Beschluss vom 23.11.2022 - BVerwG 1 WB 21.21

JurisdictionGermany
Judgment Date23 Noviembre 2022
ECLIDE:BVerwG:2022:231122B1WB21.21.0
Neutral CitationBVerwG 1 WB 21.21
CitationBVerwG, Beschluss vom 23.11.2022 - 1 WB 21.21 -
Record Number231122B1WB21.21.0
Registration Date08 Marzo 2023
Subject MatterVorlagen, Anträge und Beschwerden nach der WBO in truppendienstl. Angelegenheiten
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Applied RulesGG Art. 33 Abs. 2, Art. 80 Abs. 1 Satz 2,SG § 3 Abs. 1, § 27 Abs. 1,SLV §§ 2, 3,Zentrale Dienstvorschrift A-1336/1 zur "Förderung vom Dienst freigestellter, entlasteter oder im öffentlichen Interesse oder wegen Familienpflichten beurlaubter Soldatinnen und Soldaten",Allgemeine Regelung A-1336/1 zur "Militärischen Personalführung für Freigestellte, Entlastete oder Beurlaubte",Entsendungsrichtlinie Bund (GMBl 2016 S. 34)

BVerwG 1 WB 21.21

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Brigadegeneral Fleischmann und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Dreyer
am 23. November 2022 beschlossen:

  1. Die für den Antragsteller gebildete Referenzgruppe des Bundesministeriums der Verteidigung - P II 2 - vom 22. Januar 2021 wird aufgehoben. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen
  2. Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden zur Hälfte dem Bund auferlegt
Gründe I

1 Der Rechtsstreit betrifft die Bildung einer Referenzgruppe für einen im dienstlichen Interesse beurlaubten Soldaten.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. September ... Zuletzt wurde er am 18. September 2014 zum Oberst befördert und mit Wirkung vom 1. Mai 2018 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 eingewiesen.

3 Mit Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 8. Oktober 2018 wurde der Antragsteller im dienstlichen Interesse zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit als ... bei der ... für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis 30. November 2021 beurlaubt. Die Beurlaubung wurde Anfang 2021 bis zum 30. November 2026 verlängert.

4 Mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22. Januar 2021 wurde dem Antragsteller eine im Hinblick auf seine Beurlaubung erstellte Referenzgruppe zur Förderung von im dienstlichen Interesse beurlaubten Soldaten nach der Zentralen Dienstvorschrift A-1336/1 übermittelt. Die Referenzgruppe enthält außer dem Antragsteller vier weitere Oberste, die wie der Antragsteller über eine planmäßige dienstliche Beurteilung zum Termin 30. September 2017 verfügen, dem Uniformträgerbereich Luftwaffe angehören, den Generalstabslehrgang absolviert haben, die Entwicklungsprognose "5" aufweisen, dem Werdegang Luftwaffensicherungstruppe angehören, dem Kompetenzbereich Personalmanagement zugeordnet sind, in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 eingewiesen wurden, im obersten Wertungsbereich mit einem Leistungswert zwischen "8,60" und "8,90" beurteilt wurden sowie zwischen dem 1. Mai 2013 und dem 1. Mai 2017 erstmalig auf einen B 3-Dienstposten versetzt wurden. Der Antragsteller nimmt in der Reihung der Offiziere den 1. Platz ein.

5 Gegen diese Referenzgruppe erhob der Antragsteller unter dem 11. Februar 2021 Beschwerde.

6 Vorgerichtlich wies das Bundesministerium der Verteidigung den Antragsteller darauf hin, dass die Referenzgruppe zwar wohl fehlerhaft gebildet sei, dies jedoch zugunsten des Antragstellers, so dass jedenfalls dessen Rechte nicht verletzt seien. Im Hinblick auf das Verbot der "reformatio in peius" verbleibe es bei der bisherigen Reihung.

7 Nachdem der Antragsteller an seinem Rechtsbehelf festhielt, wertete das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung und legte diesen dem Senat mit einer Stellungnahme vom 4. Mai 2021 vor.

8 Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Die Referenzgruppe sei fehlerhaft gebildet und benachteilige ihn, auch wenn er an Position 1 stehe, in seinem dienstlichen Fortkommen. Aufgrund der Zusammensetzung der Referenzgruppe aus Offizieren, die nach ihrem Verwendungsaufbau nicht mehr für eine Förderung nach B 6 in Betracht kämen, habe er keinen Vorteil aus seinem ersten Rangplatz; vielmehr sei seine Förderung von vornherein ausgeschlossen. Die Referenzgruppe sei mit fünf Personen zudem zu klein. Eine Referenzgruppe aus fünf Personen sei nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig und nur dann, wenn eine sachgerechte Erweiterung der Kriterien der Referenzgruppenbildung nicht möglich sei. Die Kriterien zur Auswahl der Mitglieder der Referenzgruppe seien hier zu eng bzw. unzutreffend gewählt worden. Er sei zwar im Ausgangspunkt Offizier der Luftwaffensicherungstruppe; sein tatsächlicher Werdegang - zumal in den jüngsten Verwendungen - gehe aber weit darüber hinaus. Seine letzte Verwendung im Werdegang Luftwaffensicherungstruppe habe 2001 geendet. Seit nunmehr 20 Jahren entwickle sich seine Laufbahn unabhängig vom Werdegang und stattdessen bezogen auf die nach Abschluss des LGAN zugeordneten Kompetenzbereiche. Die Zuordnung zur Luftwaffensicherungstruppe schließe ihn dauerhaft von der Förderung nach B 6 aus, weil für diesen Werdegang nur ein Offizier pro Jahrgang in die Generalsebene befördert werde und eine solche Förderung bereits für einen Offizier seines Jahrgangs erfolgt sei. Auch die Einengung auf den Uniformträgerbereich Luftwaffe sei nicht sachgerecht. Auf der Ebene des Stabsdienstes spiele die Zugehörigkeit zu einem Uniformträgerbereich für die Laufbahnentwicklung keine Rolle mehr. Maßgeblich für die Personalentwicklung von Generalstabsdienstoffizieren sei vielmehr der zugeordnete Kompetenzbereich. Stelle man nur hierauf - und nicht zugleich auf Uniformträgerbereich, Truppengattung und Werdegang - ab, so ergebe sich bereits eine deutlich größere Auswahl an Offizieren. Im Übrigen seien ihm zwei Kompetenzbereiche zugeordnet, neben dem Personalmanagement auch der Kompetenzbereich Konzeption und Weiterentwicklung, der inzwischen in Integrierte Planung umbenannt sei. Auch in diesem Kompetenzbereich habe er den Verwendungsaufbau abgeschlossen. Die Referenzgruppe hätte mithin schon dadurch erweitert werden können und müssen, dass Offiziere aus beiden Kompetenzbereichen berücksichtigt würden. Hinzuweisen sei ferner darauf, dass für die Förderung auf der Ebene der Spitzenoffiziere vor allem die Förderperspektive von Bedeutung sei. Keiner der in der Referenzgruppe befindlichen Offiziere verfüge über eine über B 3 hinausgehende Förderperspektive, während er in seiner Beurteilung 2017 konkrete Verwendungsvorschläge bis nach B 7 erhalten habe. Bei Auswahlentscheidungen nach B 6 werde zudem regelmäßig eine Beurteilung als Referatsleiter im Bundesministerium der Verteidigung gefordert; auch hierüber verfügten die übrigen Mitglieder der Referenzgruppe nicht. Er wäre deshalb eine Referenzgruppe aus Offizieren zu bilden gewesen, die sämtlich eine Referatsleiterverwendung durchlaufen und sich in dieser bewährt hätten. Soweit ihm eine mangelnde Bewährung als Referatsleiter vorgehalten werde, weise er darauf hin, dass er nach 20 Monaten als Referatsleiter im Bundesministerium der Verteidigung mit einer absoluten Spitzenbeurteilung ("8,90") auf Wunsch der Hausleitung aus dienstlichen Gründen in den Cyber Innovation Hub der Bundeswehr beurlaubt worden sei. Für eine darüberhinausgehende Bewährungsdauer von 24 Monaten sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Schließlich müssten alle in die Referenzgruppe aufgenommenen Offiziere annähernd gleich alt sein, weil im Rahmen der Personalentwicklung der Spitzenoffiziere das Lebensalter der Einsteuerung in die B 3-Ebene von entscheidender Bedeutung für die weitere Förderung sei. Soweit ihm die fehlende Bewährung in einer besonderen Auslandsverwendung vorgehalten werde, gehe es vorliegend zunächst um eine Nachzeichnung mit fiktiver Versetzung auf einen B 6-Dienstposten. Vor dem faktischen Antritt einer B 6-Verwendung könne die Auslandsverwendung nach Beendigung oder durch Unterbrechung der Beurlaubung ohne Probleme nachgeholt werden.

9 Der Antragsteller beantragt,
die Referenzgruppe des Bundesministeriums der Verteidigung - P II 2 - vom 22. Januar 2021 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, eine neue Referenzgruppe zu erstellen.

10 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

11 Die angefochtene Referenzgruppe sei rechtmäßig. Insbesondere sei der Antragsteller im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedern der Referenzgruppe genau gleichbehandelt worden, und zwar im Hinblick auf die planmäßige Beurteilung zum Termin 30. September 2017 auf einem B 3-Dienstposten, den Uniformträgerbereich Luftwaffe, den Generalstabslehrgang, die Entwicklungsprognose "5", den Werdegang Luftwaffensicherungstruppe, den Kompetenzbereich Personalmanagement und die Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3. Diese Kombination genau gleicher Kriterien sei geboten, um eine größtmögliche Vergleichbarkeit der jeweiligen dienstlichen Verwendungen der Angehörigen der Referenzgruppe in der Vergangenheit herzustellen. Dies gelte auch für die Zugehörigkeit zu Uniformträgerbereich, Truppengattung und Werdegang und für die Zuordnung zu einem Kompetenzbereich. Diese Kriterien bildeten regelmäßig zulässige Eignungskriterien bei Entscheidungen nach dem Grundsatz der Bestenauslese und könnten daher auch im Rahmen einer Referenzgruppenbildung herangezogen werden. Der zweite Kompetenzbereich des Antragstellers sei nicht herangezogen worden, weil der Antragsteller den Verwendungsaufbau in diesem Kompetenzbereich in den Dotierungsebenen A 14/A 15 nicht abgeschlossen habe. Auch die Größe der Referenzgruppe sei nicht zu beanstanden. Im Vorfeld der Erstellung seien insgesamt 25 Offiziere in Betracht gezogen wurden. Von diesen verfügten jedoch sechs Offiziere über eine ungünstigere Entwicklungsprognose als der Antragsteller, weitere sechs Offiziere hätten im Jahr 2017 noch keine Beurteilung auf einem B 3-Dienstposten erhalten, drei Offiziere seien bereits vor dem 1. Oktober 2019 bzw. vor dem Beginn der Freistellung zum 1. Dezember 2018 auf...

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