Urteil Nr. B 11 AL 12/17 R des Bundessozialgericht, 2018-03-13

Judgment Date13 Marzo 2018
ECLIDE:BSG:2018:130318UB11AL1217R0
Judgement NumberB 11 AL 12/17 R
CourtDer Bundessozialgericht (Deutschland)
Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung - Sperrzeitbeginn - sperrzeitbegründendes Ereignis - Eintritt der Beschäftigungslosigkeit
Leitsätze

Die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beginnt nicht bereits mit dem Versäumnis dieser Obliegenheit, sondern mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren noch Alg für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013. Streitig ist insbesondere, ob der Anspruch auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.

Der Kläger war seit Dezember 2007 bei der Firma B M , N (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Kraftfahrer beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2012 und informierte ihn über seine Pflicht, sich frühzeitig arbeitsuchend zu melden (Schreiben vom 5.7.2012). Der Kläger meldete sich jedoch erst am 22.10.2012 bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) zum 1.1.2013 arbeitslos und beantragte Alg. Am 7.1.2013 legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) seines behandelnden Arztes mit attestierter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 4.1.2013 und am 9.1.2013 eine AU-Bescheinigung über eine AU vom 8.1.2013 bis 11.1.2013 vor.

Die Beklagte stellte wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung von einer Woche (1.1.2013 bis 7.1.2013) das Ruhen des Alg-Anspruchs in diesem Zeitraum sowie die Minderung der Anspruchsdauer um sieben Tage fest (Bescheid vom 30.1.2013). Ab 12.1.2013 bewilligte sie Alg (Bescheid vom 31.1.2013). Der Widerspruch gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.4.2013).

Das SG hat die auf die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1.1.2013 bis 11.1.2013 gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 4.3.2015). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 26.1.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 7.1.2013 keinen Anspruch auf Alg habe, weil eine einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei, die erst ab dem 1.1.2013 begonnen habe. Auch für den Zeitraum vom 8.1.2013 bis zum 11.1.2013 bestehe kein Anspruch auf Alg, weil der Kläger durch die Vorlage der AU-Bescheinigungen jedenfalls seine fehlende subjektive Verfügbarkeit zum Ausdruck gebracht habe. Mangels eines vorangegangenen rechtmäßigen Leistungsbezugs sei keine Fortzahlung des Alg bei AU möglich.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 159 Abs 2 SGB III. Ausgehend von dessen Wortlaut beginne die Sperrzeit mit dem Tag der verspäteten Arbeitsuchendmeldung. Daher solle festgestellt werden, dass die Sperrzeit nicht in der Zeit vom 1.1.2013 bis 7.1.2013, sondern in der Zeit vom 2.10.2012 bis 8.10.2012 eingetreten sei. Im Revisionsverfahren begehre er nur noch Alg für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2017 sowie des Urteils des Sozialgerichts Koblenz vom 4. März 2015 und der Bescheide vom 30. Januar 2013 und 31. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2013 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 7. Januar 2013 Arbeitslosengeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung keinen Anspruch auf Alg für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 hat.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen die Bescheide vom 30.1.2013 und 31.1.2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2013. Mit dem Bescheid vom 30.1.2013 hat die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 und das Ruhen des Anspruchs auf Alg für diesen Zeitraum abgelehnt und gleichzeitig über die Anspruchsdauer durch Feststellung ihrer Minderung um insgesamt sieben Tage verfügt. Diese Verfügungen korrespondieren mit denjenigen des Bewilligungsbescheids vom 31.1.2013 über die Zahlung von Alg erst ab 12.1.2013 mit einer Anspruchsdauer von nur noch 353 Kalendertagen. Alle Bescheide stellen eine einheitliche Regelung dar (BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78; vgl zuletzt BSG vom 12.10.2017 - B 11 AL 17/16 R - SozR 4-4300 § 159 Nr 4 RdNr 11). Im Revisionsverfahren hat der Kläger sein Begehren beschränkt, weil er sich nicht mehr dagegen wendet, dass die Beklagte die Zahlung von Alg für den Zeitraum vom 8.1.2013 bis 11.1.2013 abgelehnt hat. Auch wendet er sich im Revisionsverfahren nicht mehr gegen die Minderung der Anspruchsdauer. Dies entnimmt der Senat in Auslegung des Revisionsbegehrens (§ 123 SGG) dem Umstand, dass der Kläger ausdrücklich nur Alg für den begrenzten Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 begehrt und damit weder in seinem Revisionsantrag noch in seinem Revisionsvorbringen auf die Verfügungen der Beklagten zur Minderung des Anspruchs auf Alg Bezug nimmt.

Zwar hat der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung am 1.1.2013 ein Stammrecht auf Alg erworben, weil er die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg erfüllte. Nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hat er sich am 22.10.2012 mit Wirkung zum 1.1.2013 arbeitslos gemeldet (§§ 137 Abs 1 Nr 2, 141 SGB III), die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 137 Abs 1 Nr 3, 142 SGB III) und war auch arbeitslos (§§ 137 Abs 1 Nr 1, 138 SGB III). Insbesondere war seine Verfügbarkeit als Merkmal der Arbeitslosigkeit iS des § 138 Abs 1 Nr 3 SGB III iVm § 138 Abs 5 SGB III zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs nicht durch eine zuvor bestehende und noch andauernde AU eingeschränkt. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Auszahlungsanspruch auf Alg in dem Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat.

Nach § 159 Abs 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III vor, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 SGB III nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Nach § 38 Abs 1 Satz 1 SGB III sind Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Über seinen Wortlaut hinaus setzt § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Verschulden des Arbeitsuchenden voraus. Zwar gehört das Merkmal der "Unverzüglichkeit" der Arbeitsuchendmeldung in der Vorgängerregelung des § 37b SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607), welches das BSG als rechtlichen Ansatzpunkt für das Verschuldenserfordernis erachtet hat (vgl nur BSG vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R - BSGE 95, 80...

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