Beschluss vom 10.12.2014 - BVerwG 6 C 16.13

JurisdictionGermany
Judgment Date10 Diciembre 2014
Neutral CitationBVerwG 6 C 16.13
ECLIDE:BVerwG:2014:101214B6C16.13.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 10.12.2014 - 6 C 16.13
Registration Date03 Marzo 2015
Applied RulesTKG 2004 § 12, § 25, § 28, § 31, § 33, § 35,GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 100 Abs. 1,VwGO § 113 Abs. 5, § 123 Abs. 1
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number101214B6C16.13.0

BVerwG 6 C 16.13

  • VG Köln - 17.07.2013 - AZ: VG 21 K 5164/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich, Dr. Möller, Hahn und Prof. Dr. Hecker
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Dem Bundesverfassungsgericht wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes - TKG - vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Gründe I

1 Die Klägerin betreibt ein digitales zellulares Mobilfunknetz nach dem GSM-Standard (Global System for Mobile Communications) und dem UMTS-Standard (Universal Mobile Telecommunications Standard). Sie verwendete zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Beschlusses im GSM-Netz überwiegend, mit Ausnahme einiger Ergänzungsbänder im Bereich von 1.800 MHz, Frequenzen aus dem Bereich von 900 MHz. Die Beigeladene betreibt ein bundesweites Verbindungsnetz und bietet den Festnetzendkunden der (früheren) Deutschen Telekom AG Verbindungen in nationale und ausländische Fest- und Mobilfunknetze im Wege der Betreiberauswahl an. Ihr Netz ist mit demjenigen der Klägerin auf der Grundlage einer Anordnung vom 25. Juni 2004 zusammengeschaltet.

2 Mit Regulierungsverfügung vom 30. August 2006 wurde die Klägerin verpflichtet, Betreibern von öffentlichen Telefonnetzen die Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Mobiltelefonnetz am Vermittlungsstellenstandort zu ermöglichen, über die Zusammenschaltung Verbindungen in ihr Netz zu terminieren und zum Zwecke dieser Zugangsgewährung Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren. Die Entgelte für die Gewährung der Zusammenschaltungsleistungen wurden der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen. Die gegen diese Regulierungsverfügung erhobene Anfechtungsklage der Klägerin hat der Senat durch Revisionsurteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 17.07 - unter teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils auch insoweit abgewiesen, als das Verwaltungsgericht ihr stattgegeben hatte. Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 1 BvR 1933/08 - nicht zur Entscheidung angenommen.

3 Im September 2006 beantragte die Klägerin unter Vorlage entsprechender Kostenunterlagen die Genehmigung der Entgelte für die ihr mit der Regulierungsverfügung auferlegten Zugangsleistungen. Mit Beschluss vom 16. November 2006 - BK 3 a/b-06-011/E07.09.06 - genehmigte die Bundesnetzagentur für die Terminierung im Netz der Klägerin für den Zeitraum vom 30. August 2006 bis 22. November 2006 ein Verbindungsentgelt in Höhe von 11 Cent/Minute (Ziffer 1.1) oder - bei Eintritt einer von zwei näher beschriebenen auflösenden Bedingungen - in Höhe von 9,78 Cent/Minute (Ziffer 2). Ab dem 23. November 2006 genehmigte die Bundesnetzagentur - befristet bis zum 30. November 2007 (Ziffer 3) - ein Verbindungsentgelt in Höhe von 8,78 Cent/Minute (Ziffer 1.2). Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt (Ziffer 4). Die von der Klägerin hiergegen gerichtete Verpflichtungsklage ist Gegenstand des Revisionsverfahrens BVerwG 6 C 18.13 .

4 Bezüglich der - von dem Genehmigungsantrag nicht erfassten - Terminierungsentgelte im Rahmen der angeordneten Zusammenschaltung bot die Klägerin der Beigeladenen den Abschuss eines Vertrages zu den bei der Beschlusskammer zur Genehmigung beantragten Konditionen an. Da ein entsprechender Vertrag zunächst nicht zustande kam, ordnete die Beklagte auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 16. November 2006 - BK 3b-06-012/Z 13.09.06 - für die Leistung V.1, welche die Beigeladene aufgrund der mit Beschluss BK 4c-04-025/Z 21.04.04 vom 25. Juni 2004 angeordneten Zusammenschaltung bei der Klägerin nachfragt, mit Wirkung ab dem 23. November 2006 - befristet bis zum 30. November 2007 (Ziffer 4) - ein Entgelt in Höhe von 8,78 Cent/Minute an (Ziffer 1). Für den Zeitraum vom 30. August 2006 bis zum 22. November 2006 wurde für diese Leistung unter der aufschiebenden Bedingung, dass die im Verhältnis zwischen den Parteien mit Beschluss BK 4c-05-071/E 22.09.05 vom 1. Dezember 2005 ergangene Anordnung hinsichtlich der Terminierungsentgelte spätestens ab dem 30. September 2006 ihre Wirksamkeit deshalb endgültig verliert, weil die in ihrer Ziffer 2. enthaltene auflösende Bedingung eingetreten oder die Anordnung zumindest auch wegen der fehlenden Ausrichtung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung aufgehoben worden ist, ein Entgelt in Höhe von 9,78 Cent/Minute angeordnet. Die Anordnung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die Parteien einen schriftlichen Vertrag über die Entgelthöhe schließen (Ziffer 3). Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung der von der Klägerin beantragten Entgelte in der im Tenor der Entscheidung ersichtlichen Höhe auf § 25 Abs. 1, 5 und 6 TKG i.V.m. § 35 Abs. 3, § 31 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG beruhe. Hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit und der Höhe der beantragten Entgelte wurde auf das Parallelverfahren BK 3a/b-06-011/E 07.09.06 Bezug genommen. Nachdem am 7. März 2007 eine Zusammenschaltungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen in Kraft getreten war, der zufolge für den Verbindungsaufbau und das Halten einer Verbindung für den Gültigkeitszeitraum vom 23. November 2006 bis 30. November 2007 in den Varianten „Peak“ und „Off-peak“ jeweils ein Preis von 0,0878 €/min gilt, widerrief die Beklagte die Zusammenschaltungsanordnung vom 25. Juni 2004 und den Entgeltanordnungsbeschluss vom 16. November 2006.

5 Die Klägerin hat am 4. Dezember 2006 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten zur Anordnung höherer Entgelte in dem Zusammenschaltungsverhältnis mit der Beigeladenen begehrt. Die Beteiligten haben das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend insoweit für erledigt erklärt, als es den Anordnungszeitraum ab dem 7. März 2007 betrifft.

6 Durch Urteil vom 17. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit nicht erledigt, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Rückwirkungssperre des § 35 Abs. 5 Satz 1 bis 3 TKG finde schon deshalb keine Anwendung, weil der streitgegenständlichen Entgeltanordnung im hier streitgegenständlichen Zeitraum keine vertraglich bereits vereinbarten Entgelte zugrunde lägen, sondern die Entgelte für die Leistung V.1, die die Beigeladene bei der Klägerin aufgrund der mit Beschluss vom 25. Juni 2004 angeordneten Zusammenschaltung nachgefragt habe, angeordnet worden seien. Das Rechtsschutzbedürfnis sei auch nicht im Hinblick auf den Vertragsabschluss am 7. März 2007 für den hier infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärung nur noch streitgegenständlichen Zeitraum vom 30. August 2006 bis einschließlich 6. März 2007 teilweise entfallen; denn es seien keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Vereinbarung auch für den Zeitraum vor dem 7. März 2007 Wirkung entfalten sollte.

7 Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Anordnung eines höheren als des in Ziffer 1. und 2. des streitgegenständlichen Beschlusses für die Leistung V.1., die die Beigeladene bei der Klägerin nachfrage, angeordneten Entgelts. Dieses betrage 8,78 Cent/Minute für den Zeitraum ab dem 23. November 2006 bis 6. März 2007 und - nach Eintritt der in Ziffer 2 enthaltenen auflösenden Bedingung - 9,78 Cent/Minute für den Zeitraum vom 30. August bis 22. November 2006. Maßgeblich für die Höhe der angeordneten Entgelte sei der Beschluss der Beklagten vom 16. November 2006 - BK 3a/b-06-011/E 07.09.06 -, mit dem das von der Klägerin beantragte Entgelt für die Anrufzustellung in ihr Mobilfunknetz in entsprechender Höhe genehmigt worden sei. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses beständen weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht. Es könne offen bleiben, ob er formell rechtswidrig sei, weil die Beklagte vor der endgültigen Genehmigung der Entgelte kein Konsolidierungsverfahren im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 TKG und kein nationales Konsultationsverfahren gemäß § 15 TKG i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG durchgeführt habe. Die Klägerin könnte sich nicht erfolgreich auf die Verletzung dieser Verfahrensvorschriften berufen, da diese nicht ihre subjektiven Rechte schützen sollten, sondern allein öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt seien. Materiell seien ebenfalls keine Rechtsfehler zu erkennen. Insbesondere beruhe die Höhe des genehmigten Entgelts auf der Durchführung einer rechtlich nicht zu beanstandenden internationalen Vergleichsmarktbetrachtung. Die von der Klägerin mit dem Entgeltantrag vorgelegten Kostenunterlagen hätten zur Bestimmung der für die Genehmigung maßgeblichen Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht ausgereicht. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, den Entgeltantrag der Beigeladenen nicht gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG wegen Unvollständigkeit der Kostenunterlagen gänzlich abzulehnen, sondern auf der Grundlage einer Vergleichsmarktbetrachtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG zu genehmigen. Die wahlweise mögliche Heranziehung eines Kostenmodells nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG habe sie nachvollziehbar...

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