Urteil Nr. I ZR 2/21 des I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 24-02-2022

CourtI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
ECLIECLI:DE:BGH:2022:240222UIZR2.21.0
Date24 Febrero 2022
Docket NumberI ZR 2/21
ECLI:DE:BGH:2022:240222UIZR2.21.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 2/21 Verkündet am:
24. Februar 2022
Brauer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tina Turner
KUG § 22 Satz 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2 Ah, Bf, G,
§ 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Wird eine Person durch eine andere Person dargestellt, ist die Darstellung (erst)
dann als Bildnis der dargestellten Person anzusehen, wenn der täuschend echte
Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies
etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder "look-alike" oder einer nachge-
stellten berühmten Szene oder Fotografie der Fall sein kann (Fortführung von
BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 f. [juris
Rn. 21] = WRP 2000, 754 - Der blaue Engel; Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR
441/19, GRUR 2021, 1222 Rn. 22 bis 27 mwN). Dabei reicht es aus, wenn ein
nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums glaubt, es handele sich
um die dargestellte Person.
b) In einem solchen Fall kann sich allenfalls die tatsächlich, nicht aber die vermeint-
lich abgebildete Person darauf berufen, dass es sich um ein auf Bestellung ange-
fertigtes Bildnis im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG handelt. Nur zwischen der
tatsächlich abgebildeten Person und dem Künstler kann durch die Umstände bei
der Entstehung der Abbildung ein Vertrauensverhältnis entstehen, das der Ver-
breitung oder Schaustellung des Bildnisses für ein höheres Interesse der Kunst
entgegensteht.
c) Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer
ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem
Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele
sich um die prominente Sängerin selbst, ist grundsätzlich von der Kunstfreiheit
gedeckt. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts des prominenten Originals ist mit der Werbung
für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende
Eindruck erweckt wird, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar
an ihr mit.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2022 - I ZR 2/21 - OLG Köln
LG Köln
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 4. November 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den
Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Odörfer und die Rich-
terin Wille
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesge-
richts Köln vom 17. Dezember 2020 wird auf Kosten der Klägerin zu-
rückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die unter dem Künstlernamen Tina Turner auftretende Klägerin ist eine
weltberühmte Sängerin. Die Beklagte ist die Produzentin der Show "SIMPLY THE
BEST - DIE tina turner STORY", in der die Sängerin D. F. auftritt
und die größten Hits der Klägerin präsentiert. Die Beklagte warb für die Show mit
Plakaten, auf denen D. F. abgebildet ist und der (Künstler-)Name
der Klägerin in der Aufschrift "DIE tina turner STORY" verwendet wird.
Die Klägerin, die weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Na-
mens eingewilligt hat, ist der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähn-
lichkeit zwischen D. F. und ihr davon ausgehe, sie selbst sei auf den
Plakaten abgebildet und an der Show beteiligt. Nach erfolgloser Abmahnung hat
sie beantragt,
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