BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvQ 15/20 -
über den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung
Artikel 1 § 11 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 in Verbindung mit § 11 Absatz 2 des Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des Landes Berlin nicht vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller gegen Artikel 1 § 3, § 4 in Verbindung mit §§ 6 und 7, § 5 sowie § 11 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und § 11 Absatz 2 des Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des Landes Berlin in Kraft treten zu lassen |
Antragsteller: |
1. |
Dr. U… GbR, |
2. |
GbR N… bestehend aus den Gesellschaftern |
|
3. |
N… GmbH & Co. KG, |
|
4. |
B…, |
|
5. |
B…, |
|
6. |
B…, |
- Bevollmächtigte:
- -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Harbarth
und die Richterinnen Baer,
Ott
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 10. März 2020
einstimmig beschlossen:
- Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
A.
Die Antragstellenden begehren mit ihrem Eilantrag, § 11 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, Abs. 2 des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (im Folgenden: MietenWoG Bln) vorläufig außer Kraft zu setzen.
I.
Durch Art. 1 des am 23. Februar 2020 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung vom 11. Februar 2020 (GVBl
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln sind Vermieterinnen und Vermieter verpflichtet, Mieterinnen und Mietern – auch vor Vertragsabschluss – sowie Behörden – teils unaufgefordert, teils auf deren Verlangen hin – Auskunft über die am 18. Juni 2019 für die jeweilige Wohnung geschuldete Miete beziehungsweise die zur Berechnung der Mietobergrenzen der nach den §§ 6 und 7 MietenWoG Bln maßgeblichen Umstände zu erteilen.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 MietenWoG Bln handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig Mitteilungen oder Auskünfte nach den § 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln nicht, nicht richtig oder nicht vollständig vornimmt beziehungsweise erteilt (Nr. 2 und 3), wer ohne Genehmigung nach § 8 MietenWoG Bln eine höhere Miete als die nach §§ 3 bis 7 MietenWoG Bln zulässige Miete fordert oder entgegennimmt (Nr. 4), oder wer eine Anzeige nach § 7 MietenWoG Bln nicht, nicht richtig oder nicht vollständig vornimmt (Nr. 5).
II.
1. Die Antragstellenden sind Vermieterinnen und Vermieter von in Berlin belegenen Wohnungen beziehungsweise beabsichtigen, im Umbau befindliche Wohnungen demnächst wieder zu vermieten.
Die Antragstellerin zu 1) ist als geschlossener Immobilienfonds Erbbauberechtigte mehrerer zusammenhängender Grundstücke, auf denen 1997 im Rahmen öffentlich geförderten und preisgebundenen Wohnungsbaus 140 vermietete Wohnungen entstanden. Diese Förderung lief 2017 aus; die aktuelle Durchschnittsmiete, die zum Teil noch auf die ehemalige Preisbindung zurückgeht und sich deshalb noch unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete bewegen soll, liegt bei 8,11 Euro/qm.
Die Antragstellerin zu 2) ist Eigentümerin eines mit 24 vermieteten Wohnungen bebauten Objekts in Berlin. Es ist darlehensfinanziert und wurde vor 1918 errichtet. 2009 erfolgte die Erneuerung der Heizungsanlage. Bei seitherigem Mieterwechsel erfolgte die Sanierung einzelner Wohnungen durch Einbau neuer Fußböden, Sanitäreinrichtungen und Einbauküchen. 2013 bis 2015 erfolgte eine bankfinanzierte Wärmedämmung der Gebäudehülle nebst Fensteraustausch. Alle Neuvermietungsmieten liegen bei über 7,45 Euro/qm, zuletzt zwischen 12 und 15 Euro/qm. Die unsanierten Wohnungen sind für Mieten zwischen 3 und 7 Euro/qm vermietet.
Die Antragstellerin zu 3) ist Eigentümerin eines Objekts in Berlin. Das Grundstück ist mit einem im Jahr 1971/1972 errichteten sechsgeschossigen Geschäfts-und Wohnhaus bebaut, das über sechs Gewerbeeinheiten und 28 Wohnungen verfügt. 15 Wohnungen werden derzeit vollständig modernisiert. Für diese ab Mai 2020 zur Vermietung anstehenden Wohnungen hatte die Antragstellerin mit einer Neuvermietungsmiete in Höhe von 18 Euro/qm kalkuliert.
Die Antragsteller zu 4) und 5) haben im Jahr 2016 bankfinanziert eine ca. 43,23 qm große in einem Altbau (Baujahr vor 1918) gelegene Wohnung in Berlin unsaniert erworben. Sie war seit dem Jahr 2013 für eine Miete von 8,31 Euro/qm vermietet. Nach einer Sanierung im Umfang von 25.000 Euro vermieten die Antragsteller die Wohnung für 15,50 Euro/qm.
Der Antragsteller zu 6) ist Eigentümer einer 163 qm großen Eigentumswohnung in einem Gründerzeitaltbau in mittlerer Wohnlage in Berlin, die er im Jahr 2018 sehr hochwertig und umfassend zum Preis von 130.662 Euro (801 Euro/qm) hat modernisieren lassen. Anschließend vermietete er die Wohnung für 16 Euro/qm.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einsteiligen Anordnung seien erfüllt. Eine noch einzulegende Verfassungsbeschwerde sei nicht unzulässig. Die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG sei noch nicht abgelaufen. Der Grundsatz der Subsidiarität gebiete nicht, bei straf- oder bußgeldrechtlich sanktionierten Pflichten zunächst im Fachgerichtsweg die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend zu machen. Die Antragsteller seien von den §§ 3, 4, 6 und 7 MietenWoG Bln selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen, weil es ihnen durch das Gesetz verboten werde, Mieten oberhalb...