BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1957/08
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S ...
Goethestraße 10, 80336 München -
gegen a) | den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 11. Juli 2008 - III B 167/07 -, |
b) | das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 13. September 2007 - 6 K 68/07 -, |
c) | die Einspruchsentscheidung der Familienkasse Regensburg vom 8. Dezember 2006 - F01-KG-Nr.: 739/224053-E-Nr.: 915/06 -, |
d) | den Bescheid der Familienkasse Regensburg vom 5. Oktober 2006 - F11-KG-Nr.: 739/224053 - |
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Osterloh
und die Richter Mellinghoff,
Gerhardt
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 9. Dezember 2009 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Vereinbarkeit des Ausschlusses vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer vom Anspruch auf Kindergeld mit Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Der Beschwerdeführer ist ein 1972 geborener, aus Bagdad stammender irakischer Staatsangehöriger. Er reiste 2001 in das Bundesgebiet ein und lebt in Deutschland zusammen mit seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern. Im Januar 2002 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Der Beschwerdeführer erhielt eine Aufenthaltsbefugnis, die zunächst verlängert wurde. Im September 2004 widerrief das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Feststellungen zu § 51 Abs. 1 AuslG. Die Ausländerbehörde versagte daraufhin mit Bescheid vom 6. Juli 2006 die weitere Verlängerung des Aufenthaltstitels. Der Beschwerdeführer wird seit dem 21. Juli 2006 im Bundesgebiet geduldet.
2. Die Familienkasse hob eine zuvor bewilligte Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 5. Oktober 2006 rückwirkend ab September 2006 auf, weil der Beschwerdeführer nicht im Besitz eines in § 62 Abs. 2 EStG bezeichneten Aufenthaltstitels sei.
3. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Beschwerdeführer Klage: Er sichere mit seiner Berufstätigkeit den Lebensunterhalt seiner Familie. Kein Mitglied der Familie sei straffällig geworden. Eine Beendigung seines Aufenthalts verstieße gegen Art. 8 EMRK. Angesichts der verheerenden Sicherheitslage im Irak bestehe derzeit aufgrund eines Erlasses des Bayerischen Staatsministeriums des Innern ein Abschiebestopp. Nach § 62 Abs. 2 EStG stehe dem Beschwerdeführer zwar kein Anspruch auf Kindergeld zu. Die Norm verstoße jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 zur Vorgängernorm (BVerfGE 111, 160) sei missglückt. Der Gesetzgeber verfolge über § 25 Abs. 5 AufenthG das Ziel, den Zustand von Kettenduldungen zu beenden. Über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG könne eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG erreicht werden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nur geduldet werde, sei hier kein Indiz für einen nur vorübergehenden Aufenthalt. Vielmehr sei sein Aufenthalt auf Dauer angelegt. Damit verstoße die Neuregelung des § 62 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Wäre durch das Innenministerium kein Abschiebestopp verfügt, hätte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG entscheiden müssen. Bei einer positiven Entscheidung stünde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG und damit auch Kindergeld zu. Es zeige sich, dass die Anknüpfung an den Besitz von Aufenthaltstiteln ungeeignet sei, um die Ausländer mit einem voraussichtlichen Daueraufenthalt in Deutschland von denjenigen mit einem bald zu beendenden Aufenthalt zu unterscheiden und damit hinsichtlich der Kindergeldberechtigung zu differenzieren. Mit Ausnahme der Niederlassungserlaubnis lasse sich aufgrund des Aufenthaltstitels nicht auf die Dauer des Aufenthalts schließen.
4. Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom...