Urteil Nr. XII ZR 17/21 des XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 16-02-2022

ECLIECLI:DE:BGH:2022:160222UXIIZR17.21.0
Date16 Febrero 2022
Docket NumberXII ZR 17/21
CourtXII. Zivilsenat
ECLI:DE:BGH:2022:160222UXIIZR17.21.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 17/21 Verkündet am:
16. Februar 2022
Fahrner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 275 Abs. 1, 313 Abs. 1, 326 Abs. 1, 536 Abs. 1 Satz 1; EGBGB Art. 240 § 2, Art. 240 § 7;
ZPO § 592
a) Zur Geltendmachung der Gewerberaummiete durch den Vermieter und des Einwands der Stö-
rung der Geschäftsgrundlage durch den Mieter im Urkundenprozess.
b) Die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts führt nicht
zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem Vermieter wird
dadurch die vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in
einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand auch nicht ganz oder teilweise un-
möglich (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
c) Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich ge-
nutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313
Abs. 1 BGB in Betracht (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -
NZM 2022, 99, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
d) Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist,
verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände
des Einzelfalls. Daher sind auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus
staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (im An-
schluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99, zur Veröffentlichung
in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 16. Februar 2022 - XII ZR 17/21 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2021 wird auf Kosten der
Beklagten und mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:
Auf die Berufung der Beklagten wird der Tenor des Urkundsvorbe-
haltsurteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober
2020 in Absatz 1 dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt
wird, an die Klägerin 9.847,27 € nebst Jahreszinsen in Höhe von
9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.847,27 € vom
8. April 2020 bis zum 22. Mai 2020 und aus 4.923,63 € seit dem
23. Mai 2020 sowie aus weiteren 9.847,27 vom 9. Mai 2020 bis
zum 22. Mai 2020 und aus 2.461,82 € seit dem 23. Mai 2020 sowie
aus weiteren 2.461,82 € seit dem 8. Juni 2020 sowie vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 857 nebst Jahreszinsen hie-
raus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 28. Mai 2020 zu zahlen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Urkundenprozess von der Beklagten Zahlung rest-
licher Gewerberaummiete für die Monate April bis Juni 2020.
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