Beschluss vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 743/01
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2009:rs20090512.2bvr074301 |
Date | 12 Mayo 2009 |
Citation | BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 743/01 - Rn. (1-74), |
Judgement Number | 2 BvR 743/01 |
Court | Constitutional Court (Germany) |
L e i t s a t z
zum Beschluss des Zweiten Senats vom 12. Mai 2009
- 2 BvR 743/01 -
Zur Finanzierung der Holzabsatzförderung durch eine Sonderabgabe (im Anschluss an das Urteil des Zweiten Senats vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -).
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 743/01 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn A...
Brienner Straße 29, 80333 München -
I. | unmittelbar gegen |
a) | den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2001 - 10 UZ 2915/99 -, |
b) | das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 1999 - 15 E 3791/96 (V) -, |
II. | mittelbar gegen das Gesetz über den Forstabsatzfonds vom 13. Dezember 1990 (BGBl I S. 2760) |
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsident Voßkuhle,
Broß,
Osterloh,
Di Fabio,
Mellinghoff,
Lübbe-Wolff,
Gerhardt,
Landau
am 12. Mai 2009 beschlossen:
- § 2 Absatz 1 bis Absatz 3, § 10 Absatz 1 bis Absatz 4, § 11 und § 12 des Gesetzes über den Forstabsatzfonds (Forstabsatzfondsgesetz - FAfG) vom 13. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2760) mit allen nachfolgenden Änderungen, seit dem 1. Januar 1999 in der Fassung als § 2 Absatz 1 bis Absatz 3, § 10 Absatz 1 bis Absatz 6, § 11 und § 12 des Gesetzes über den Holzabsatzfonds (Holzabsatzfondsgesetz - HAfG) (Erstes Gesetz zur Änderung des Forstabsatzfondsgesetzes vom 6. August 1998, Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2003; Bekanntmachung der Neufassung des Holzabsatzfondsgesetzes vom 6. Oktober 1998, Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3130), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Absatzfondsgesetzes und des Holzabsatzfondsgesetzes vom 26. Juni 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1170), sind mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 105 und Artikel 110 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
- Das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 1999 - 15 E 3791/96 (V) – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 105 und Artikel 110 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2001 - 10 UZ 2915/99 - gegenstandslos.
- Das Verfahren wird an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich mittelbar gegen das Gesetz über den Forstabsatzfonds (Forstabsatzfondsgesetz - FAfG) - seit 1. Januar 1999 Gesetz über den Holzabsatzfonds (Holzabsatzfondsgesetz – HAfG, BGBl 1998 I S. 2003) - und betrifft die Frage, ob die Abgabe, die von den Betrieben der Forstwirtschaft, seit 1. Januar 1999 der Forst- und Holzwirtschaft, erhoben wird, mit dem Grundgesetz, insbesondere mit den Anforderungen an die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe, vereinbar ist. Das Aufkommen fließt einem Absatzfonds zu, der den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen dieser Wirtschaftszweige fördern soll.
I.
Mit dem Forstabsatzfondsgesetz - FAfG - vom 13. Dezember 1990 (BGBl I S. 2760) reagierte der Bundesgesetzgeber auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfondsgesetz (BVerfGE 82, 159), wonach die nach jenem Gesetz erhobene Sonderabgabe für verfassungswidrig erklärt wurde, soweit sie auch von der Forstwirtschaft erhoben wurde, da es im Verhältnis der Forstwirtschaft zur Land- und Ernährungswirtschaft mangels gleicher Produktions- und Marktbedingungen am Merkmal der Gruppenhomogenität fehle.
In der für das Streitjahr 1995 geltenden Fassung vom 2. August 1994 (BGBl I S. 2018 <2025>) hatten die für die Abgabenerhebung maßgeblichen Vorschriften des Forstabsatzfondsgesetzes folgenden Wortlaut:
§ 1
Rechtsform
Es wird ein Absatzförderungsfonds der deutschen Forstwirtschaft (Forstabsatzfonds) als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn errichtet.
§ 2
Aufgaben
(1) Der Forstabsatzfonds hat den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Forstwirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden zentral zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben bedient sich der Forstabsatzfonds im Benehmen mit dem Absatzfonds für Land- und Ernährungswirtschaft dessen Durchführungsgesellschaften und Verwaltungseinrichtung. Die Durchführungsgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Absatzfondsgesetz hat den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Forstwirtschaft zu fördern und darf kein eigenes erwerbswirtschaftliches Warengeschäft betreiben. In dem Aufsichtsorgan dieser Einrichtung muss der Forstabsatzfonds durch mindestens ein Mitglied vertreten sein, das den Organen des Forstabsatzfonds angehört. Die Durchführungsgesellschaft gemäß § 2 Abs. 3 Absatzfondsgesetz soll die Markttransparenz verbessern, wobei sie dem Interesse aller am Markt Beteiligten zu dienen hat.
(3) Der Forstabsatzfonds stellt den Durchführungsgesellschaften nach Absatz 2 zur Durchführung seiner Aufgaben Mittel zur Verfügung. Die Satzungen oder die Gesellschaftsverträge dieser Einrichtungen sind so zu fassen, dass eine gesonderte Verwaltung und Verwendung der vom Forstabsatzfonds zur Verfügung gestellten Mittel gegenüber dem Absatzfonds für Land- und Ernährungswirtschaft sichergestellt ist.
(4) Die bankmäßige Durchführung der Aufgaben des Forstabsatzfonds obliegt der Landwirtschaftlichen Rentenbank nach Maßgabe der Richtlinien und Beschlüsse des Verwaltungsrates und der Weisung des Vorstandes.
§ 10
Finanzierung
(1) Dem Forstabsatzfonds fließen zur Durchführung seiner Aufgaben Abgaben zu. Die Abgaben betragen 0,50 Deutsche Mark je 100 Deutsche Mark von inländischen Forstbetrieben aufgenommenes, zum Sägen, Messern oder Schälen bestimmtes Stammholz. Die Abgaben werden für die Forstwirtschaft von den Betrieben erhoben, die Stammholz handeln, bearbeiten oder verarbeiten. Für die Erhebung der Abgabe ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt) zuständig.
(2) Die Erstattung der Abgabe richtet sich nach einer zwischen dem Lieferanten und dem Betriebsinhaber getroffenen Vereinbarung. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Lieferung über einen oder mehrere Händler erfolgt.
(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen das Verfahren bei der Erhebung, die Beitreibung und die Fälligkeit der Abgabe durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soweit erforderlich, die Berechnung des für die Abgabe maßgebenden Warenwertes näher zu bestimmen.
(5) Soweit Mittel aus den Abgaben sowie Erträgnissen des Forstabsatzfonds innerhalb eines Haushaltsjahres nicht zur Bestreitung von Ausgaben verwendet werden, verbleiben sie ihm für die Erfüllung seiner Aufgaben.
Mit verschiedenen Änderungen, die neben der Titeländerung insbesondere die Absatzförderung auf die Holzwirtschaft erweiterten, lauten die genannten Vorschriften nach der letzten Änderung vom 26. Juni 2007 (BGBl I S. 1170) in der aktuell geltenden Fassung:
§ 1
Rechtsform
Es wird ein Absatzförderungsfonds der deutschen Forst- und Holzwirtschaft (Holzabsatzfonds) als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn errichtet.
§ 2
Aufgaben
(1) Der Holzabsatzfonds hat den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Forst- und Holzwirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden zentral zu fördern.
(2) Der Holzabsatzfonds stellt die Leitlinien der Absatzförderung auf. Zur Durchführung der Absatzförderungsmaßnahmen bedient er sich Einrichtungen der Wirtschaft.
(3) Für Erzeugnisse der Forst- und Holzwirtschaft sowie der Papier- und Zellstoffindustrie, die nicht aus zur Bearbeitung in Säge-, Furnier- und Sperrholzwerken bestimmtem Rohholz hergestellt sind, kann der Holzabsatzfonds Maßnahmen im Sinne des Absatzes 1 gegen Erstattung der Kosten durchführen.
(4) Die bankmäßige Durchführung der Aufgaben des Holzabsatzfonds obliegt der Landwirtschaftlichen Rentenbank nach Maßgabe der Richtlinien und Beschlüsse des Verwaltungsrates und der Weisung des Vorstandes.
§ 10
Finanzierung
(1) Dem Holzabsatzfonds fließen zur Durchführung seiner Aufgaben Abgaben zu. Für die Erhebung der Abgabe ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt) zuständig.
(2) Die Abgaben werden von den Betrieben der...
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