Urteil Nr. VIII ZR 97/19 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 08-09-2021

ECLIECLI:DE:BGH:2021:080921UVIIIZR97.19.0
Date08 Septiembre 2021
Docket NumberVIII ZR 97/19
CourtVIII. Zivilsenat
ECLI:DE:BGH:2021:080921UVIIIZR97.19.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 97/19 Verkündet am:
8. September 2021
Reiter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 Nr. 1 Ba, Ci, CI, § 311 Abs. 1, § 315 Abs. 1;
EnWG § 41 Abs. 3 aF (in der bis zum 26. Juli 2021 geltenden Fassung);
StromGVV § 17 Abs. 1 Satz 2
a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Stromversorgungsunterneh-
men gegenüber Verbrauchern in Sonderkundenverträgen über die Belieferung
mit Strom verwendet, halten
die Klausel
"Anpassungen des Vertrages und dieser Bedingungen nach dieser Ziffer
sind nur zum Monatsersten möglich. Die Anpassung wird nur wirksam,
wenn [das Stromversorgungsunternehmen] dem Kunden die Anpas-
sung spätestens sechs Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in
Textform mitteilt. In diesem Fall hat der Kunde das Recht, den Vertrag
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwer-
dens der Vertragsanpassung zu kündigen. Hierauf wird der Kunde von
[dem Stromversorgungsunternehmen] in der Mitteilung gesondert hin-
gewiesen",
soweit sie sich auf die Ausübung eines wirksam vereinbarten Rechts des Strom-
versorgungsunternehmens zur einseitigen Vertragsänderung bezieht,
- 2 -
sowie die Klausel
"Einwände gegen Rechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub
oder zur Zahlungsverweigerung nur, sofern die ernsthafte Möglichkeit
eines offensichtlichen Fehlers besteht, oder sofern der in einer Rech-
nung angegebene Verbrauch ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt
so hoch wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen Abrechnungs-
zeitraum ist und der Kunde eine Nachprüfung der Messeinrichtung ver-
langt und solange durch die Nachprüfung nicht die ordnungsgemäße
Funktion der Messeinrichtung festgestellt ist. Rechte des Kunden nach
§ 315 BGB bleiben unberührt."
einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand (hinsichtlich der erstgenann-
ten Klausel im Anschluss an Senatsurteil vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR
349/14, NJW 2016, 2101 Rn. 19 ff.; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. März 1999
- IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153, 155 mwN; vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07,
NJW-RR 2008, 134 Rn. 11 f., vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 163/16, NJW-RR 2017,
1206 Rn. 18 ff.; hinsichtlich der letztgenannten Klausel im Anschluss an Senats-
urteil vom 7. Februar 2018 - VIII ZR 148/17, NJW-RR 2018, 1012 Rn. 18 ff. [zur
Belieferung von Haushaltskunden mit Strom im Rahmen der Grundversorgung,
§ 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV]).
b) Die erstgenannte Klausel ist nicht an § 308 Nr. 5 BGB zu messen, da sie für
den Fall eines Schweigens des Kunden nicht dessen Zustimmung fingiert,
sondern sich nach dem Gesamtinhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
auf ein dem Stromversorgungsunternehmen darin für eng begrenzte Fälle
(nachträgliche, nicht vorhersehbare und nicht unbedeutende Störung des ver-
traglichen Äquivalenzverhältnisses oder Entstehung einer entsprechenden
Vertragslücke) eingeräumtes Recht zur einseitigen Änderung des Vertrags
311 Abs. 1, § 315 Abs. 1 BGB, § 41 Abs. 3 EnWG aF) bezieht (im Anschluss
an Senatsurteil vom 9. Dezember 2015 - VIII ZR 349/14, aaO Rn. 22 ff.; vgl.
auch BGH, Urteile vom 17. März 1999 - IV ZR 218/97, aaO; vom 11. Oktober
2007 - III ZR 63/07, aaO; vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 163/16, aaO).
BGH, Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
- 3 -
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. September 2021 durch den Richter Dr. Bünger als Vorsitzenden, den
Richter Dr. Schmidt, die Richterinnen Wiegand und Dr. Matussek sowie den
Richter Rust
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. März 2019
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Un-
terlassungsbegehrens zum Nachteil der Beklagten entschieden
worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. August 2018 teilweise
abgeändert. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als die Be-
klagte über die Zahlung von 214 € nebst Zinsen hinaus auch zur
Unterlassung verurteilt worden ist.
Die Revision des Klägers gegen das vorbezeichnete Urteil des Pfäl-
zischen Oberlandesgerichts Zweibrücken wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

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