BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvL 12/19 -
zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
ob § 21 Absatz 1 und Absatz 4 PsychKHG-HE in der Fassung des Hessischen Gesetzes über Hilfen bei psychischen Krankheiten - Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz vom 4. Mai 2017 (GVBI. 2017, 66) - mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und Absatz 2 GG vereinbar ist. |
- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Fulda vom 4. Juli 2019 - 88 XIV 312/19 L, 88 XIV 313/19 L - |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
gemäß § 81a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. August 2019 einstimmig beschlossen:
- Die Vorlage ist unzulässig
Das Vorlageverfahren betrifft die landesrechtliche Regelung zur Fixierung im Hessischen Gesetz über Hilfen bei psychischen Krankheiten vom 4. Mai 2017 (GVBI. 2017, 66).
I.
1. Gemäß § 21 des Hessischen Gesetzes über Hilfen bei psychischen Krankheiten (PsychKHG) dürfen in Hessen besondere Sicherungsmaßnahmen, unter anderem Fixierungen, bei psychisch Kranken angeordnet werden. Die Norm lautet:
„(1) Bei einer erheblichen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person oder für das Leben, die Gesundheit oder andere bedeutende Rechtsgüter Anderer können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann. Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1. die Absonderung von anderen Patienten,
2. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,
3. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
5. die zeitweise Einschränkung der Bewegungsfreiheit (Fixierung),
6. die Beobachtung der untergebrachten Person, auch durch technische Hilfsmittel.
Wird eine besondere Sicherungsmaßnahme nach Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 5 vorgenommen, hat eine engmaschige Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu erfolgen.
(2) Während der Ausführung, der Vorführung oder des Transports ist bei erhöhtem Entweichungsrisiko die Anordnung der Fesselung zulässig, wenn und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann.
(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 dürfen nur aufrechterhalten werden, soweit und solange es ihr Zweck erfordert.
(4) Während der Durchführung besonderer Sicherungsmaßnahmen sind eine ärztliche Mitwirkung und Überwachung zu gewährleisten. Die Durchführung der Maßnahmen ist zu dokumentieren.“
2. Unter dem 4. Juli 2019 beantragte die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Fulda beim Amtsgericht Fulda mit zwei getrennten Anträgen bezogen auf denselben Betroffenen dessen sofortige vorläufige Unterbringung für vier Wochen und seine 5-Punkt-Fixierung für die Dauer von zwei Tagen. Die Klinik führte darin jeweils aus, der Betroffene sei am Morgen des 4. Juli 2019 polizeilich in Handschellen in die Notaufnahme gebracht worden. Er sei zuvor sehr angespannt und aggressiv gegenüber seiner Frau gewesen. So habe er verschiedene Gegenstände durch die Wohnung geworfen und Sachen zerstört. Der Patient zeige sich sehr angespannt und berichte, dass Menschen sterben werden, er sterben werde und man die Tiere im Wald behandeln müsse, bevor man ihn umbringe. Er zeige sich „formalgedanklich zerfahren“, ein geordnetes Gespräch sei nicht möglich. Zusätzlich gebe er an, er habe am Morgen desselben Tages Stimmen von Kindern gehört und die Tiere draußen hätten mit ihm gesprochen. Auf die Frage, warum er in der Wohnung „alles“ zerstört habe, habe er angegeben, verzweifelt und wütend zu sein.
3. Am selben Tag ordnete das Amtsgericht eine Verfahrenspflegerin bei und hörte den Betroffenen an. Das Protokoll weist aus, dass der Betroffene aus einem Voraufenthalt bekannt und „von seinen Grundstrukturen“ eher schüchtern sei, sich nun aber aggressiv und wahnhaft zeige. Er spreche nur Englisch und Hindi. Der Betroffene habe behauptet, er wolle die Erde retten. Er habe bekundet, viele wüssten nicht, wie sie lebten. Niemand habe ihm zugehört. Er sei seit 37 Jahren frustriert und die Menschen würden die Erde nicht nutzen. Er sei sehr wütend und laut gewesen. Er wisse nicht, wer die Polizei gerufen habe. Nachdem ein Assistenzarzt bestätigt habe, dass der Betroffene schon einmal in der Klinik gewesen sei, habe dieser ausgerufen, er sei noch nie da gewesen und wisse nicht, was ein Arzt sei. Das Protokoll vermerkt, dass er dabei aggressiv und aufgebracht geworden sei. Nach Verkündung des Fixierungsbeschlusses habe er gesagt, er sei bereits seit 37 Jahren gefesselt und wolle jetzt getötet werden.
II.
Mit Beschluss vom 4. Juli 2019 setzte das...