BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2038/19 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn (…), |
- Bevollmächtigte:
- Rechtsanwälte (…) -
gegen |
a) den Beschluss des Landgerichts Aurich |
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vom 10. Oktober 2019 - 7 T 135/19 -, |
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b) den Beschluss des Amtsgerichts Aurich |
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vom 14. Mai 2019 - 16a XIV 14/19 - |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
Wallrabenstein
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 8. August 2021 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
I.
1. Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste am 14. Mai 2019 in das Bundesgebiet ein. Zuvor hatte er bereits in Spanien sowie in den Niederlanden einen Asylantrag gestellt.
2. Die Bundespolizei verfügte noch am selben Tag die Zurückschiebung des Beschwerdeführers nach Spanien. Außerdem beantragte sie an diesem Tag bei dem Amtsgericht Aurich (nachfolgend: das Amtsgericht) die Anordnung der vorläufigen Freiheitsentziehung im Wege einstweiliger Anordnung nach § 427 FamFG.
In dem Antrag heißt es insbesondere, der Beschwerdeführer habe zur Identitätsüberprüfung ein niederländisches W-Dokument ausgehändigt. Dieses Dokument erhielten in den Niederlanden die Personen, die sich aktuell in den Niederlanden im Asylverfahren befänden.
Zu den Voraussetzungen der Durchführung heißt es, der Beschwerdeführer habe bereits in Spanien (EURODAC-Treffer vom 5. November 2018) und in den Niederlanden (EURODAC-Treffer vom 8. Januar 2019) einen Asylantrag gestellt. Daher scheine hier ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Schutzersuchens zuständig zu sein, nämlich Spanien.
Zur Durchführbarkeit der Rückführung führt die Bundespolizei aus, dass der Beschwerdeführer „nach derzeitigem Stand“ nach Spanien zurückgeschoben werden solle. Eine Zurückschiebung in die Niederlande scheide aus, da die niederländischen Behörden mit Blick auf die EURODAC-Treffer eine Übernahme abgelehnt hätten. Vor der Überstellung sei es erforderlich, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: das BAMF) das Wiederaufnahmeverfahren mit Spanien betreibe. Nach der Zusage Spaniens erlasse das BAMF eine entsprechende Abschiebungsanordnung. Eine Überstellung sei nach Ablauf der Rechtsmittelfrist möglich.
3. Das Amtsgericht hörte den Beschwerdeführer an und ordnete sodann mit angegriffenem Beschluss vom 14. Mai 2019 die vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 11. Juni 2019 an. Im Zusammenhang mit der Dauer der Haftanordnung führt das Amtsgericht aus, dass binnen eines Monats um Wiederaufnahme zu ersuchen sei. Die Antwort erfolge spätestens zwei Wochen nach Eingang des Ersuchens. Insgesamt erscheine eine Haftdauer von ungefähr vier Wochen erforderlich, um die Rückreise nach Spanien zu vollziehen.
4. Unter dem 23. Mai 2019 erhob der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde einschließlich Feststellungsantrag gegen die vorläufige Haftanordnung. Zur Begründung verwies er insbesondere darauf, dass „unklar“ sei, warum hier der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und warum eine solche erlassen worden sei. Alle Voraussetzungen für eine Haftanordnung in der Hauptsache hätten vorgelegen. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2019 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, es sei nicht, wie vom Amtsgericht angenommen, unklar gewesen, wohin der Beschwerdeführer zurückgeschoben werden müsse. Es habe vielmehr „auf der Hand“ gelegen, dass die Niederlande die Übernahme des Beschwerdeführers ablehnen würden. Der EURODAC-Treffer für Spanien sei schließlich bedeutend älter gewesen. Man habe daher zuerst dort anfragen müssen.
Am 6. Juni 2019 teilte das BAMF der Bundespolizei telefonisch mit, dass von den Niederlanden nunmehr ein ablehnender Bescheid zur Dublin-Übernahme vorliege. Am 7. Juni 2019 beantragte die Bundespolizei bei dem Amtsgericht Hannover die Anordnung von Haft zur Sicherung des Überstellungsverfahrens in der Hauptsache. In dem Antrag heißt es unter anderem, dass das BAMF zunächst ein Wiederaufnahmegesuch an die Niederlande gerichtet habe. Nachdem dieses Ersuchen abgelehnt worden sei, habe das BAMF ein Wiederaufnahmeersuchen an Spanien gerichtet. Eine Antwort stehe noch aus.
5. Das Landgericht Aurich (nachfolgend: das Landgericht) wies den Feststellungsantrag hinsichtlich der Haftanordnung vom 14. Mai 2019 mit Beschluss vom 10. Oktober 2019, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 17. Oktober 2019, zurück. Dass das Amtsgericht im Wege einstweiliger Anordnung entschieden habe, sei nicht zu beanstanden. Das Verfahren über die einstweilige Anordnung sei...