Urteil vom 19.11.2015 - BVerwG 2 C 20.14

Judgment Date19 Noviembre 2015
Neutral CitationBVerwG 2 C 20.14
ECLIDE:BVerwG:2015:191115U2C20.14.0
CitationBVerwG, Urteil vom 19.11.2015 - 2 C 20.14
Record Number191115U2C20.14.0
Registration Date02 Febrero 2016
CourtDas Bundesverwaltungsgericht

BVerwG 2 C 20.14

  • VG Karlsruhe - 19.10.2011 - AZ: VG 5 K 1858/10
  • VGH Mannheim - 03.12.2013 - AZ: VGH 4 S 221/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden,
Dr. Kenntner, Dollinger und Dr. Günther
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe I

1 Der Kläger erstrebt die Rückabwicklung der seit seinem Eintritt in den Ruhestand infolge einer familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich erfolgten Kürzung seiner Versorgungsbezüge.

2 Der im Jahr 1940 geborene Kläger stand zuletzt als Oberstleutnant im Dienst der Beklagten. Im Jahr 1980 wurde er von seiner früheren Ehefrau geschieden; in der Folge hatte er keinen Kontakt mehr zu ihr. Mit Ablauf des 31. Dezember 1992 versetzte ihn die Beklagte in den Ruhestand. Mit Bescheid vom 21. April 1993 wurden seine Versorgungsbezüge festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 22. April 1993 wurden diese nach § 55c Abs. 1 Satz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) infolge der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich ab dem 1. Januar 1993 um einen Betrag von 665,42 DM monatlich gekürzt. Seine geschiedene Ehefrau verstarb im Mai 2004, ohne zuvor Rentenleistungen erhalten zu haben. Die Meldebehörde unterrichtete die Deutsche Rentenversicherung Rheinland im Jahr 2004 von ihrem Tod. Weder der Kläger noch die Beklagte wurden zunächst benachrichtigt. Der Kläger erfuhr erst im April 2010 hiervon und stellte unter dem 22. April 2010 einen Antrag auf Rückabwicklung der Versorgungsbezüge.

3 Mit dem angefochtenen Bescheid hob die Beklagte ihren Kürzungsbescheid vom 22. April 1993 ab dem 1. April 2010 auf. Widerspruch, Klage und Berufung, mit denen der Kläger die Rückabwicklung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge bereits ab Beginn des Ruhestandes am 1. Januar 1993 angestrebt hat, sind erfolglos geblieben.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, das Versorgungsausgleichsgesetz sehe einen rückwirkenden Wegfall der Kürzung der Versorgungsleistungen infolge des Versorgungsausgleichs nicht vor. Das Versorgungsausgleichshärtefallgesetz sei mit Ablauf des 1. September 2009 außer Kraft getreten. Nach den Überleitungsvorschriften finde das Versorgungsausgleichshärtefallgesetz nur auf Anträge Anwendung, die vor dem 1. September 2009 gestellt worden seien. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Nachsichtgewährung komme nicht in Betracht. Die Neuregelung durch das Versorgungsausgleichsgesetz sei verfassungsgemäß.

5 Mit der Revision beantragt der Kläger, die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2013 und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 10. Mai 2010 und deren Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2010 zu verpflichten, die Versorgungsbezüge des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. März 2010 ohne Berücksichtigung eines Kürzungsbetrags nach § 55c SVG festzusetzen und dem Kläger die insoweit einbehaltenen Kürzungsbeträge zu erstatten.

6 Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt den Antrag der Beklagten.

II

8 Die Revision ist zurückzuweisen. Sie ist zulässig, aber unbegründet (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

9 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht festgestellt, dass dem Kläger nach geltendem Recht kein Anspruch auf Rückabwicklung der aufgrund von § 55c Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihrer Hinterbliebenen (- SVG -) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 842) erfolgten Kürzung seiner Versorgungsbezüge vom 1. Januar 1993 bis zum 31. März 2010 zusteht.

10 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf den am 22. April 2010 gestellten Antrag des Klägers, die Kürzung seiner Versorgungsbezüge schon ab dem 1. Januar 1993 aufzuheben, das am 1. September 2009 als Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in Kraft getretene Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) Anwendung findet. Das zuvor geltende Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichshärtefallgesetz - VAHRG -) vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105) findet keine Anwendung. Es ist gemäß Art. 23 Satz 2 Nr. 2 VAStrRefG am 1. September 2009 außer Kraft getreten.

11 Gemäß § 49 VersAusglG ist für Verfahren nach den §§ 4 bis 10 VAHRG, in denen der Antrag beim Versorgungsträger vor dem 1. September 2009 eingegangen ist, das bis dahin geltende Recht weiterhin anzuwenden. Dazu gehört auch das in § 4 VAHRG geregelte Verfahren der Aufhebung der Kürzung im Falle des Vorversterbens des Ausgleichsberechtigten, das hier den Streitgegenstand bildet. Indem (nur) Verfahren, in denen der maßgebliche Antrag vor dem 1. September 2009 gestellt wurde, nach altem Recht fortgeführt werden sollen, findet für Verfahren, in denen der Antrag ab dem 1. September 2009 gestellt wurde...

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