Urteil Nr. VIII ZR 49/19 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 07-04-2021

ECLIECLI:DE:BGH:2021:070421UVIIIZR49.19.0
Docket NumberVIII ZR 49/19
Date07 Abril 2021
CourtVIII. Zivilsenat
ECLI:DE:BGH:2021:070421UVIIIZR49.19.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 49/19 Verkündet am:
7. April 2021
Reiter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 13, 14 Abs. 1, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, § 474 Abs. 2 Satz 2, § 474
Abs. 1 Satz 2 aF (in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung), § 476 aF
(in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung)
a) Eine "öffentlich zugängliche Versteigerung" im Sinne des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB
(hier: Auktion für Reitpferde) ist - entsprechend der Legaldefinition in § 312g Abs. 2
Nr. 10 BGB - dann gegeben, wenn der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich
anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleis-
tungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkur-
rierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der
den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflich-
tet ist. Darüber hinaus ist - anders als bei einer "öffentlichen Versteigerung" im
Sinne der Vorgängerregelung in § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB aF (siehe hierzu Senats-
urteile vom 9. November 2005 - VIII ZR 116/05, NJW 2006, 613 Rn. 9 ff.; vom
24. Februar 2010 - VIII ZR 71/09, NJW-RR 2010, 1210 Rn. 12) - nicht (mehr) erfor-
derlich, dass der Versteigerer die persönlichen Anforderungen gemäß § 383 Abs. 3
Satz 1 BGB, § 34b Abs. 5 GewO erfüllt (im Anschluss an Senatsurteile vom 27. Mai
2020 - VIII ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn. 51; vom 9. Oktober 2019 - VIII ZR 240/18,
BGHZ 223, 235 Rn. 24 f., 58 ff.).
- 2 -
b) Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grund-
sätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entschei-
dend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, ins-
besondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an (Bestätigung der
Senatsurteile vom 27. September 2017 - VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 41
mwN; vom 18. Oktober 2017 - VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 31). Bei dem
Ankauf einer beweglichen Sache gemäß § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hierbei darauf
abzustellen, zu welchem Zweck der Käufer diese - entsprechendes gilt im Fall des
Kaufs eines Tiers (§ 90a Satz 3 BGB) - zu benutzen beabsichtigt (Anschluss an Se-
natsurteile vom 13. März 2013 - VIII ZR 186/12, NJW 2013, 2107 Rn. 18 mwN; vom
27. September 2017 - VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 44).
c) Das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person ist mit Rücksicht auf den
Wortlaut des § 13 BGB grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen; eine Zu-
ordnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten
Zweck kommt nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner bei Vertragsschluss
erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natür-
liche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätig-
keit handelt (Bestätigung der Senatsurteile vom 30. September 2009 - VIII ZR 7/09,
NJW 2009, 3780 Rn. 10 f.; vom 13. März 2013 - VIII ZR 186/12, aaO).
BGH, Urteil vom 7. April 2021 - VIII ZR 49/19 - OLG Hamm
LG Münster
- 3 -
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§ 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 5. März 2021 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt sowie die
Richterin Wiegand
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Januar 2019 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat
des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine passionierte Amateur-Dressurreiterin, die in England ein
Gestüt betreibt, auf dem sie unter anderem eigene Pferde hält und regelmäßig
Turniere und Reitlehrgänge ausrichtet, ersteigerte am 4. Oktober 2015 durch ei-
nen fachkundigen Berater auf einer vom Beklagten, einem Pferdezuchtverband,
im eigenen Namen als Kommissionär zwei Mal jährlich durchgeführten und für
die Öffentlichkeit zugänglichen Eliteauktion für Reitpferde die zum damaligen
Zeitpunkt dreieinhalbjährige Siegerstute der westfälischen Eliteschau "V. "
des Streithelfers zu einem Kaufpreis von 119.000 inklusive Mehrwertsteuer.
Daneben entrichtete sie an den Beklagten 8.520,40 € brutto für die Kommissi-
onsgebühr, Auslandspauschale und Pferdeversicherung.
1

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN
1 temas prácticos
  • Urteil Nr. VIII ZR 97/19 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 08-09-2021
    • Deutschland
    • VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
    • 8. September 2021
    ...526 Rn. 18; vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 119; vom 10. Juni 2020 - VIII ZR 289/19, aaO Rn. 29; vom 7. April 2021 - VIII ZR 49/19, NJW 2021, 2281 Rn. 96; jeweils mwN). Ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie die Klausel aus der......
1 sentencias
  • Urteil Nr. VIII ZR 97/19 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 08-09-2021
    • Deutschland
    • VIII. Zivilsenat
    • 8. September 2021
    ...526 Rn. 18; vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 119; vom 10. Juni 2020 - VIII ZR 289/19, aaO Rn. 29; vom 7. April 2021 - VIII ZR 49/19, NJW 2021, 2281 Rn. 96; jeweils mwN). Ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie die Klausel aus der......

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT