Urteil Nr. BLw 5/20 des Senat für Landwirtschaftssachen des Bundesgerichtshofs, 29-04-2022

ECLIECLI:DE:BGH:2022:290422BBLW5.20.0
Date29 Abril 2022
Docket NumberBLw 5/20
CourtSenat für Landwirtschaftssachen
ECLI:DE:BGH:2022:290422BBLW5.20.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 5/20 vom
29. April 2022
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VwVfG §§ 48, 49; GrdstVG § 22 Abs. 1
Gegen die Rücknahme oder den Widerruf einer Genehmigung nach dem Grund-
stückverkehrsgesetz kann gemäß § 22 Abs. 1 GrdstVG ein Antrag auf Entschei-
dung durch das nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirt-
schaftssachen zuständige Gericht gestellt werden.
VwVfG § 48 Abs. 3; GrdstVG § 7 Abs. 3
a) Die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem Grundstückver-
kehrsgesetz richtet sich nach § 48 Abs. 3 VwVfG und kann auch dann erfol-
gen, wenn die privatrechtsgestaltende Wirkung der Genehmigung bereits ein-
getreten ist; die Fiktion des § 7 Abs. 3 GrdstVG tritt nicht ein, wenn die Eintra-
gung in das Grundbuch aufgrund eines rechtswidrig genehmigten Rechtsge-
schäfts vorgenommen worden ist.
b) Die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem Grundstückver-
kehrsgesetz ist nach dem im Rahmen der Ermessenabwägung einzubezie-
henden Rechtsgedanken des § 7 Abs. 3 GrdstVG regelmäßig ausgeschlos-
sen, wenn das Rücknahmeverfahren nicht innerhalb eines Jahres nach Ein-
tragung der Rechtsänderung in das Grundbuch eingeleitet worden ist; das gilt
jedoch nicht, wenn die in § 48 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 VwVfG genannten
Voraussetzungen vorliegen, unter denen sich die Beteiligten nicht auf Vertrau-
ensschutz berufen können.
- 2 -
c) Auch eine gemäß § 7 Abs. 3 GrdstVG fingierte Genehmigung kann zurückge-
nommen werden, wenn und soweit die in § 48 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3
Satz 2 VwVfG genannten Voraussetzungen bezogen auf die Herbeiführung
der Eintragung in das Grundbuch vorliegen.
VwVfG § 48; GrdstVG § 6
Soll die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem Grundstück-
verkehrsgesetz erfolgen und liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das
Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so hat
die Behörde während des Rücknahmeverfahrens die Erklärung der Siedlungsbe-
hörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die vorkaufsberechtigte
Stelle herbeizuführen und muss den Veräußerer über diesen Vorgang in Kennt-
nis setzen; die Rücknahme muss zwingend mit der Mitteilung über die Ausübung
des Vorkaufsrechts verbunden werden. Eines Zwischenbescheids nach § 6
Abs. 1 Satz 2 GrdstVG bedarf es nicht; die Vertragsparteien können die Anhö-
rung zum Anlass nehmen, zu erklären, dass der Antrag für den Fall der Rück-
nahme zurückgenommen wird.
VwVfG §§ 48, 49; GrdstVG § 7 Abs. 2; GBO § 38
Das Grundbuchamt hat in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 1
GrdstVG einen Widerspruch in das Grundbuch einzutragen, wenn das Ersuchen
der Genehmigungsbehörde auf die Rücknahme oder den Widerruf der nach dem
Grundstückverkehrsgesetz erteilten Genehmigung nach §§ 48, 49 VwVfG ge-
stützt wird; die Unanfechtbarkeit des Rücknahmebescheids bzw. dessen sofor-
tige Vollziehbarkeit gehört zu denjenigen Voraussetzungen des Widerspruchs,
die grundsätzlich nicht das Grundbuchamt, sondern die Genehmigungsbehörde
zu prüfen hat.
BGH, Beschluss vom 29. April 2022 - BLw 5/20 - OLG Brandenburg
AG Neuruppin
- 3 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 29. April 2022
durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner und
den Richter Dr. Göbel sowie die ehrenamtlichen Richter Kees und Deneke-
Jöhrens
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4 wird der Beschluss
des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandes-
gerichts vom 13. August 2020 aufgehoben; die Rechtsbeschwerde
des Beteiligten zu 3 gegen diesen Beschluss wird als unzulässig
verworfen.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht
zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt
380.378,31 €.
Gründe:
A.
Mit notarieller Urkunde vom 29. Juni 2015 verkauften 14 Gesellschaften
eines Konzerns, darunter die Beteiligte zu 1, jeweils in ihrem Alleineigentum ste-
hende landwirtschaftliche Grundstücke (insgesamt rund 2.262 ha) zu einzeln
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