Urteil Nr. XII ZR 71/18 des XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 23-01-2019

ECLIECLI:DE:BGH:2019:230119UXIIZR71.18.0
Date23 Enero 2019
Docket NumberXII ZR 71/18
CourtXII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
ECLI:DE:BGH:2019:230119UXIIZR71.18.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 71/18 Verkündet am:
23. Januar 2019
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 2; BGB § 242 A
a) Dem vor der deutschen Wiedervereinigung auf dem Gebiet der ehemaligen
DDR mittels künstlicher heterologer Insemination gezeugten Kind kann gegen
die Reproduktionsklinik ein aus den Grundsätzen von Treu und Glauben fol-
gender Anspruch auf Auskunft über die Identität des Samenspenders zustehen.
Dass unter Geltung des DDR-Rechts dem Samenspender wirksam Anonymität
zugesichert werden konnte, steht dem nicht entgegen (Fortführung von Senats-
urteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642).
b) Ob es der Reproduktionsklinik zumutbar ist, Auskunft über die Identität des
Samenspenders zu erteilen, ist durch eine auf den konkreten Einzelfall bezoge-
ne, umfassende Abwägung der durch die Auskunftserteilung berührten rechtli-
chen, insbesondere grundrechtlichen, Belange zu klären. Dabei können auch
die durch die ärztliche Schweigepflicht geschützten rechtlichen Belange des
Samenspenders Berücksichtigung finden; gegenüber diesen wird der Rechts-
position des Kindes allerdings regelmäßig ein erhebliches Gewicht zukommen
(im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642).
BGH, Urteil vom 23. Januar 2019 - XII ZR 71/18 - LG Dresden
AG Dresden
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter
Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin
Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Dresden vom 20. Juli 2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die im Dezember 1990 ehelich geborene Klägerin begehrt von dem be-
klagten, in den neuen Bundesländern ansässigen Klinikum Auskunft über die
Identität ihres biologischen Vaters durch Angabe der Personalien des Samen-
spenders.
Die Mutter der Klägerin wurde ab Mitte 1989 wegen ihres Kinderwunschs
durch den Rechtsvorgänger des Beklagten behandelt. Mit notarieller Urkunde
vom 11. Juli 1989 erklärten die Mutter der Klägerin und ihr damaliger Ehemann,
dass das aus der Behandlung hervorgehende Kind in jeder Beziehung und mit
allen sich ergebenden rechtlichen Folgen das gemeinsame, aus der Ehe her-
vorgegangene Kind sein solle. Am 27. April 1990 wurde an der Mutter der Klä-
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