BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2377/16 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn L..., |
- Bevollmächtigter:
-
Rechtsanwalt Prof. Dr. Stefan König,
in Sozietät Johannes Eisenberg,
Prof. Dr. Stefan König, Dr. Stefanie Schork,
Görlitzer Straße 74, 10997 Berlin -
gegen |
a) |
den Beschluss des Landgerichts Stuttgart |
b) |
den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart |
hier: | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Hermanns,
den Richter Müller
und die Richterin Langenfeld
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Dezember 2016 einstimmig beschlossen:
- Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
I.
1. Der Beschwerdeführer betreibt seit dem Jahr 2009 als eingetragener Kaufmann den E-Mail-Dienst P... Der Dienst wirbt mit einem besonders effektiven Schutz der Kundendaten und sieht sich den Grundsätzen der Datensicherheit und der Datensparsamkeit verpflichtet. Persönliche Daten der Kunden (Bestandsdaten) werden nicht gespeichert; die Kunden können anonym auf die elektronischen Postfächer zugreifen.
2. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart führt gegen den Inhaber eines bestimmten E-Mail-Accounts bei P..., von dem lediglich der „Nickname“ bekannt ist, ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.
3. Mit Beschluss vom 25. Juli 2016 ordnete das Amtsgericht Stuttgart gemäß §§ 100a, 100b StPO die Sicherung, Spiegelung und Herausgabe aller Daten, die auf den Servern von P... bezüglich des betreffenden E-Mail-Accounts elektronisch gespeichert sind, „sowie sämtlicher bezüglich dieses Accounts künftig anfallender Daten (Inhalts- und Verkehrsdaten nebst IP-Adressen, insbesondere auch bei den zukünftigen Login-Vorgängen anfallender IP-Adressen)“ an. Die zunächst bis zum 24. September 2016 befristete Maßnahme wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 20. September 2016 bis zum 24. November 2016 verlängert.
Nach Bekanntgabe der Überwachungsmaßnahme machte der Beschwerdeführer gegenüber der Staatsanwaltschaft Stuttgart geltend, dass ihm die Verkehrsdaten der Nutzer einschließlich der IP-Adressen infolge der technischen Gestaltung des von ihm betriebenen Systems nicht zur Verfügung stünden. Nach längerem Schriftverkehr beantragte die Staatsanwaltschaft schließlich beim Amtsgericht Stuttgart die Festsetzung von Ordnungsmitteln.
4. Mit Beschluss vom 9. August 2016 setzte das Amtsgericht Stuttgart gegen den Beschwerdeführer gemäß § 100b Abs. 3 Satz 3, § 95 Abs. 2 Satz 1, § 70 Abs. 1 StPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 Euro, ersatzweise sieben Tage Ordnungshaft, fest. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sei der Beschwerdeführer verpflichtet, seine technischen Einrichtungen so zu gestalten, dass die Erhebung der Daten gewährleistet sei.
5. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. August 2016 Beschwerde ein. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens rügte er insbesondere, dass eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage...