Urteil Nr. B 11 AL 20/18 R des Bundessozialgericht, 2019-09-12

Judgment Date12 September 2019
ECLIDE:BSG:2019:120919UB11AL2018R0
Judgement NumberB 11 AL 20/18 R
CourtDer Bundessozialgericht (Deutschland)
Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Alg vom 1.6.2016 bis 20.6.2016.

Der Kläger ist seit 1989 als Facharbeiter im Produktionsbereich der E. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) tätig. Er bezog vom 7.7.2015 bis 12.10.2015 Krankengeld (Krg), vom 13.10.2015 bis 3.11.2015 Übergangsgeld (Übg) und vom 4.11.2015 bis 31.5.2016 erneut Krg. Bereits im Februar 2016 hatte die Arbeitgeberin dem Kläger fristgerecht zum 30.9.2016 gekündigt und ihn widerruflich von der Erfüllung seiner Arbeitspflicht unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche freigestellt (Schreiben vom 25.2.2016). Am 30.5.2016 bot der Kläger erneut seine Arbeitsleistung ab 1.6.2016 an. Er gab unter Vorlage entsprechender medizinischer Befundberichte an, dass er nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen und Gehen, aber überwiegend im Sitzen, vollschichtig ausüben könne. Die Arbeitgeberin lehnte seine Arbeitsleistung ab, weil kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

Der Kläger meldete sich zum 1.6.2016 arbeitslos und beantragte Alg. Auf Rückfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin mit, dass er für den Zeitraum vom 1.6.2016 bis 20.06.2016 ein ärztliches Attest vorgelegt habe, das schweres Heben und Tragen, Überkopfarbeiten und Ähnliches ausgeschlossen habe; eine weitere Krankmeldung sei nicht erfolgt (Telefonat vom 5.7.2016). Am 21.6.2016 nahm der Kläger seine Arbeit auf einem anderen Arbeitsplatz, der seiner gesundheitlichen Situation entsprach, erneut auf.

Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Alg mit der Begründung ab, dass der Kläger nur widerruflich freigestellt und somit nicht beschäftigungslos gewesen sei (Bescheid vom 5.7.2016; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2016). Das SG hat die Personalleiterin der Arbeitgeberin als Zeugin vernommen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.1.2017). Der Kläger sei nicht beschäftigungslos im Sinne des SGB III gewesen, weil er sich nicht vom Direktionsrecht seiner Arbeitgeberin gelöst habe. Auch nach der Kündigung habe er sich um eine Wiedereingliederung bemüht. Die Arbeitgeberin habe ihn nur widerruflich freigestellt und sei bemüht gewesen, ihm eine Weiterarbeit im Betrieb zu ermöglichen.

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2018). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg, weil er nicht arbeitslos gewesen sei. Eine Beschäftigungslosigkeit setze zwingend voraus, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Freistellung tatsächlich endgültig auf seine Verfügungsbefugnis gegenüber dem Arbeitnehmer verzichtet und somit zu erkennen gegeben habe, dass er die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr verlange. Dies sei bei der hier vorliegenden widerruflichen Freistellung nicht der Fall. Nach den Angaben der Personalleiterin der Arbeitgeberin hätte der Kläger jederzeit auf einem frei werdenden Arbeitsplatz eingesetzt werden können. Auch der Kläger habe betont, dass für ihn grundsätzlich leidensgerechte Stellen vorhanden, die möglicherweise nur besetzt gewesen, seien. Letztlich habe die Arbeitgeberin sogar von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht und ihn ab 21.6.2016 nicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, sondern darüber hinaus leidensgerecht beschäftigt.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III. Das Berufungsgericht verkenne, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne geendet habe, alle Gegebenheiten des Einzelfalls maßgeblich seien. Diese seien insgesamt zu würdigen. Das LSG habe nicht berücksichtigt, dass die Arbeitgeberin den Betriebsrat bereits in der Anhörung zur Kündigung im Februar 2016 darüber informiert habe, dass es für ihn im Betrieb weder aktuell noch in den kommenden zwei bis drei Jahren eine freie Stelle gebe bzw geben werde. Im April 2016 sei eine stufenweise Wiedereingliederung zum zweiten Mal und die Annahme seiner Arbeitsleistung ebenso wie am 30.5.2016 abgelehnt worden. Daher komme der nur widerruflichen Freistellung im Kündigungsschreiben keine Bedeutung zu. Bei zutreffender Würdigung dieser Tatsachen hätte das LSG zu dem Schluss gelangen müssen, dass nach den Umständen des Einzelfalls das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne spätestens mit Ablauf des 31.5.2016 faktisch beendet gewesen sei.

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2018 und des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2017 sowie den Bescheid vom 5. Juli 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. bis 20. Juni 2016 zu...

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