BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 966/19 -
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau G…, |
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und 839 weiterer Beschwerdeführer, |
- Bevollmächtigte:
- … -
gegen |
a) die Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Union zu dem Beschluss des Rates der Europäischen Union zum Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur (EUSFTA) (2018/0093 |
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b) das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur (EUSFTA) - COM(2018) 196 final - |
und | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 28. Oktober 2019 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
- Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wenden sich die Beschwerdeführer gegen die bevorstehende Zustimmung der Bundesregierung zum Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur (Free Trade Agreement between the European Union and the Republic of Singapore – EUSFTA) im Rat der Europäischen Union.
I.
Am 23. April 2007 ermächtigte der Rat der Europäischen Union die Europäische Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Mitgliedstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN). In der Folge ermächtigte er die Kommission zu bilateralen Verhandlungen mit Singapur und dehnte die Ermächtigung auf den Investitionsschutz aus. Die Verhandlungen wurden 2012 für alle Kapitel außer dem Investitionsschutz abgeschlossen, 2014 auch für diesen.
Am 10. Juli 2015 beantragte die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein Gutachten nach Art. 218 Abs. 11 AEUV zu der Frage, ob das geplante Abkommen von der Europäischen Union allein unterzeichnet und abgeschlossen werden könne („EU-only“-Abkommen) oder ob es durch die Europäische Union und die Mitgliedstaaten ratifiziert werden müsse (gemischtes Abkommen).
In seinem Gutachten (EuGH, Gutachten 2/15 vom 16. Mai 2017 zum Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur, EU:C:2017:376) kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Europäische Union in nahezu allen von dem geplanten Abkommen erfassten Bereichen die alleinige Zuständigkeit besitze; ausgenommen seien allerdings andere Investitionen als Direktinvestitionen und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat mit den Mitgliedstaaten als Beklagten. Diese Bereiche fielen in die geteilte Zuständigkeit von Europäischer Union und Mitgliedstaaten mit der Folge, dass das Freihandelsabkommen in seiner ursprünglich vorgesehenen Form auch nur von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten gemeinsam geschlossen werden könne.
Aufgrund des Gutachtens wurde der ausgehandelte Text angepasst, um zwei eigenständige Abkommen – ein Freihandelsabkommen (EUSFTA) und ein Investitionsschutzabkommen (EUSIPA) – zu schaffen. Die Unterzeichnung und den Abschluss beider Abkommen schlug die Kommission dem Rat am 18. April 2018 vor.
Am 15. Oktober 2018 fasste der Rat Beschlüsse zur Unterzeichnung des EUSFTA und des EUSIPA. Am 19. Oktober 2018...