BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2010/20 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn M…, |
- Bevollmächtigter:
- … -
gegen |
a) |
den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm |
vom 29. September 2020 - III-5 Ws 465/19 -, |
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b) |
den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm |
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vom 5. Mai 2020 - III-5 Ws 465/19 - |
und | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
Wallrabenstein
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 8. Juni 2021 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
- Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG)
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen zwei Beschlüsse des Oberlandesgerichts Hamm in einer Klageerzwingungssache und möchte mit einem nachgereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass die Generalstaatsanwaltschaft Hamm angewiesen wird, bis zum 9. Juni 2021 verjährungsunterbrechende Maßnahmen vorzunehmen.
I.
Der Beschwerdeführer erhebt Strafvorwürfe gegen mehrere Staatsanwälte, Steuerfahnder und Journalisten wegen Weitergabe der Anklageschrift und weiterer Teile der Strafakte aus einem gegen ihn geführten Steuerstrafverfahren an die Presse.
Die Staatsanwaltschaft Bochum nahm unter dem Aktenzeichen 500 UJs 190/16 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt auf und gab dieses am 7. Oktober 2016 an die Staatsanwaltschaft Hagen ab, die das Verfahren am 10. November 2016 einstellte.
Nachdem es nach dem Vortrag des Beschwerdeführers auch in der Folgezeit zu keinen weiteren Schritten der Staatsanwaltschaft kam, erstattete er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. November 2018 Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung eines Dienstgeheimnisses durch einen Amtsträger (§ 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB), Verbotener Mitteilung einer Anklageschrift sowie anderer Dokumente eines Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB), Verletzung des Steuergeheimnisses durch einen Amtsträger (§ 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB), Verletzung von Privatgeheimnissen durch einen Amtsträger (§ 203 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 StGB), Anstiftung beziehungsweise Beihilfe (§§ 26, 27 StGB) zu den genannten Delikten sowie wegen des Verdachts der Datenhehlerei (§ 202d StGB).
Mit Bescheid vom 5. April 2019 teilte die Staatsanwaltschaft Hagen dem Beschwerdeführer mit, sie sehe die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht als gegeben an.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. April 2019 Beschwerde, die mit weiterem Schriftsatz vom 22. Mai 2019 begründet wurde. Mit Bescheid vom 29. August 2019 wies die Generalstaatsanwältin in Hamm die Beschwerde als unbegründet zurück.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2019 beantragte der Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwältin in Hamm und dahingehend die Erzwingung von Ermittlungen. In ihrer Stellungnahme vom 10. Dezember 2019 beantragte die Generalstaatsanwältin in Hamm, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen. Hierauf erwiderte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 2. März 2020.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2020 verwarf das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig. Der Antrag entspreche nicht den nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO an einen Klageerzwingungsantrag zu stellenden formellen Anforderungen.
Die Wahrung der Fristen des § 172 StPO sei für den Senat nicht vollständig überprüfbar. Der Beschwerdeführer habe die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht dargelegt. Die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers hätten in der Antragsschrift lediglich ausgeführt, dass sein Ersuchen um Ermittlungen mit Bescheid der Staatsanwaltschaft Hagen vom 5. April 2019 abschlägig beschieden worden sei. Wann dieser Bescheid der Staatsanwaltschaft Hagen dem Antragsteller zugegangen sei, werde nicht mitgeteilt. Es werde lediglich auf den Bescheid als „– Anlage AS 2 –“ verwiesen und im Übrigen ausgeführt, dass mit Datum vom 23. April 2019 seitens des Bevollmächtigten namens und im Auftrag des Beschwerdeführers Beschwerde bei der Generalstaatsanwältin in Hamm gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Hagen vom 5. April 2019 eingelegt worden sei. Diese sei dann mit Schriftsatz vom 22. Mai 2019 umfassend begründet worden. Das Datum der Absendung der Beschwerdeschrift, die offensichtlich vom 23. April 2019 datieren solle, werde jedoch ebenfalls nicht angegeben.
Dass der Antragsteller die Frist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO eingehalten habe, sei weder offensichtlich noch sonstigen von ihm vorgetragenen Umständen zu entnehmen. Die Einhaltung der Frist ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass seitens der Generalstaatsanwältin in Hamm ein die Beschwerde ablehnender Bescheid ergangen sei. Das Vorliegen einer Entscheidung der Generalstaatsanwältin besage nichts über die Einhaltung der Frist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO durch den Beschwerdeführer aus. Es sei auch nicht Aufgabe des Senats, das dem Antrag beigefügte Anlagenkonvolut durchzusehen, um aus etwaig aus den Kopien ersichtlichen Stempeln oder gegebenenfalls auch handschriftlichen Vermerken die Einhaltung der gesetzlichen Fristen nach § 172 Abs....