Urteil vom 10.12.2020 - BVerwG 8 C 26.20

JurisdictionGermany
Judgment Date10 Diciembre 2020
Neutral CitationBVerwG 8 C 26.20
ECLIDE:BVerwG:2020:101220U8C26.20.0
Applied RulesRL 2014/32/EU Art. 1 und 3 Abs. 1, Art. 4 Nr. 8 bis 12, Art. 8 ff., Erwägungsgründe 7, 11 und 15 f.,MessEG § 3 Nr. 22, § 6 Abs. 2 und 3, § 23 Abs. 2 und 3 Satz 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 5, § 37 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 1 Satz 1,TKG a.F. § 3 Nr. 1,HeizkostenV §§ 4 bis 6 und 8,VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4,GG Art. 20 und 103 Abs. 2,RL 2002/19/EG Art. 2 Buchst. c,RL 2002/21/EG Art. 2 Buchst. m
Registration Date21 Abril 2021
Record Number101220U8C26.20.0
Subject MatterWirtschaftsverwaltungsrecht einschließlich des Spielbankenrechts und des Wett- und Lotterierechts, des Ladenschlussrechts und des Arbeitszeitrechts
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Urteil vom 10.12.2020 - 8 C 26.20

BVerwG 8 C 26.20

  • VG Köln - 10.03.2016 - AZ: VG 1 K 6502/15
  • OVG Münster - 06.06.2019 - AZ: OVG 4 A 804/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
für Recht erkannt:

  1. Die Revision wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe I

1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin aufgegeben wurde, die Verwendung von Messgeräten anzuzeigen.

2 Die Klägerin bietet Immobilieneigentümern die Erfassung und Abrechnung des Heizenergie- und Wasserverbrauchs sowie die Vermietung, Wartung und den regelmäßigen Austausch entsprechender Messgeräte an. Die B. e.G. in K. (B.) bestellte im Jahr 2010 für eines ihrer Mietwohnhäuser 14 Warmwasserzähler zur Miete mit Montage. Nach den einbezogenen Miet-AGB der Klägerin blieben die Messgeräte in deren Eigentum und wurden ausschließlich von ihr unterhalten und erneuert. Der zusätzlich mit der B. vereinbarte Abrechnungsservice umfasste nach den Abrechnungs-AGB der Klägerin die Aufnahme aller für die Abrechnung erforderlichen Daten in den Abrechnungsbetrag, die gegebenenfalls erforderliche Programmierung der Geräte, die Anmeldung und das Durchführen der Ablesung sowie das Erstellen und den Versand der Abrechnung.

3 Am 9. Juli 2015 tauschte die Klägerin die Warmwasserzähler aus. Der Landesbetrieb Mess-und Eichwesen Nordrhein-Westfalen (Landesbetrieb) erfuhr davon durch eine E-Mail der B. mit einem Anhang, der verschiedene Vertragsunterlagen und Montageformulare enthielt. Daraufhin forderte der Landesbetrieb die Klägerin nach Anhörung mit Ordnungsverfügung vom 27. Oktober 2015 auf, die neuen Zähler gemäß § 32 Abs. 1 des Mess- und Eichgesetzes (MessEG) anzuzeigen. Die Klägerin hat die Verfügung angefochten und später auch die Feststellung begehrt, sie verwende die Zähler nicht im Sinne des § 3 Nr. 22 MessEG. Verwender sei stets der Gebäudeeigentümer. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Verpflichtung zur Anzeige der Zähler sei von § 55 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 und § 3 Nr. 22 MessEG gedeckt. Zu den nach § 55 MessEG durchzusetzenden Anforderungen zähle die Pflicht des Verwenders neuer Messgeräte, diese der zuständigen Behörde gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 MessEG innerhalb von sechs Wochen nach Inbetriebnahme anzuzeigen. Als Verwenden eines Messgeräts definiere § 3 Nr. 22 MessEG das erforderliche Betreiben oder Bereithalten solcher Geräte zur Bestimmung von Messwerten im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr. Die Warmwasserzähler dienten diesem Zweck. Betreiber sei, wer die Funktionsherrschaft innehabe, also die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über die Gerätefunktionen ausübe. Das sei derjenige, der das Gerät bereitstelle oder dazu befugt sei, es einrichte, betreibe, kontrolliere oder zur Verfügung stelle und die Möglichkeit habe, es zum bestimmungsgemäßen Zweck zu nutzen sowie über die Nutzung zu diesem Zweck zu bestimmen. Der davon zu unterscheidende Verwender der Messwerte (§ 3 Nr. 23 und § 33 Abs. 2 MessEG) könne, müsse aber nicht mit dem Verwender des Messgeräts identisch sein.

5 Die Klägerin sei Verwenderin der Warmwasserzähler, weil sie diese betreibe. Ihre Verträge mit der B. vermittelten ihr nicht nur kurzfristig die rechtliche und tatsächliche Funktionsherrschaft über die Geräte. Die Miet-AGB behielten ihr in Verbindung mit der Vereinbarung über den Abrechnungsservice umfassende Einwirkungsrechte vor, sodass ihr wesentliche Kontroll- und Zugriffsbefugnisse bezüglich der Geräte und des Ablesens von Messwerten verblieben. Beide Verträge bildeten ein Dienstleistungspaket mit dem Zweck, der B. jede eigene nach der Heizkostenverordnung erforderliche Verwendung der Geräte abzunehmen und die Verantwortung für alle nötigen Zugriffe bei der Klägerin zu belassen. Unschädlich sei, dass die Klägerin nur mittelbaren Besitz an den Geräten habe und den Zugang dazu nicht unmittelbar gegenüber den Wohnungsmietern erzwingen könne. Es genüge, dass sie die rechtliche und tatsächliche Kontrolle auf vertraglicher Grundlage ausübe und keine die Vertragsdurchführung ausschließenden Zugangshindernisse bestünden.

6 Die Anzeigepflicht der Klägerin sei unionsrechtskonform, weil sie nicht an deren Händlertätigkeit, sondern an das Verwenden der Messgeräte anknüpfe und die Verwendungsüberwachung nicht harmonisiert sei.

7 Die Aufforderung zur Anzeige sei auch ermessensfehlerfrei. Ein Auswahlermessen habe nicht bestanden, weil nur die Klägerin und nicht - auch - die B. Verwenderin der Messgeräte sei. Die Zwischenfeststellungsklage sei nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig, aber ebenfalls unbegründet.

8 Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 32 Abs. 1 MessEG, die unzutreffende Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und gegen unionsrechtliche Vorschriften gerügt.

9 Am 2. Dezember 2020 hat die Klägerin die verfahrensgegenständlichen Zähler ausgetauscht und sodann den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt. Dazu hat sie Montageunterlagen und ein Geräteverzeichnis vorgelegt. Das Verzeichnis erläutert, Verwender der Geräte sei nach Auffassung des Beklagten die Klägerin und nach deren Auffassung die B.; es gibt die Anschriften beider Unternehmen an.

10 Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

11 Hilfsweise beantragt sie, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2019 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. März 2016, soweit dieses Ziffer 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 27. Oktober 2015 betrifft, zu ändern und diese Ziffer aufzuheben, sowie festzustellen, dass die Klägerin die am 9. Juli 2015 in der Liegenschaft P.-Straße ... in ... K. eingebauten und in der genannten Ordnungsverfügung mit Seriennummern bezeichneten Warmwasserzähler nicht im Sinne des § 3 Nr. 22 MessEG verwendet.

12 Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

13 Er widerspricht der Erledigungserklärung und beruft sich auf ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung. Die Klärung der Frage, ob die Klägerin Verwenderin der Messgeräte sei, bleibe auch nach der Neufassung des § 32 Abs. 1 MessEG für deren Anzeigepflicht und für eine effektive Verwendungsüberwachung von Bedeutung.

II

14 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angegriffene Urteil hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

15 Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt und der Beklagte dieser Erklärung widersprochen hat, beschränkt sich der Rechtsstreit auf die Frage, ob eine Erledigung in der Hauptsache eingetreten ist (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 1981 - 8 C 49.79 - Buchholz 448.0 § 21 WPflG Nr. 30). Der entsprechende Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig (1.), aber nicht begründet (2.). Gleiches gilt für die hilfsweise aufrecht erhaltenen Sachanträge (3.).

16 1. Nach einseitiger Erledigungserklärung darf das Klagebegehren auch im Revisionsverfahren auf den Antrag umgestellt werden, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht dem nicht entgegen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO; BVerwG, Urteile vom 25. April 1989 - 9 C 61.88 - BVerwGE 82, 41 und vom 28. Oktober 1999 - 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17 ).

17 2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Zwar hat sich die angefochtene Verfügung nach Klageerhebung objektiv erledigt (a). Wegen des schutzwürdigen Interesses des Beklagten an einer Sachentscheidung kann die begehrte Feststellung jedoch nur getroffen werden, wenn die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war, sodass (erst) das erledigende Ereignis ihr die Grundlage entzogen hat (b). Das trifft weder auf die Anfechtung der Aufforderung gemäß § 55 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 des Gesetzes über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt, ihre Verwendung und Eichung sowie über Fertigpackungen (Mess- und Eichgesetz - MessEG) vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2722 ) (c) noch auf den Zwischenfeststellungsantrag (d) zu.

18 a) Die Anordnung, die 14 verfahrensgegenständlichen, seit 2015 im Mietwohngebäude der B. betriebenen Warmwasserzähler anzuzeigen, ist mit dem Ausbau und Austausch der Geräte...

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