Urteil vom 25.01.2022 - BVerwG 4 CN 5.20

Judgment Date25 Enero 2022
ECLIDE:BVerwG:2022:250122U4CN5.20.0
Neutral CitationBVerwG 4 CN 5.20
Record Number250122U4CN5.20.0
Registration Date31 Marzo 2022
Applied RulesBauGB § 9 Abs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2,BauNVO § 11 Abs. 1 und 2
Subject MatterBau- und Bodenrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht

BVerwG 4 CN 5.20

  • OVG Münster - 28.10.2020 - AZ: 10 D 43/17.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker, Prof. Dr. Külpmann, Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
für Recht erkannt:

  1. Die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 2020 werden zurückgewiesen
  2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte; ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst
Gründe I

1 Der Antragsteller wendet sich als Plannachbar gegen einen Bebauungsplan für ein Designer Outlet Center.

2 Der Bebauungsplan Nr. 657 ("Gebiet: ...-Stadion, J.platz und K.platz in R.") überplant ein 11,5 ha großes Gebiet im Stadtteil L. der Antragsgegnerin und soll die Voraussetzungen für ein Einkaufszentrum schaffen. Die Beigeladene beabsichtigt, das Zentrum zu betreiben.

3 Zwischen der R. Straße und der M.straße im Norden und der Straße Am Stadion im Süden soll in einem als SO1 festgesetzten sonstigen Sondergebiet das Einkaufszentrum entstehen; kleinere Flächen am nördlichen Rand sind als Gewerbegebiete GE1 und GE2 festgesetzt. Die Verkaufsflächen sollen ganz überwiegend im Erdgeschoss, zu einem untergeordneten Anteil im ersten Geschoss angesiedelt werden ("Village-Stil"). In dem Designer Outlet Center sollen ausschließlich heruntergesetzte Markenartikel verkauft werden.

4 Das etwa 5 ha große SO1 bestand bei Satzungsbeschluss weit überwiegend aus Grundstücken im Eigentum der Antragsgegnerin; dies sind die Flurstücke a, b, c, d sowie das 3,4 ha große Flurstück e. Das Eigentum an diesen Grundstücken hat die Antragsgegnerin der Beigeladenen aufschiebend bedingt übertragen. Die Beigeladene hat sich in einem städtebaulichen Vertrag gegenüber der Antragsgegnerin verpflichtet, auf dieser Fläche ein Designer Outlet Center zu errichten. Die Errichtung sonstiger Einzelhandelsbetriebe ist ausgeschlossen. Am 22. September 2020 und damit nach Satzungsbeschluss sind die im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Grundstücke vereinigt worden. Einige kleinere Grundstücke befinden sich im Eigentum Dritter. Die Beigeladene hat Optionsverträge geschlossen, um diese Grundstücke zu erwerben.

5 Der Bebauungsplan setzt für das Sondergebiet SO1 u.a. fest:
1.1.1 Im Sondergebiet SO1 ist ein Hersteller-Direktverkaufszentrum für Markenartikel (Designer Outlet Center) "DOC" mit großflächigen und nicht großflächigen unselbstständigen Verkaufsstätten als Bestandteil eines Einkaufszentrums mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 12 000 m² und maximal 20 000 m² und mit einer höchstzulässigen durchschnittlichen Größe der Verkaufsstätten von 250 m² Verkaufsfläche sowie einer höchstzulässigen Größe der Verkaufsfläche je Verkaufsstätte von 1 200 m² zulässig. Verkaufsflächen sind nur im Erdgeschoss und auf maximal 20 % der zulässigen Gesamtverkaufsfläche im ersten Obergeschoss zulässig.

6 Auf dem Gebiet des jetzigen K.platzes ist ein sonstiges Sondergebiet SO2 für eine Hoch- und Tiefgarage festgesetzt. In dem Parkhaus sollen 1 500 Stellplätze entstehen. Außerhalb des Plangebiets, dem SO2 gegenüber, befindet sich das Wohngrundstück des Antragstellers.

7 Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Für die textliche Festsetzung Nr. 1.1.1 Satz 1 fehle eine Rechtsgrundlage. Die Beschränkung auf "ein" Einkaufszentrum bestimme weder den Zweck des Sondergebiets noch eine Art der baulichen Nutzung. Die Regelungen über die Verkaufsfläche seien mit der nummerischen Beschränkung unlösbar verknüpft. Sie könnten nicht als vorhabenbezogene Festsetzung Bestand haben, weil in dem SO1 mehr als ein Einkaufszentrum errichtet werden könne. Städtebauliche Verträge und die Eigentumsverhältnisse spielten insoweit keine Rolle. Die Festsetzungen zur Verkaufsfläche seien selbst dann nicht wirksam, wenn man die Möglichkeit einer grundstücksbezogenen Beschränkung der Verkaufsfläche anerkenne. Denn das Einkaufszentrum solle nach den Vorstellungen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin auf allen Grundstücken verwirklicht werden und nicht nur auf dem möglicherweise allein vorhabengeeigneten Flurstück e.

8 Für die Festsetzung Nr. 1.1.1 Satz 2 fehle gleichfalls eine Rechtsgrundlage. Verkaufsflächen seien weder Arten der baulichen Nutzung noch bestimmte Anlagetypen, die vertikal auf Geschosse verteilt werden könnten. Die Festsetzungen sollten vielmehr eine konkrete Bauform gewährleisten. Dies sei keine im Sondergebiet zulässige Auffächerung der Nutzungsart des großflächigen Einzelhandels. Beide Festsetzungsfehler führten jeweils für sich zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.

9 Mit ihren Revisionen begehren die Antragsgegnerin und die Beigeladene die Ablehnung des Normenkontrollantrags. Nach ihrer Auffassung stellt die Kombination einer Mindestverkaufsfläche von 12 000 m² und einer Höchstverkaufsfläche von 20 000 m² sicher, dass sich nur ein Einkaufszentrum ansiedele. Das Eigentum der Antragsgegnerin und die mit der Beigeladenen geschlossenen Verträge gewährleisteten, dass nur ein Einkaufszentrum errichtet werde. Schließlich sei bei Satzungsbeschluss nur das Flurstück e für das Vorhaben geeignet gewesen, sodass die Festsetzungen zur Verkaufsfläche als grundstücksbezogene Festsetzungen Bestand hätten. Die Verteilung der Verkaufsflächen auf die einzelnen Geschosse sei als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung zulässig, könne sich aber jedenfalls auf § 9 Abs. 3 Satz 2 BauGB stützen.

10 Der Antragsteller verteidigt das vorinstanzliche Urteil.

II

11 Die Revisionen sind unbegründet. Das angegriffene Urteil steht mit dem nach § 137 Abs. 1 VwGO revisiblen Recht in Einklang.

12 A. Die textliche Festsetzung Nr. 1.1.1 Satz 1 des Bebauungsplans beschränkt die Zahl zulässiger Vorhaben im Sondergebiet SO1 und trifft Regelungen zur Verkaufsfläche. Die Bestimmungen sind unwirksam, weil es an einer Rechtsgrundlage fehlt. Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.

13 I. Nr. 1.1.1 Satz 1 gestattet nur ein Hersteller-Direktverkaufszentrum für Markenartikel im Sondergebiet SO1. Diese Beschränkung ist mangels...

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