Beschluss vom 29. April 2020 - 1 BvQ 44/20
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2020:qk20200429.1bvq004420 |
Judgement Number | 1 BvQ 44/20 |
Citation | BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 2020 - 1 BvQ 44/20 -, Rn. (1-19), |
Date | 29 Abril 2020 |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvQ 44/20 -
über den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung
dem Antragsteller zu gestatten, unter Einhaltung der Vorschriften aus den §§ 2, 8 und 9 der Niedersächsischen Verordnung zum Schutze vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. April 2020, in der Zeit vom 1. Mai bis zum 23. Mai das Freitagsgebet in seiner Moschee … durchzuführen, |
Antragsteller: |
F… e.V., |
- Bevollmächtigte:
-
… -
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Masing,
Paulus,
Christ
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 29. April 2020 einstimmig beschlossen:
- Das Verbot von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie das Verbot von Zusammenkünften anderer Glaubensgemeinschaften zur gemeinsamen Religionsausübung in § 1 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. April 2020 wird insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt, als danach ausgeschlossen ist, auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen
- Das Land Niedersachsen hat dem Antragsteller die notwendigen Auslagen zu erstatten
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der ihm gestattet wird, in der Zeit vom 1. Mai bis 23. Mai 2020 unter Einhaltung der Vorschriften aus den §§ 2, 8 und 9 der Niedersächsischen Verordnung zum Schutze vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. April 2020 das Freitagsgebet in der von ihm genutzten Moschee durchzuführen.
1. Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein mit rund 1.300 Mitgliedern. Er bietet religiöse Zusammenkünfte und Gottesdienste an und beabsichtigt insbesondere in den noch ausstehenden Wochen des Fastenmonats Ramadan das Freitagsgebet in der von ihm genutzten Moschee durchzuführen. Die Niedersächsische Verordnung zum Schutze vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. April 2020 (im Folgenden: Verordnung) enthält unter anderem folgenden Bestimmungen:
§ 1
(1) Jede Person hat physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
(3) 1 Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen:
1.Bars, Clubs, Kulturzentren, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen,
2.Theater, Opern, Konzerthäuser, Museen und ähnliche Einrichtungen und unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen,
3.Messen, Ausstellungen, Kinos, Zoos, Freizeit- und Tierparks, Seilbahnen und Angebote von Freizeitaktivitäten, Spezialmärkte, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen, jeweils sowohl innerhalb als auch außerhalb von Gebäuden,
4.Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen,
5.öffentliche und private Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbäder, Fitnessstudios, Saunen und ähnliche Einrichtungen,
6.alle Spielplätze einschließlich Indoor-Spielplätze,
7.alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern, soweit sie nicht nach § 3 Nrn. 6 und 7 zulässig sind.
2 Zulässig im Sinne von Satz 1 Nr. 7 sind auch Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment, das auch regelmäßig Waren umfasst, die dem Sortiment einer der in § 3 Nr. 7 Buchst. a bis t genannten Verkaufsstellen entspricht, wenn die Waren den Schwerpunkt des Sortiments bilden; bilden die betreffenden Waren nicht den Schwerpunkt des Sortiments, so ist der Verkauf nur dieser Waren zulässig.
(5) 1 Verboten sind:
1.Zusammenkünfte in Vereinseinrichtungen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich,
2.der kurzfristige Aufenthalt zu touristischen Zwecken in Zweitwohnungen,
3.Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften, einschließlich der Zusammenkünfte in Gemeindezentren,
4.alle öffentlichen Veranstaltungen, ausgenommen Sitzungen der kommunalen Vertretungen, Gremien, Fraktionen und Gruppen sowie des Landtages und seiner Ausschüsse, Gremien und Fraktionen.
2 Auch der Besuch der Zusammenkünfte nach Satz 1 Nrn. 1, 3 und 4 ist mit Ausnahme der Sitzungen kommunaler Vertretungen, Gremien, Fraktionen und Gruppen sowie des Landtages und seiner Ausschüsse, Gremien und Fraktionen verboten.
(6) In jedem Fall bleiben mindestens bis zum Ablauf des 31. August 2020 verboten Veranstaltungen, Zusammenkünfte und ähnliche Ansammlungen von Menschen mit 1 000 oder mehr Teilnehmenden, Zuschauenden und Zuhörenden (Großveranstaltungen); auch der Besuch dieser Großveranstaltungen ist verboten.
2. Der Antragsteller beantragte vor dem Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO, die es ihm und seinen...
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