Urteil Nr. VIII ZR 229/17 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 03-07-2018

ECLIECLI:DE:BGH:2018:030718BVIIIZR229.17.0
Docket NumberVIII ZR 229/17
Date03 July 2018
CourtVIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
ECLI:DE:BGH:2018:030718BVIIIZR229.17.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 229/17
vom
3. Juli 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 114 Abs. 1 Satz 2, § 1078; Richtlinie 2003/8/EG Art. 3, 7, 8, 12
a) § 1078 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass eine
Prozesspartei, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem
anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, einen Antrag auf grenz-
überschreitende Prozesskostenhilfe nicht nur bei der zuständigen Übermitt-
lungsbehörde des Mitgliedstaats des Wohnsitzes, sondern auch unmittelbar
bei der Empfangsbehörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands - hier: dem
mit der Sache befassten deutschen Prozessgericht - stellen kann (im An-
schluss an BGH, Beschluss vom 12. November 2014 - IV ZR 161/14, WM
2015, 737 Rn. 1; BAGE 153, 197 Rn. 21; BAG, NJW 2017, 3741 Rn. 6, 8 ff.;
EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-670/15, juris Rn. 29, 35, 39, 41 ff.
- Šalplachta).
b) § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die
um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei auch im Falle einer Antragstel-
lung unmittelbar bei dem Prozessgericht nicht verpflichtet ist, dem Gericht
auf eigene Kosten Übersetzungen der von ihr eingereichten fremdsprachigen
Prozesskostenhilfeunterlagen vorzulegen (im Anschluss an EuGH, Urteil vom
26. Juli 2017 - C-670/15, aaO Rn 39 ff. - Šalplachta; BAG, NJW 2017, 3741
Rn. 14; Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 12. November 2014 - IV ZR
161/14, aaO Rn. 1 f.).
BGH, Beschluss vom 3. Juli 2018 - VIII ZR 229/17 - OLG Dresden
LG Görlitz
- 2 -
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2018 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer
sowie die Richter Dr. Bünger und Dr. Schmidt
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil
des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai
2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde,
an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
wird auf 107.496,88 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, der in Polen lebt und dort
eine Bäckerei betreibt, verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines
Kaufvertrags über zwei - nach seiner Behauptung mangelhafte - Backöfen samt
Zubehör. Nach Zahlung des Kaufpreises rügte der Kläger eine zu ungleichmä-
ßigen Backergebnissen führende Verteilung der Temperatur zunächst hinsicht-
lich des einen und schließlich auch hinsichtlich des anderen Backofens. Die
1
- 3 -
Beklagte setzte daraufhin mehrmals ihre Kundendienstmitarbeiter bei dem Klä-
ger ein. Schließlich erklärte der Kläger, nachdem er der Beklagten eine Frist zur
Beseitigung der von ihm behaupteten Mängel gesetzt hatte, den Rücktritt vom
Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises von 102.500 so-
wie die Abholung der Backöfen.
Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines
Sachverständigengutachtens die auf Zahlung von insgesamt 107.496,88 €
(Kaufpreis und Zinsschaden) gerichtete Klage abgewiesen, da als Ursache für
die schlechten Backergebnisse ein Bedienfehler nicht ausgeschlossen werden
könne.
Auf die von dem Kläger hiergegen eingelegte Berufung hat das Beru-
fungsgericht nach einer mündlichen Verhandlung beschlossen, ein neues
Sachverständigengutachten einzuholen, und den Kläger aufgefordert, hierfür
einen Vorschuss in Höhe von 2.500 € einzuzahlen, was er auch getan hat.
Nach Überlassung der Akten an den Sachverständigen hat dieser mitgeteilt, der
Vorschuss reiche nicht aus. Deshalb hat das Berufungsgericht den Kläger
- nach einer von dem Sachverständigen vorgenommenen Kostenschätzung -
zur Zahlung eines weiteren Auslagenvorschusses in Höhe von 9.000 € aufge-
fordert.
Der Kläger hat daraufhin zunächst die Verlängerung der ihm hierzu ge-
setzten Frist und sodann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beru-
fungsverfahren beantragt sowie um Aufschub hinsichtlich der Vorschusszah-
lung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag gebeten. Der
Kläger hat in seinem Antrag auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe aus-
geführt, er sei nicht (mehr) in der Lage, die Kosten des Rechtsstreits auch nur
ratenweise aufzubringen. Dem Antrag beigefügt waren die in deutscher Spra-
che ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis-
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