Urteil Nr. KZR 42/20 des Kartellsenat des Bundesgerichtshofs, 29-11-2022

ECLIECLI:DE:BGH:2022:291122UKZR42.20.0
Date29 Noviembre 2022
Docket NumberKZR 42/20
CourtKartellsenat des Bundesgerichtshofs
ECLI:DE:BGH:2022:291122UKZR42.20.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 42/20
Verkündet am:
29. November 2022
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Schlecker
GWB 2005 § 33 Abs. 3 (= § 33b GWB); ZPO § 287
Ein kartellrechtswidriger Austausch zwischen Wettbewerbern über geheime
Informationen, die das aktuelle oder geplante Preissetzungsverhalten gegenüber
einem gemeinsamen Abnehmer zum Gegenstand haben, begründet zugunsten
dieses Abnehmers den Erfahrungssatz, dass die danach erzielten Preise im
Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die Wettbewerbsbeschränkung
gebildet hätten (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. April 2021 - KZR 19/20,
WRP 2021, 1588 Rn. 26 - LKW-Kartell II mwN).
BGH, Urteil vom 29. November 2022 - KZR 42/20 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
- 2 -
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
5. Juli 2022 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kirchhoff, den Richter
Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker, Dr. Rombach und Dr. Vogt-
Beheim
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Kartellsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 2020 auf-
gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-
rückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Anton
Schlecker e. K. i. L. (im Folgenden: Schlecker) die Beklagten als Gesamtschuld-
ner auf Ersatz kartellbedingten Schadens im Zusammenhang mit dem Erwerb
von Drogeriemarkenartikeln in Anspruch.
Die Beklagten und die Streithelferinnen stellen Drogeriemarkenartikel her
und vertreiben diese. Sie waren Mitglieder des Arbeitskreises "Körperpflege,
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2
- 3 -
Waschmittel, Reinigungsmittel" (im Folgenden: Arbeitskreis) des Markenverban-
des e.V., eines branchenübergreifenden Spitzenverbands zur Förderung des
Wettbewerbs zwischen Industrie und Handel. Schlecker gehörte bis zur Eröff-
nung des Insolvenzverfahrens am 28. März 2012 zu den größten deutschen Dro-
geriefilialisten und war lange Zeit mit Abstand Marktführer im Bereich des Han-
dels mit Drogerieartikeln für Endverbraucher im deutschen Markt.
In den Jahren zwischen 2000 und 2012 vertrieben die Hersteller von Dro-
geriemarkenartikeln ihre Produkte zu 90 % über Drogerie- und Lebensmittelge-
schäfte (im Folgenden: Einzelhandel). Die Hersteller waren in besonders hohem
Maße darauf angewiesen, dass die von ihnen angebotenen Drogerieartikel dort
ʺgelistetʺ, also im Sortiment geführt wurden. Der Einzelhandel konnte aufgrund
seiner Nachfragemacht den auf dem Absatzmarkt herrschenden Preisdruck
durch mehrere Mechanismen, etwa Rabattforderungen, Androhung von Auslis-
tungen und Reduzierung der abgenommenen Menge oder von Werbeaktionen,
auf die Hersteller abwälzen.
Die Preisbildung auf dem Beschaffungsmarkt erfolgte bilateral in soge-
nannten Jahresgesprächen zwischen dem Einzelhändler und dem jeweiligen
Hersteller, die sich über mehrere Monate hinzogen und im Abschluss einer Jah-
resvereinbarung mündeten. Die Vereinbarung umfasste alle Produkte, die ein
Lieferant an den betreffenden Einzelhändler veräußerte. Die Hersteller übermit-
telten dem Einzelhandel üblicherweise einige Monate vor, spätestens zu Beginn
der Jahresgespräche neue, von ihnen einseitig festgelegte Bruttopreise in sorti-
mentsübergreifenden Listen. Hiervon ausgehend wurde über Rabatte, Skonti,
Rückvergütungen, Werbeaktionen, Werbekostenzuschüsse und sonstige Vergü-
tungen (im Folgenden: Nachlässe) verhandelt. Der vom Einzelhändler effektiv zu
zahlende Preis ergab sich aus dem Listenpreis des Herstellers abzüglich der in
der Jahresvereinbarung vereinbarten Nachlässe.
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