Beschluss vom 31.03.2021 - BVerwG 6 B 41.20

JurisdictionGermany
Judgment Date31 Marzo 2021
Neutral CitationBVerwG 6 B 41.20
ECLIDE:BVerwG:2021:310321B6B41.20.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 31.03.2021 - 6 B 41.20
Registration Date03 Junio 2021
Subject Matterallgemeines Datenschutzrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number310321B6B41.20.0

BVerwG 6 B 41.20

  • VG München - 12.12.2018 - AZ: VG M 9 K 18.4553
  • VGH München - 20.05.2020 - AZ: VGH 12 B 19.1648

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Tegethoff
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Mai 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 300 000 € festgesetzt.
Gründe I

1 Die Klägerin, die ihren Sitz in Irland hat, betreibt eine Internetplattform für die kurzzeitige Vermietung privater Unterkünfte. Deren Inhaber können Inserate mit Angeboten einstellen, wobei sie lediglich den Ort der Unterkunft, nicht aber deren genaue Lage und ihre Identität angeben müssen.

2 Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der beklagten Stadt, durch den diese angeordnet hat, ihr die Anschriften (Straße und Hausnummer) aller zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 1. August 2018 angebotenen Unterkünfte im Stadtgebiet sowie Namen und Anschriften der Gastgeber und der Buchungszeiträume mitzuteilen, wenn die gesamte Unterkunft angeboten und für mehr als acht Wochen pro Kalenderjahr gebucht wurde. Die Beklagte macht geltend, sie sei auf diese Auskünfte angewiesen, um feststellen zu können, ob die Gastgeber im Besitz der erforderlichen Genehmigung für die Zweckentfremdung von Wohnraum seien. Die Genehmigungspflicht erfasst die Nutzung von Wohnraum für die Fremdenbeherbergung für mehr als acht Wochen im Kalenderjahr, wenn mehr als die Hälfte der Gesamtfläche überlassen wird. Die ungenehmigte Überlassung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

3 Die Anfechtungsklage hat in der Berufungsinstanz Erfolg gehabt. In den Gründen der Berufungsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs heißt es: Die Herausgabe personenbezogener Daten für die Wahrnehmung einer staatlichen Aufgabe, die für einen anderen Zweck gespeichert worden seien, setze eine gesetzliche Grundlage sowohl für die Übermittlung der Daten an die Behörde als auch für deren Datenabfrage voraus. Dies gelte auch für die Öffnung des Datenbestandes eines privaten Unternehmens (Doppeltürprinzip). Im vorliegenden Fall sei bereits die Tür für die Übermittlung der angeforderten Bestandsdaten der Nutzer des Telemediendienstes der Klägerin geschlossen, weil die Diensteanbieter solche Daten nach § 14 Abs. 2 des Telemediengesetzes (TMG) nur im Einzelfall an Behörden übermitteln dürften. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch müsse einem Einzelfall ein individuell zu beurteilender Sachverhalt zugrunde liegen. Diese Einschränkung gelte auch für die zweite Tür, nämlich die Datenabfrageregelung des Zweckentfremdungsgesetzes. Demgegenüber verlange die Beklagte generelle Auskünfte ohne Bezug zu konkreten Sachverhalten.

4 Darüber hinaus lasse § 14 Abs. 2 TMG zum Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung die Datenübermittlung an Behörden zum Zweck der Gefahrenabwehr nur zu, wenn sich aus dem konkreten Sachverhalt der auf Tatsachen gestützte Verdacht einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit ergebe. Derartige Tatsachen lägen hier nicht vor: Angesichts der gesetzlich vorgesehenen Genehmigungsmöglichkeiten begründe das Fehlen von Angaben über die Lage der Unterkünfte und die Identität der Gastgeber nicht den Verdacht, diese seien nicht im Besitz einer notwendigen Zweckentfremdungsgenehmigung.

5 Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Geltung des Doppeltürprinzips für die Öffnung privater Datenbestände und die Bedeutung des Einzelfallbegriffs im Sinne des § 14 Abs. 2 TMG klärungsbedürftig seien.

II

6 Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Die Beklagte hat in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass der ausschließlich geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt. Aufgrund des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf die Prüfung derjenigen Gesichtspunkte beschränkt, auf die der Zulassungsantrag gestützt wird. Daher kann hier nicht geprüft werden, ob der Verwaltungsgerichtshof zu Recht ohne mündliche Berufungsverhandlung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO entschieden hat.

7 1. Der Erfolg einer Grundsatzrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Frage des revisiblen Rechts aufwirft und darlegt, dass diese Frage generell klärungsbedürftig und im konkreten Fall...

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