Beschluss vom 10.02.2022 - BVerwG 8 B 1.22

JurisdictionGermany
Judgment Date10 Febrero 2022
Neutral CitationBVerwG 8 B 1.22
ECLIDE:BVerwG:2022:100222B8B1.22.0
Subject MatterFlurbereinigungsrecht und Recht des ländlichen Grundstücksverkehrs
Registration Date11 Abril 2022
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number100222B8B1.22.0

BVerwG 8 B 1.22

  • VGH Kassel - 11.03.2021 - AZ: VGH 23 C 3095/19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Februar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. März 2021 wird zurückgewiesen
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt
Gründe

1 Der Beklagte ordnete auf Antrag der Beigeladenen mit vorläufiger Anordnung vom 20. September 2019 gegenüber dem Kläger die Entziehung des Besitzes und der Nutzung mehrerer Grundstücke an. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2019 widerrief der Beklagte die vorläufige Anordnung. Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Anordnung, hilfsweise die Feststellung, dass derzeit die Voraussetzung für den Erlass vorläufiger Anordnungen aufgrund der Planfeststellung vom 30. Mai 2012 nicht vorliegt. Das Flurbereinigungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

2 Die hiergegen gerichtete, auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Dies setzt voraus, dass die Rechtssache eine Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die der - gegebenenfalls erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, sofern diese Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten steht und dies zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus führen wird. Der Rechtsmittelführer hat darzulegen, dass diese Voraussetzungen vorliegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

4 Die Frage:
Bleibt eine einmal nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, hilfsweise eine einmal nach § 43 Abs. 1 VwGO erhobene allgemeine Feststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts begehrt wird, jedenfalls dann zulässig, wenn erst im Nachhinein die Möglichkeit einer Anfechtungsklage gegenüber einem den erledigten Verwaltungsakt wiederholenden Verwaltungsakt, für welchen die Art. 20 Abs. 3 GG unterworfene Behörde die sofortige Vollziehung nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, welcher vollzogen wird und für dessen gerichtliche Überprüfung auf Rechtswidrigkeit gleiche Umstände in der Sach- und Rechtslage wie schon für den erledigten Verwaltungsakt maßgeblich bleiben, entsteht und der Kläger eine Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen den wiederholenden Verwaltungsakt vor der Entscheidung über die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den erledigten Verwaltungsakt und, bevor sich sein zeitlich begrenztes Rechtsschutzbedürfnis erledigt, nach dem typischen Verfahrensablauf in der Hauptsache in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz mutmaßlich nicht erlangen kann?
zielt ersichtlich auf die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls. Dass ihr dennoch fallübergreifende Bedeutung zukäme, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.

5 2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Eine Divergenz ist nicht dargelegt. Dieser Zulassungsgrund ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung eines Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss hierauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht aufgestellt haben, genügt den Darlegungsanforderungen einer Divergenzrüge nicht. So aber liegt der Fall hier.

6 a) Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Flurbereinigungsgericht nicht den Rechtssatz aufgestellt, im Falle einer bereits realisierten Wiederholung eines Verwaltungsakts könne einem Kläger stets kein Vorteil mehr aus der Entscheidung über die Fortsetzungsfeststellungsklage erwachsen. Das angefochtene Urteil hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich ausgeführt, unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bestehe ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ab dem Zeitpunkt nicht mehr, ab dem die Behörde erneut gehandelt und sich dadurch die Gefahr des erneuten Erlasses eines gleichartigen Verwaltungsakts gleichsam realisiert habe. So sei es wegen der am 10. Juli 2020 und 17. August 2020 erlassenen vorläufigen Anordnungen auch hier. Das Flurbereinigungsgericht hat hingegen nicht angenommen, das Feststellungsinteresse sei in diesem Falle stets zu verneinen, sondern hat neben der Wiederholungsgefahr weitere Gesichtspunkte wie etwa das Gebot effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG oder das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs erörtert, aus denen sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers ergeben könnte.

7 b) Das Flurbereinigungsgericht hat nicht den Rechtssatz aufgestellt, im Falle einer untypisch frühzeitigen Erledigung eines Verwaltungsakts sei stets ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu verneinen. Das Flurbereinigungsgericht hat vielmehr im Einklang mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass ein...

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