Beschluss vom 17.03.2021 - BVerwG 2 B 3.21

JurisdictionGermany
Judgment Date17 Marzo 2021
Neutral CitationBVerwG 2 B 3.21
ECLIDE:BVerwG:2021:170321B2B3.21.0
Applied RulesVwGO § 40 Abs. 1 Satz 1, § 152 Abs. 1, § 173 Satz 1,GVG § 17a Abs. 2 und 4,BeamtStG § 54 Abs. 1,GG Art. 33 Abs. 2 und 5,ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
Registration Date13 Abril 2021
Record Number170321B2B3.21.0
Subject MatterRecht des öffentlichen Dienstes
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Beschluss vom 17.03.2021 - 2 B 3.21

BVerwG 2 B 3.21

  • VG Bremen - 27.11.2020 - AZ: VG 6 V 2331/20
  • OVG Bremen - 15.01.2021 - AZ: OVG 2 B 408/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden
und Dollinger
beschlossen:

  1. Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. Januar 2021 und der Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 27. November 2020 aufgehoben.
  2. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist unzulässig.
  3. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Bremen verwiesen.
Gründe I

1 Der Antragsteller, der derzeit als Verwaltungsangestellter bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport der Antragsgegnerin beschäftigt ist, macht in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltend, sein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG sei bei der Entscheidung der Antragsgegnerin über die Besetzung einer Stelle als Referent/Referentin bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa im Referat 01 "Koordinierung/Politische Gremien" verletzt worden.

2 Am 17. Juni 2020 schrieb die Antragsgegnerin die im Ausgangsverfahren streitgegenständliche "Referentenstelle (m/w/d), Entgeltgruppe 14 TV-L/Besoldungsgruppe A 14" aus. Auf diese Stelle bewarben sich neben dem Antragsteller sechs weitere Personen, die nach dem Inhalt der vom Senat beigezogenen Behördenakten und einer vom Senat eingeholten Auskunft der Antragsgegnerin ebenfalls Tarifbeschäftigte/Angestellte sind. Mit Auswahlvermerk vom 15. September 2020 entschied die Antragsgegnerin, die Referentenstelle mit einer Mitbewerberin des Antragstellers zu besetzen.

3 Dagegen hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht nachgesucht. Auf die Rüge der Antragsgegnerin, die sich auf eine zivilrechtliche Natur der Streitigkeit beruft, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene weitere Beschwerde.

4 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Senats und der Vorinstanzen sowie auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II

5 1. Die weitere Beschwerde ist in auf die Vergabe eines öffentlichen Amtes i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG gerichteten Konkurrentenstreitverfahren auch für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 GVG, § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

6 Der Senat lässt dahingestellt, ob in anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 4 GVG zur Klärung des Rechtswegs ausgeschlossen ist (dafür BVerwG, Beschluss vom 8. August 2006 - 6 B 65.06 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 26 Rn. 4 ff. in einem Verfahren betreffend die Vergabe eines Bauauftrags; zustimmend Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 152 Rn. 4; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 41/§§ 17 - 17b Rn. 3; Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 152 Rn. 3.; a.A. BGH, Beschluss vom 9. November 2006 - I ZB 28/06 - NJW 2007, 1819; Braun, NVwZ 2007, 49 ; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 152 Rn. 1 m.w.N.; ähnlich Kaufmann, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand Januar 2020, § 152 Rn. 2).

7 In auf die Vergabe eines öffentlichen Amtes gerichteten Konkurrentenstreitverfahren übernimmt das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Sache die Funktion des Hauptsacheverfahrens, weil die Stelle nicht mehr verfügbar ist, sobald sie einem erfolgreichen Mitbewerber durch Ernennung auf Dauer übertragen worden ist (BVerwG, Urteile vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 27 und vom 13. November 2019 - 2 C 35.18 - BVerwGE 167, 77 Rn. 25; BAG, Urteile vom 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 - BAGE 124, 80 Rn. 22 und vom 12. April 2016 - 9 AZR 673/14 - BAGE 155, 29 Rn. 28). Das vorläufige Rechtsschutzverfahren darf deshalb nach Prüfungsmaßstab, Prüfungsumfang und Prüfungstiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Danach ist in dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren stattfindenden Konkurrentenstreitverfahren eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage geboten, wenn bei einer Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verletzung des subjektiven Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr beseitigt werden kann und nicht ausnahmsweise gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. zuletzt BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. März 2020 - 2 BvR 2051/19 - ZBR 2020, 305 Rn. 25 m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 11 ff., 16 und vom 23. Januar 2020 - 2 VR 2.19 - Buchholz 232.0 § 9 BBG Nr. 9 Rn. 22). Kommt dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Konkurrentenstreitverfahren mithin die Funktion eines Hauptsacheverfahrens zu, ist es konsequent und sachgerecht, dass auch die Frage der Rechtswegklärung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglich und die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht zulässig ist.

8 2. Die danach zulässige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist in der Sache begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass für das auf die Vergabe eines öffentlichen Amtes nach Art. 33 Abs. 2 GG gerichtete Konkurrentenstreitverfahren bei offener...

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