Beschluss vom 06.07.2022 - BVerwG 3 B 35.21

JurisdictionGermany
Judgment Date06 Julio 2022
Neutral CitationBVerwG 3 B 35.21
ECLIDE:BVerwG:2022:060722B3B35.21.0
Record Number060722B3B35.21.0
Registration Date30 Agosto 2022
Subject MatterGesundheitsverwaltungsrecht einschl. des Rechts der Heilberufe, der Gesundheitsfachberufe und des Krankenhausfinanzierungsrechts sowie des Seuchen- und Infektionsschutzrechts
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Beschluss vom 06.07.2022 - 3 B 35.21 -

BVerwG 3 B 35.21

  • VG Frankfurt am Main - 18.10.2021 - AZ: VG 7 L 1778/20.F
  • VGH Kassel - 02.12.2021 - AZ: VGH 7 E 2166/21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Kenntner
beschlossen:

  1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Dezember 2021 wird zurückgewiesen
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
Gründe I

1 Die Antragstellerin ist als Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie in eigener Praxis in Bad Homburg niedergelassen und ausschließlich privatärztlich tätig. Sie wendet sich gegen Beitragsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und begehrt im vorliegenden Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz.

2 Mit an alle privatärztlich in Hessen tätigen Ärztinnen und Ärzte gerichtetem Rundschreiben vom 20. März 2019 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass mit der Änderung von § 23 des Heilberufsgesetzes Hessen eine gesetzliche Grundlage für die Einbeziehung privatärztlich tätiger Ärzte in ihren ärztlichen Bereitschaftsdienst geschaffen worden sei; die Umsetzung werde zum 1. Juli 2019 geplant. In einem nachfolgenden Schreiben erläuterte sie die Einzelheiten der Dienstverpflichtung und kündigte den jährlichen Erlass von Beitragsbescheiden zur Erfüllung der Mitfinanzierungspflicht an. Mit Bescheid vom 18. September 2019 legte die Antragsgegnerin den von der Antragstellerin für das Beitragsjahr 2019 zu entrichtenden Betrag auf 1 500 € fest. Die Antragstellerin legte hiergegen Widerspruch ein und erhob später auch Klage. Sie sei kein Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung, sodass diese auch nicht befugt sei, sie zum ärztlichen Bereitschaftsdienst heranzuziehen und belastende Verwaltungsakte gegen sie zu erlassen.

3 Nachdem die Antragsgegnerin in einer Zahlungserinnerung vom 24. Juni 2020 darauf hingewiesen hatte, dass etwaigen Anträgen oder Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukomme, hat die Antragstellerin am 9. Juli 2020 um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main nachgesucht und beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 18. September 2019 festzustellen oder hilfsweise anzuordnen. Aufgrund der Meinungsverschiedenheit über den zulässigen Rechtsweg hat das Verwaltungsgericht den Beteiligten am 7. Oktober 2020 mitgeteilt, es sehe derzeit von einer Verweisung ab und gehe davon aus, dass die Antragsgegnerin bis zu der erwarteten Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts von einer Vollstreckung absehe.

4 Mit Bescheid vom 9. März 2020 setzte die Antragsgegnerin den Beitrag für das Beitragsjahr 2020 auf 3 000 € fest. Dem Bescheid war neben einer Rechtsbehelfsbelehrung auch der Hinweis beigefügt, dass weder ein Antrag auf Ermäßigung des Beitrags noch ein Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte. Die Antragstellerin legte auch hiergegen Widerspruch ein und erhob nachfolgend Klage.

5 Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2020 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche der Antragstellerin gegen die Beitragsbescheide für die Jahre 2019 und 2020 zurück und lehnte eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung ab. Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung verwies auf die Möglichkeit einer Klage beim Sozialgericht Marburg. Abweichend hiervon hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main erhoben.

6 Mit Bescheid vom 10. Februar 2021 änderte die Antragsgegnerin ihren Beitragsbescheid vom 18. September 2019 aufgrund eines zwischenzeitlich gestellten Antrags auf prozentualen Abzug dahingehend ab, dass für die Quartale 3/2019 und 4/2019 jeweils ein Beitrag in Höhe von 254,98 € erhoben wird. Mit Bescheid vom 10. März 2021 änderte die Antragsgegnerin auch den Beitragsbescheid vom 9. März 2020 dahingehend ab, dass für die Quartale 1/2020 bis 4/2020 jeweils ein Beitrag in Höhe von 407,66 € erhoben wird.

7 Mit Beschlüssen vom 18. Oktober 2021 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit sowohl im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als auch hinsichtlich der Hauptsache an das Sozialgericht Marburg verwiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 5. Mai 2021 - B 6 SF 6/20 R - Bezug genommen. Die hiergegen gerichteten Beschwerden hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. Dezember 2021 hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens und durch Beschluss vom 2. Dezember 2021 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen und die weitere Beschwerde nicht nur im Hauptsacheverfahren (3 B 34.21 ), sondern auch im streitgegenständlichen Eilverfahren zugelassen.

II

8 Die weitere Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig (1.). Sie ist aber nicht begründet (2). Für Streitigkeiten über die von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen auf der Grundlage ihrer Bereitschaftsdienstordnung erlassenen Beitragsbescheide ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Es sind zwar öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (a). Sie sind aber durch Bundesgesetz den Sozialgerichten zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), weil es sich um Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG handelt (b).

9 1. Die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zur Klärung des Rechtswegs ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann statthaft, wenn sie auch im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zugelassen worden ist oder zugelassen wird.

10 a) Ob die weitere Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes zur Klärung des zulässigen Rechtswegs nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich ausgeschlossen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt.

11 Zum Teil wird angenommen, bereits der Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens stehe der Statthaftigkeit einer Rechtswegbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes entgegen. Die Klärung...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT