Beschluss vom 14. Dezember 2015 - 2 BvR 3073/14
Court | Bundesverfassungsgericht (Deutschland) |
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2015:rk20151214.2bvr307314 |
Citation | BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Dezember 2015 - 2 BvR 3073/14 - Rn. (1-19), |
Date | 14 m 2015 |
Judgement Number | 2 BvR 3073/14 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 3073/14 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn W…, |
- Bevollmächtigter:
-
Rechtsanwalt Jörg Jablonowski,
Domplatz 9, 06618 Naumburg -
gegen |
a) |
den Beschluss des Amtsgerichts Weißenfels vom 24. Oktober 2014 - 1 C 132/14 -, |
b) |
das Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 29. September 2014 - 1 C 132/14 - |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Huber,
Müller,
Maidowski
am 14. Dezember 2015 einstimmig beschlossen:
- Das Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 29. September 2014 - 1 C 132/14 - und der Beschluss des Amtsgerichts Weißenfels vom 24. Oktober 2014 - 1 C 132/14 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.
- Das Urteil sowie der Beschluss werden aufgehoben.
- Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Weißenfels zurückverwiesen.
- Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Verurteilung zur Zahlung von Betriebskosten in Höhe von 118,51 Euro zuzüglich Zinsen.
I.
1. Der Beschwerdeführer ist Mieter einer Wohnung in Weißenfels. Ihm wurde durch seine Vermieterin, eine britische Limited mit Sitz auf der Isle of Man, mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 die Betriebskostenabrechnung des Jahres 2009 mitgeteilt, die der Beschwerdeführer als zu hoch ansah. Er wandte mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 ein, dass die abgerechneten Kosten für Versicherung und „Hauswart Fremdleistung“ im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gestiegen seien und forderte die Vermieterin auf, die Kostensteigerung zu begründen. Überdies verlangte der Beschwerdeführer hinsichtlich der weiteren gestiegenen Kosten einen Nachweis durch Übersendung von Kopien und Belegen. Den Differenzbetrag in Höhe von 134,75 Euro zwischen der Betriebs- und Heizkostenabrechnung und den im Abrechnungsjahr geleisteten Vorauszahlungen zahlte er in der Folge nicht. Die Vermieterin reagierte auf dieses Schreiben lediglich mit einer Eingangsbestätigung.
2. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2014 erhob die Vermieterin Klage vor dem Amtsgericht Weißenfels gegen den Beschwerdeführer auf Zahlung besagten Differenzbetrages. Als Anlage fügte sie eine Kopie der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für 2009 an. Das Amtsgericht Weißenfels ordnete mit Schreiben vom 23. Juni 2014 das schriftliche Verfahren gemäß § 495a ZPO an und bestimmte den 15. Juli 2014 als den Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2014 erwiderte der Beschwerdeführer auf die Klage und beantragte Klageabweisung. Zur Begründung trug er die im Vergleich zum Abrechnungszeitraum 2007 beziehungsweise 2008 „unerklärliche Kostensteigerung“ vor und verwies auf sein Schreiben vom 6. Dezember 2010, in dem er die Erläuterung der Kostensteigerung und die Vorlage von Rechnungskopien gefordert hatte. Bevor die Vermieterin diesem Ersuchen nicht nachkomme, sei der für die Einzelpositionen jeweils abgerechnete Anteil nicht fällig. Hinsichtlich des Kostenpunkts „Hauswart Fremdleistung“ führte der Beschwerdeführer zudem aus, dass auch nichtumlagefähige Hausmeisterkosten abgerechnet worden seien.
Im Verlauf des schriftlichen Verfahrens beantragte die Klägerin einen Schriftsatznachlass, der ihr durch das Amtsgericht gewährt wurde. Die Klägerin replizierte daraufhin mit Schriftsatz vom 24. September 2014. In ihrer Replik führte sie an, dass sie das streitgegenständliche Hausgrundstück erst im Jahr 2008 durch Eintragung im Grundbuch zu Eigentum übertragen bekommen habe. Sie bestreite die vom Beschwerdeführer vorgetragene Kostenentwicklung bei Hausmeister-, Versicherungs- und Heizkosten mit Nichtwissen, da die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2007 nicht von ihr, sondern von der vorherigen Eigentümerin und Vermieterin erstellt worden sei, ihr diese Abrechnung nicht vorliege und der Klageerwiderung des Beschwerdeführers auch nicht beigefügt gewesen sei. Sie wies zudem darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Mieter die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter trage, und dem Vermieter zudem regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes obliege. Hinsichtlich der Hausmeisterkosten seien lediglich umlagefähige Kosten abgerechnet worden, was sich aus den der Replik beigefügten Anlagen, nämlich dem Hausmeisterdienstleistungsvertrag und dem Erläuterungsschreiben zur Betriebs- und Heizkostenabrechnung ergebe. Schließlich legte die Klägerin ihrer Replik zum Nachweis der im Jahr 2009 umgelegten Kosten die Rechnungen für die Gebäude- und Haftpflichtversicherung, für den Feuerwehranschluss und den zugrundeliegenden Dienstleistungsvertrag sowie für die Heizkosten bei.
Ohne den Beschwerdeführer über den Schriftsatznachlass zu informieren und ohne die klägerische Replik dem Beschwerdeführer vorher zuzuleiten, verurteilte das Amtsgericht Weißenfels den Beschwerdeführer zur Zahlung von 118,51 Euro. Das Urteil vom 29. September 2014 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit der Replik zugestellt. In seinen Entscheidungsgründen führt das Amtsgericht aus, dass die grundsätzlich fällige Forderung der Klägerin, mit Ausnahme der Kosten für den Feuerwehranschluss, „auch nachvollziehbar und zutreffend errechnet“ sei, nachdem der...
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