Beschluss vom 21. Dezember 2016 - 2 BvR 2530/16
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2016:rk20161221.2bvr253016 |
Citation | BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Dezember 2016 - 2 BvR 2530/16 - Rn. (1-23), |
Judgement Number | 2 BvR 2530/16 |
Date | 21 Diciembre 2016 |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2530/16 -
- 2 BvR 2531/16 -
über
die Verfassungsbeschwerden
des Herrn E..., |
gegen |
1. |
den Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 17. November 2016 - 21 StVK 0994/16 - |
- 2 BvR 2530/16 -, |
||
2. |
den Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 17. November 2016 - 21 StVK 0996/16 - |
|
- 2 BvR 2531/16 - |
und | Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
am 21. Dezember 2016 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerdeverfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden
- Die Beschlüsse des Landgerichts Cottbus vom 17. November 2016 - 21 StVK 0994/16 - und - 21 StVK 0996/16 - verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes
- Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sachen werden an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen
- Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten
- Damit erledigen sich die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen.
I.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die unzureichend begründete Zurückweisung von Anträgen des strafgefangenen Beschwerdeführers auf Erlass einstweiliger Anordnungen.
1. a) Der Beschwerdeführer verbüßt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen Diebstahls und Betrugs. Die aktuell vollstreckte Haftstrafe wurde zunächst seit dem 23. August 2016 in der Justizvollzugsanstalt Moabit und wird seit dem 19. Oktober 2016 in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen vollstreckt. Der Beschwerdeführer befand sich bereits vor der Vollstreckung der aktuellen Freiheitsstrafe in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit.
b) Der Beschwerdeführer beantragte bei der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen einen Langzeitbesuch seiner Lebensgefährtin und trug vor, Langzeitbesuche seien ihm bereits in der Justizvollzugsanstalt Moabit bewilligt worden. Dazu stellte die Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen fest, dass ihm in Moabit „Sonder- und Familiensprechstunden“ in Anwesenheit eines Seelsorgers oder einer anderen Person genehmigt worden waren. Sie lehnte die Bewilligung des Langzeitbesuchs ab. Nach § 34 Abs. 4 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes (BbgJVollzG) seien mehrstündige, unbeaufsichtigte Besuche zuzulassen, wenn dies zur Pflege der familiären, partnerschaftlichen Kontakte des Gefangenen geboten erscheine und dieser dafür geeignet sei. Die Eignungsprüfung erfordere, dass die Anstalt ausreichend Möglichkeit habe, den Gefangenen hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit und Vereinbarungsfähigkeit in Strafhaft zu prüfen. Dafür sei eine Frist von sechs Monaten notwendig. Die Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers werde seit dem 23. August 2016 vollstreckt. Er habe in der Vergangenheit kontinuierlich mit hoher Frequenz Straftaten begangen, um seine Sucht zu finanzieren. Die Anstalt müsse sich zunächst davon überzeugen, dass der Langzeitbesuch nicht zum Einbringen berauschender Substanzen missbraucht werde.
c) Der Beschwerdeführer wandte sich mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) verband, gegen den Bescheid der Justizvollzugsanstalt. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, sein Bestandsschutz werde verletzt, da ihm in der Justizvollzugsanstalt Moabit Langzeitbesuche in Anwesenheit des Pfarrers oder einer Sozialarbeiterin bewilligt worden seien. Es sei rechtswidrig, den Langzeitbesuch nunmehr zu versagen, weil er unbeaufsichtigt stattfinden solle. Sämtliche Langzeitbesuche seien bislang beanstandungsfrei verlaufen. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sei für ihn nicht zumutbar.
d) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 17. November 2016 wies das Landgericht Cottbus den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Die Gründe des Beschlusses lauten:
„Der obige Antrag des Verurteilten bleibt ohne Erfolg, weil er die in § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG fixierten Voraussetzungen nicht erfüllt.
Über den von ihm gestellten Antrag auf Bewilligung von Langzeitbesuchen wird im Hauptsacheverfahren entschieden.“
2. a) Am 2. November 2016 beantragte der Beschwerdeführer ferner die Freistellung von der Arbeit und die gesetzliche Arbeitsentgeltentlohnung in der Freistellung gemäß § 32 Abs. 1 und 3 BbgJVollzG. Die Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen lehnte diesen Antrag am 9. und 14. November 2016 mündlich ab.
b) Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 StVollzG verband, trug der Beschwerdeführer vor, die Ablehnung seines Antrags durch die Justizvollzugsanstalt sei rechtswidrig. Er beantrage Freistellung von der Haft, da er als Gefangener sechs Monate lang gearbeitet habe, nämlich vom 29. März 2016 bis 17. Oktober 2016. Daher habe er einen gesetzlichen...
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