Beschluss vom 28.06.2021 - BVerwG 4 BN 67.20

JurisdictionGermany
Judgment Date28 Junio 2021
Neutral CitationBVerwG 4 BN 67.20
ECLIDE:BVerwG:2021:280621B4BN67.20.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 28.06.2021 - 4 BN 67.20 -
Registration Date06 Septiembre 2021
Subject MatterBau- und Bodenrecht, einschließlich der bis zum 31. Dezember 2020 eingegangenen Sachen zu immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für Windkraftanlagen
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number280621B4BN67.20.0

BVerwG 4 BN 67.20

  • OVG Münster - 21.09.2020 - AZ: OVG 10 D 59/18.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juni 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. September 2020 wird zurückgewiesen
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt
Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dringt die Antragstellerin nicht durch. Die geltend gemachten Verfahrensmängel werden nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Ordnungsgemäß bezeichnet ist ein Verfahrensmangel nur, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Das leistet die Beschwerdebegründung nicht.

3 a) Ein Verstoß gegen die gerichtliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO folgt aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

4 Hinweise auf die für das Verfahren maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte und prozessuale Anregungen gehören im Interesse einer konzentrierten Prozessführung bereits im vorbereitenden Verfahren zu den Aufgaben des Richters (§ 86 Abs. 3, §§ 87, 104 Abs. 1 VwGO), auch wenn hierdurch die Prozesschancen eines Beteiligten verringert werden. Allerdings sind dabei insbesondere die verfassungsrechtlichen Grundsätze des fairen Verfahrens, der Waffengleichheit der Beteiligten und der richterlichen Neutralität zu beachten. Dies verbietet dem Gericht, sich als "Reparaturbetrieb" für die Verwaltung zu betätigen und zielgerichtet die Behebung von Fehlern in einem ergänzenden Verfahren zu initiieren (BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 9 A 16.16 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 83 Rn. 7 ff.). Es ist nichts dafür dargetan, dass das Gericht mit seiner Hinweisverfügung vom 11. Mai 2020 die ihm gesetzten Grenzen überschritten hat. Ein Hinweis auf die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts war bei der gerade in Pandemiezeiten naheliegenden Anfrage, ob auf mündliche Verhandlung verzichtet wird, im Interesse der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung angezeigt. Eine Anleitung zur Durchführung eines ergänzenden Verfahrens war damit nicht verbunden. Unbeachtlich ist, dass die Antragsgegnerin auf dieser Grundlage die ihr vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten sodann eigenständig genutzt hat. Die Vermutung der Antragstellerin, das Gericht habe der Antragsgegnerin eine zweite Niederlage vor Gericht ersparen wollen, bleibt eine durch nichts belegte Spekulation.

5 b) Die Antragstellerin legt auch nicht dar, dass das Urteil der Vorinstanz auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz beruht. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die als Verfahrensfehler rügefähige Verpflichtung, den festgestellten Sachverhalt der rechtlichen Würdigung vollständig und richtig zugrunde zu legen. Insbesondere darf das Gericht nicht solche von ihm festgestellten Tatsachen und Beweisergebnisse unberücksichtigt lassen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm aufdrängen muss. Übergeht es eine derartige Feststellung, fehlt es an einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage für die Überzeugungsbildung, auch wenn diese als solche nicht zu beanstanden ist (stRspr, BVerwG, Urteile vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 und vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 43; Beschlüsse vom 29. Januar 2019 - 4 B 73.17 - juris Rn. 5 und vom 6. November 2020 - 6 B 29.20 - NVwZ-RR 2021, 207 Rn. 41).

6 Die Antragstellerin bringt vor, das Oberverwaltungsgericht habe seiner Prüfung, wann es zu dem durch das ergänzende Verfahren zu behebenden Fehler - dem Ausschluss von zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimenten - gekommen sei und ab welchem Stadium das Verfahren folglich neu habe durchgeführt werden müssen, einen unvollständigen bzw. unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Zu Unrecht sei es davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der erneuten öffentlichen Auslegung des Planentwurfs die entsprechenden Randsortimente noch zulässig gewesen seien, und auf dieser Grundlage habe es die Notwendigkeit einer erneuten öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs verneint. Damit ist für den behaupteten Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nichts dargetan. Denn danach hat das Oberverwaltungsgericht nicht den von ihm festgestellten Sachverhalt nur unvollständig verwertet. Vielmehr bemängelt die Beschwerde, dass das Oberverwaltungsgericht den Sachverhalt unzutreffend erfasst und festgestellt habe.

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