Beschluss vom 12. Oktober 2023 - 1 BvR 1558/22
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2023:rk20231012.1bvr155822 |
Citation | BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. Oktober 2023 - 1 BvR 1558/22 -, Rn. 1-22, |
Judgement Number | 1 BvR 1558/22 |
Date | 12 Octubre 2023 |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1558/22 -
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau (…), |
- Bevollmächtigte:
-
(…) -
gegen |
den Beschluss des Amtsgerichts Bamberg |
|
vom 21. März 2022 - 0206 FH 1/22 - |
Und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hier: Antrag auf Auslagenerstattung und Gegenstandswertfestsetzung |
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Ott
und die Richter Radtke,
Wolff
am 12. Oktober 2023 einstimmig beschlossen:
- Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt
- Die Anträge auf Festsetzung des Gegenstandswertes für das einstweilige Anordnungsverfahren und für das Hauptsacheverfahren werden verworfen
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betraf eine durch deutsche Gerichte und Behörden durchzuführende Vollstreckung einer durch ein spanisches Gericht erlassenen Entscheidung über die Herausgabe des Kindes der Beschwerdeführerin an dessen Vater in Spanien.
I.
1. Das betroffene Kind wurde im August 2013 in Madrid geboren, wo seine beiden nicht miteinander verheirateten Eltern zu diesem Zeitpunkt gemeinsam lebten. Im März 2014 nach der Trennung der Eltern reiste die Beschwerdeführerin mit dem Kind ohne Kenntnis und ohne Zustimmung des Vaters aus Spanien nach Deutschland aus. Ein in Deutschland gestellter Antrag des Vaters auf Anordnung der sofortigen Rückführung des Kindes nach Spanien auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) blieb erfolglos. Nachfolgend ordnete aber ein Gericht in Madrid mit Beschluss vom 23. September 2021 die Rückführung des Kindes nach Spanien und die Herausgabe an den Vater an.
2. Der Vater begehrt vor den in Deutschland zuständigen Gerichten die Vollstreckung der Entscheidung des Madrider Gerichts. Mit hier angegriffenem Beschluss vom 21. März 2022 stellte das Familiengericht fest, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, dieses an den Vater herauszugeben. Ihre dagegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht mit nicht angegriffenem Beschluss vom 2. Juni 2022 zurück.
3. Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hatte mit Beschlüssen vom 1. und 10. August 2022 auf Antrag der hiesigen Beschwerdeführerin in dem gesonderten, der Einlegung der Verfassungsbeschwerde vorausgehenden Verfahren der einstweiligen Anordnung (1 BvQ 50/22) die Vollstreckung aus dem hier ursprünglich angegriffenen Beschluss des Familiengerichts zunächst bis zum 11. August 2022 und anschließend bis zum 9. September 2022 vorläufig ausgesetzt. In einem von der Verfahrensbeiständin des Kindes als deren Prozessstandschafterin angestrengten Parallelverfahren (1 BvR 1691/22) hat die 3. Kammer des Ersten Senats zudem mit Beschlüssen vom 1. September 2022 die Vollstreckung aus dem angegriffenen Beschluss bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde des Kindes, längstens für sechs Monate, ausgesetzt. Diese einstweilige Anordnung hat die 2. Kammer des Ersten Senats mit Beschluss vom 28. Februar 2023 wiederholt.
4. Nach Eingang der Verfassungsbeschwerde in diesem Verfahren hat das Familiengericht mit Beschluss vom 27. Februar 2023 eine vorangegangene Entscheidung eines Madrider Gerichts zum Sorgerecht abgeändert und der Beschwerdeführerin das Sorgerecht für das Kind zur alleinigen Ausübung übertragen. Die Beschwerde des Vaters gegen die Entscheidung des Familiengerichts wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 11. August 2023 zurück, so dass die Entscheidung des Familiengerichts zum Sorgerecht mittlerweile (formell) rechtskräftig ist.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin hatte mit Schriftsatz vom 28. Februar 2023 den vorgenannten Beschluss des Familiengerichts vom 27. Februar 2023 übersandt und ausgeführt, er gehe davon aus, dass sich das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erst mit der Rechtskraft dieser Entscheidung erledige. Mit weiterem Schriftsatz vom 16. August 2023 hat er sodann den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 11. August 2023 übersandt und die Einschätzung geäußert, dass das Verfahren der Vollstreckung des Beschlusses des Madrider Gerichts vom 23. September 2021 eingestellt werde. Zugleich hat er beantragt, der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten und den Gegenstandswert für das einstweilige Anordnungsverfahren und das Hauptsacheverfahren festzusetzen.
II.
1. Über die Verfassungsbeschwerde und den in diesem Verfahren gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht mehr zu entscheiden. Der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 16. August 2023 ist unter Berücksichtigung seines...
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