limit des bei langfristiger Betrachtung erlaubten Kasseninhalts von 20 € je Stunde gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Spielverordnung - SpielV - arbeiteten und somit gehindert wären, höher profitable Geräte einzusetzen, um die Steuer zu erwirtschaften.

4 Zu diesen Feststellungen ist das Berufungsgericht ohne Verfahrensfehler gelangt. Ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht (a); die in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisanträge (§ 86 Abs. 2 VwGO) hat das Gericht mit prozessordnungsgemäßer Begründung abgelehnt (b).

5 a) Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 10. August 2017 - 9 B 68.16 - juris Rn. 8 m.w.N.).

6 aa) Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht hätte bei der Prüfung des Vorliegens einer erdrosselnden Wirkung der Steuer Feststellungen dazu treffen müssen, ob der durchschnittlich zu erzielende Bruttoumsatz des Aufstellers im Satzungsgebiet die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrags für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn decken konnte. Entgegen seiner Urteilsbegründung habe das Gericht solche Feststellungen nicht getroffen, es habe sich auf alte Quellen gestützt, die sich überdies nicht auf das Satzungsgebiet bezögen.

7 Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat mit bis in das Jahr 2019 reichenden und in das Verfahren eingeführte Quellen (vgl. Verfügung vom 3. Juli 2020) belegt, dass Automatenaufsteller sich regelmäßig mit einem geringeren als dem höchstzulässigen Kasseninhalt von 20 € zufrieden geben (UA S. 14 f.). Das liege auch im Satzungsgebiet der Beklagten so, was anhand der angeforderten Angaben der Klägerin zu ihren Kasseninhalten bestätigt werde (UA S. 16). Hieraus hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Einwände der Klägerin (UA S. 19 f.) gefolgert, dass es einem durchschnittlichen Unternehmer in R. nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich möglich ist, die Erhöhung der Steuer durch eine Preiserhöhung auf die Spieler abzuwälzen, indem er nach der Spielverordnung zulässige Geräte mit einem höheren langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt einsetzt.

8 bb) Ein entscheidungserheblicher Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz liegt weiter nicht in der Nichtberücksichtigung des von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftsprüfungsgutachtens. Das Berufungsgericht hat eine erdrosselnde Wirkung bereits aufgrund der Möglichkeit, höher profitable Geräte einzusetzen, tragend verneint. Das vorgelegte Gutachten spielt eine Rolle erst für die davon unabhängige weitere Begründung des Gerichts ("Unabhängig davon", UA S. 22 ff.).

9 Im Übrigen wäre auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Nach seiner maßgeblichen materiell-rechtlichen Sichtweise kam es für die Frage, ob trotz der erhöhten Steuer ein fiktiver Durchschnittsaufsteller einen ausreichenden Gewinn erwirtschaften kann, nicht auf das Gutachten und die darin behandelte Frage an, ob die im Jahr 2018 in R. vorhandenen Spielhallen einen ausreichenden Betriebsgewinn erreichen könnten. Vielmehr geht das Berufungsgericht davon aus, dass auch bei Annahme einer verringerten Anzahl von Spielhallen keine erdrosselnde Wirkung vorliegen muss, weil Art. 12 GG kein steuerrechtliches Umfeld garantiere, das den wirtschaftlichen Betrieb von 28 Spielhallen in R. gewährleiste, und sich bei einem etwa auf die Hälfte der Spielhallen reduzierten Markt der nicht...

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