BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2752/11 -
über
die Verfassungsbeschwerde
der O… GmbH, vertreten durch ihren Vorstand, |
- Bevollmächtigte:
- Rechtsanwalt Dr. Martin Klusmann
-
und Prof. Dr. Stefan Thomas,
in Sozietät Freshfields, Bruckhaus, Deringer,
Feldmühleplatz 1, 40545 Düsseldorf -
gegen |
a) |
das Urteil des Europäischen Gerichtshofs |
vom 29. März 2011 - C-352/09 P -, |
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b) |
das Urteil des Gerichts erster Instanz |
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der Europäischen Gemeinschaften |
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vom 1. Juli 2009 - T-24/07 -, |
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c) |
die Entscheidung der Kommission |
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der Europäischen Gemeinschaften |
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vom 20. Dezember 2006 - Sache COMP/39.234 - |
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Legierungszuschlag, Neuentscheidung - |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Huber,
Müller,
Maidowski
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 19. Juli 2016 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Grundrechtsschutz im europäischen Kartellrecht.
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist ein zum TK…-Konzern gehörendes Unternehmen, das Edelstahlprodukte herstellt. Die TS… AG (heute in Form einer GmbH; im Folgenden TS…), ein von der Beschwerdeführerin zu unterscheidendes Unternehmen, war durch ihren Geschäftsbereich „nichtrostende säure- und hochtemperaturbeständige Flachstahlerzeugnisse“ seit 1993 an einer Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot in Art. 65 § 1 des EGKS-Vertrags beteiligt. Zum 1. Januar 1995 übertrug sie den Geschäftsbereich auf die Beschwerdeführerin. Die Zuwiderhandlung dauerte bis 1998 an. In einem Schreiben vom 23. Juli 1997 erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber der Europäischen Kommission, sie übernehme „die Verantwortung für etwaige Verhaltensweisen“ von TS…. Am 23. Juli 2002 lief der EGKS-Vertrag aus (Art. 97 EGKS-Vertrag).
Die Kommission legte der Beschwerdeführerin mit Entscheidung vom 20. Dezember 2006 ein Bußgeld in Höhe von 3,168 Mio. Euro auf, zuzüglich Zinsen ab Fälligkeit in Höhe von 6,8 % (vgl. Entscheidung der Kommission 2007/486/EG vom 20. Dezember 2006 in einem Verfahren nach Art. 65 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 bot die Kommission der Beschwerdeführerin an - falls diese in der Sache das Gericht erster Instanz oder den Gerichtshof anrufen sollte -, für den Zeitraum der Anhängigkeit von einer Beitreibung abzusehen, wenn die Beschwerdeführerin sich vor Ablauf der Zahlungsfrist damit einverstanden erkläre, dass nach Ablauf der Zahlungsfrist zusätzliche Zinsen auf die Forderung erhoben würden und der Kommission spätestens bei Ablauf der Zahlungsfrist eine Muster-Bankbürgschaft in Höhe des geschuldeten Betrags zuzüglich Zinsen und Zuschläge bestellt werde. Die Beschwerdeführerin ging auf dieses Angebot ein und stellte der Kommission eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Bayerischen Landesbank.
2. Gegen die Bußgeldentscheidung der Kommission erhob die Beschwerdeführerin Nichtigkeitsklage. In der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2008 widerrief sie die Erklärung vom 23. Juli 1997. Sie bestritt zudem, dass sie durch diese Erklärung auch die Bußgeldhaftung für fremdes Verhalten habe übernehmen wollen. Gleichwohl bestätigte das Gericht die Entscheidung der Kommission (vgl. EuG, Urteil vom 1. Juli 2009, TKS…/Kommission, T-24/07, Slg. 2009, II-2309). Die Verordnung Nr. 1/2003 sei dahin auszulegen, dass sie die Kommission ermächtige, Kartelle in Bereichen, die sachlich und zeitlich unter den EGKS-Vertrag fielen, nach dem 23. Juli 2002 festzustellen und zu ahnden, auch wenn die genannten Vorschriften der Verordnung nicht ausdrücklich Bezug auf Art. 65...