BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 469/20 -
- 1 BvR 470/20 -
über
die Verfassungsbeschwerden
I. |
1. der Frau W…, | |
2. |
des Herrn W…, | |
3. |
der Minderjährigen W…, vertreten durch die Eltern, |
- Bevollmächtigte:
-
1.…,
-
2.… -
gegen |
§ 20 Abs. 8 Satz 1 bis 3 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 und 6 und Abs. 12 Satz 1 und 3 sowie i.V.m. Abs. 13 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10.02.2020 (BGBl I S. 148) |
h i e r : Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
- 1 BvR 469/20 -,
II. |
1. der Frau S…, |
|
2. |
des Herrn K…, | |
3. |
des Minderjährigen S…, vertreten durch die Eltern, |
- Bevollmächtigte:
-
1.…,
-
2.… -
gegen |
§ 20 Abs. 8 Satz 1 bis 3 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 und 6 und Abs. 12 Satz 1 und 3 sowie i.V.m. Abs. 13 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10.02.2020 (BGBl I S. 148) |
h i e r : Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
- 1 BvR 470/20 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Harbarth,
die Richterin Britz
und den Richter Radtke
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 11. Mai 2020
einstimmig beschlossen:
- Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.
Die Voraussetzungen aus § 32 Abs. 1 BVerfGG für den Erlass der jeweils begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
I.
1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihren mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerden gegen § 20 Abs. 8 Satz 1 bis 3, Abs. 9 Satz 1 und 6, Abs. 12 Satz 1 und 3 und Abs. 13 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10. Februar 2020 (BGBl I S. 148), in Kraft getreten am 1. März 2020.
Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene Regelung sieht unter anderem vor, dass Kinder, die in einer Kindertagesstätte oder in der erlaubnispflichtigen Kindertagespflege betreut werden, einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder eine Immunität gegen Masern aufweisen müssen (§ 20 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 IfSG), sofern sie nicht aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können (§ 20 Abs. 8 Satz 4 IfSG). Ferner muss vor Beginn ihrer Betreuung ein entsprechender Nachweis vorgelegt werden (§ 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG).
2. In beiden Verfahren sind die Beschwerdeführer zu 1 und 2 jeweils gemeinsam sorgeberechtigte Eltern, die Beschwerdeführer zu 3 jeweils ihre einjährigen Kinder, die zeitnah in einer kommunalen Kindertagesstätte beziehungsweise von einer Tagesmutter, die die Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 SGB VIII besitzt, betreut werden sollen. Die Kinder sind nicht gegen Masern geimpft. Es besteht weder eine medizinische Kontraindikation gegen eine Masernschutzimpfung noch verfügen sie über eine entsprechende Immunität.
3. Die minderjährigen Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, deren Eltern eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG und sämtliche Beschwerdeführer zudem eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
Ohne Nachweis einer Masernschutzimpfung trete kraft Gesetzes ein Verbot ein, die Beschwerdeführer zu 3 in einer Kindertagesstätte oder einer Kindetagespflege nach § 43 SGB VIII zu betreuen und aufzunehmen. Um dies zu vermeiden, müssten die Eltern, in Ausübung ihrer Gesundheitssorge für ihre Kinder, die Impfungen herbeiführen. Die Masernschutzimpfungen griffen aber in unverhältnismäßiger Weise in das...