Beschluss vom 05.10.2022 - BVerwG 1 WB 48.22

JurisdictionGermany
Judgment Date05 Octubre 2022
Neutral CitationBVerwG 1 WB 48.22
ECLIDE:BVerwG:2022:051022B1WB48.22.0
Record Number051022B1WB48.22.0
Registration Date18 Octubre 2022
Subject MatterVorlagen, Anträge und Beschwerden nach der WBO in truppendienstl. Angelegenheiten
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Beschluss vom 05.10.2022 - 1 WB 48.22 -

BVerwG 1 WB 48.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke
am 5. Oktober 2022 beschlossen:

  1. 1. Das gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B und den Richter am Bundesverwaltungsgericht C gerichtete Ablehnungsgesuch wird verworfen
  2. 2. Das gegen die ehrenamtlichen Richter D und E gerichtete Ablehnungsgesuch wird verworfen und das gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht F, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G und den Richter am Bundesverwaltungsgericht H gerichtete Ablehnungsgesuch zurückgewiesen
Gründe I

1 1. Das gegen die ehrenamtlichen Richter D und E sowie gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht F, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G und den Richter am Bundesverwaltungsgericht H gerichtete Ablehnungsgesuch des Soldaten ist gestellt in dem seit dem 18. Juli 2022 anhängigen Anhörungsrügeverfahren, das sich auf das vom 1. Wehrdienstsenat am 7. Juli 2022 in dieser Besetzung entschiedene Wehrbeschwerdeverfahren - 1 WB 2.22 – (Wehrbeschwerdeverfahren) bezieht.

2 2. In dem Wehrbeschwerdeverfahren war der Antrag des Soldaten, die Pflicht zur Duldung der COVID-19-Impfung zu stoppen und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, die der Menschlichkeit entspreche, zurückgewiesen worden. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht schriftlich vor. Die mündliche Entscheidungsbegründung ist in ihren Grundzügen der Pressemitteilung Nr. 44/2022 des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2022 zu entnehmen.

3 3. Zur Begründung des Ablehnungsgesuchs lässt der anwaltlich vertretene Soldat im Wesentlichen vortragen:

4 a) Das Ablehnungsgesuch richte sich auch gegen die ehrenamtlichen Richter, selbst wenn sie im Anhörungsrügeverfahren nicht zu beteiligen seien. Denn sie seien bei einer Fortsetzung des Verfahrens gleichermaßen mit dem bösen Schein behaftet, den Rechtsstreit nicht mehr objektiv zu entscheiden. Die Anhörungsrüge bleibe als Annex Teil der Hauptsache und führe wieder zu ihr zurück, weshalb auch über die Befangenheit der ehrenamtlichen Richter zu befinden sei. Zudem sei das Wehrbeschwerdeverfahren noch nicht beendet, weil keine schriftlichen Entscheidungsgründe vorlägen.

5 b) Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass die abgelehnten Richter seine Wehrbeschwerde mit einer Begründung abgewiesen hätten, die eine höchst willkürliche Befassung mit seinem Vortrag und den Ergebnissen der Beweisaufnahme zeige. Es sei - angesichts zahlreicher, im Internet abrufbarer Erkenntnisse, auf die erneut verwiesen werde – "unfassbar", dass sich die abgelehnten Richter über eindeutige Befunde sowie gesetzliche Vorgaben hinweggesetzt hätten. Kein Mensch könne "noch ernsthaft dementieren", dass COVID-19-Injektionen mit erheblichen Risiken für Leben und Gesundheit der Geimpften verbunden seien, die sich schon hunderttausendfach realisiert hätten. Die Befragung der Experten des Robert Koch Instituts (RKI) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) habe überdeutlich bestätigt, dass deren Arbeitsweise gesetzliche Pflichten verletze und teilweise so mangelhaft und stümperhaft organisiert sei, dass sie der Öffentlichkeit keine validen Daten geliefert hätten, auf die man eine Impfpflicht stützen könne. Diese "institutionalisierte Täuschung" sei offensichtlich; zudem liege eine neue Meta-Studie vor, die die weitgehende Wirkungslosigkeit von COVID-19-Impfungen auch gegen frühere Varianten belege.

6 Den Senat habe dies nicht ansatzweise interessiert und er habe dem über 1 000 Seiten (nebst Anlagen) umfassenden Vortrag in Wahrheit kein Gehör geschenkt, sondern "bloß ein politisches Glaubens- und Treuebekenntnis" bekannt gegeben. Die Senatsentscheidung sei ein unerträglicher richterlicher Willkürakt, weil es keine Pflicht zur Aufopferung des eigenen Lebens für andere, keine Pflicht, gesundheitliche Schäden hinnehmen zu müssen, um andere angeblich zu schützen, und kein Recht eines Dritten gebe, darüber befinden zu dürfen. Erläuterungen des Bundesgesundheitsministers zur Todesgefahr ließen Gedanken zum Schießbefehl in der DDR aufkommen. Allein aus politischen Gründen seien von den Richtern sämtliche prozessuale Rechtsgrundsätze zur Beweiswürdigung über Bord geworfen worden, um der Beschwerdegegnerin beim Vollzug ihres Genexperiments an der gesamten Bundeswehr zu helfen. Die Ignoranz des Senats sei derart perfide, dass sich der Soldat für die rechtsprechende Gewalt schäme. Die Exekutive habe augenscheinlich eine derartige Dominanz, dass die Justiz und mutmaßlich auch der Senat "an die Wand gedrückt" worden seien. Seit der Wehrbeschwerdeentscheidung wüssten alle Soldaten, dass nicht mehr das Bundesministerium der Verteidigung für Gesundheitsschäden und Tote bei der Bundeswehr verantwortlich sei, sondern der Senat. Seither sei auch nicht mehr an die sachliche Unabhängigkeit der Richter und eine effektive Gewaltenteilung zu glauben.

7 Von vielen Kritikern werde die "Impf"-Kampagne als großes medizinisches Verbrechen bezeichnet. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich Experten wie ... vor einem Strafgericht verantworten müssten. Die Expertin ... habe ihm schon am zweiten Verhandlungstag "um die Ohren gehauen", er hätte frühzeitig erkennen müssen, dass den Soldaten mit den COVID-19-Injektionen eine "Biowaffe" in die Blutbahnen gespritzt werde. Es sei auch längst offiziell, dass sich die Führung der Bundeswehr gerne transhumanistischen Phantasien, also der Verbindung von Mensch und Maschine, hingebe. Für einen gläubigen Menschen seien alle genetischen Eingriffe in die Schöpfung indes satanischer Natur. Die Verhandlung im Wehrbeschwerdeverfahren müsse auch deshalb fortgesetzt werden, damit die Beschwerdegegnerin sich dazu erkläre, ob die Durchsetzung der COVID-19-Injektionen in Wahrheit nicht bloß der Durchsetzung einer Kohortenstudie mit einer Biowaffe diene.

8 Der Senat habe in seiner mündlichen Entscheidungsbegründung kein schlüssiges Gegenargument geliefert. Vielmehr habe der Vorsitzende Richter komplett losgelöst von dem eindeutigen Wortlaut des § 17a Abs. 4 SG irgendetwas über Fragen der Verhältnismäßigkeit "fabuliert", wonach diese Injektionen im Hinblick auf die damit verbundene Zielsetzung und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände bei der Bundeswehr verhältnismäßig seien. Damit sei nicht nur gegen den Gesetzeswortlaut, sondern auch gegen das Zitiergebot verstoßen worden, weil durch die Impfung in das Recht auf Leben eingegriffen werde. Des Weiteren seien unter Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters bestimmte Fragen nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt worden.

9 Hinzu komme, dass der Vorsitzende Richter - für jeden Prozessbeobachter erkennbar - ersichtlich sehr bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des RKI und PEI durch die Bevollmächtigten und deren Sachverständigen zu behindern. Ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende während der Befragung des Vertreters des RKI von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen, was auch geschehen sei. Der Vorsitzende habe das Wort ergriffen und erklärt, dass diese Fragen doch schon beantwortet seien. Den Prozessbeobachter namentlich zu benennen, verbiete die Gefahr, dass dieser dadurch Nachteile zu befürchten habe.

10 Bei den der Pressemitteilung zu entnehmenden Entscheidungsgründen dränge sich der Verdacht der Rechtsbeugung auf. Dies erkläre auch, weshalb der Senat es nicht vermocht habe, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale präzise in die Entscheidungsgründe zu gießen. Es möge zwar sein, dass das ein oder andere Senatsmitglied sich geweigert habe, an dem Akt der Rechtsbeugung teilzunehmen; jedoch habe es sicher "nicht an der Vergewaltigung des Rechts in Form der Rechtsbeugung mitzuwirken".

11 Dass im Wehrbeschwerdeverfahren keine Ablehnungsgesuche gestellt worden seien, erkläre sich mit prozessstrategischen Erwägungen, unter anderem damit, dass das Wehrbeschwerdeverfahren von dem Senat in letzter Instanz entschieden worden und er zu einer Anhörung von Sachverständigen bereit gewesen sei. Dies ändere nichts daran, dass Ablehnungsgesuche nicht nur aufgrund der recht willkürlichen Ablehnung zahlreicher Beweisanträge und Beweisanregungen hätten gestellt werden können. So habe der Vertreter des Bundes schon am ersten Verhandlungstag erklärt, mit dem Vorsitzenden telefoniert zu haben; dies habe dieser freilich dementiert.

12 Da die abgelehnten Richter den eindeutigen Ergebnissen der Beweisaufnahme und seinem umfangreichen Vortrag kein Gehör geschenkt hätten, würden sie auch künftig faktenresistent und hochbefangen agieren. Ihr Versagen sei "unverzeihlich" und dürfe sich im Anhörungsrügeverfahren nicht wiederholen.

13 c) Ein solches Verhalten stehe auch wegen der Umstände der Entscheidungsverkündung zu befürchten; insbesondere die Mitteilung des Vorsitzenden vom 3. August 2022 dokumentiere Ignoranz und Willkür.

14 Nachweislich sei am 7. Juli 2022 bereits um 6:48 Uhr von FOCUS-Online die Wehrbeschwerdeentscheidung online eingestellt worden, obwohl deren Verkündung erst um 11 Uhr erfolgt sei. Damit liege nahe, dass Senatsmitglieder oder Dritte Informationen zum Verfahrensausgang weitergegeben hätten, um jeder Diskussion frühzeitig ein Ende zu bereiten. Der politische Druck sei augenscheinlich zu groß geworden.

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