BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2588/18 -
über
die Verfassungsbeschwerde
1. |
der M… GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. M…, |
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und 142 weitere Beschwerdeführer, |
- Bevollmächtigte:
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Rechtsanwälte Graf Kanitz, Schüppen & Partner,
Pariser Platz 7, 70173 Stuttgart -
gegen |
a) |
den Beschluss des Landgerichts München I vom 28. November 2018 - 14 T 12593/18 -, |
b) |
den Beschluss des Amtsgerichts München vom 14. August 2018 - 1511 IN 2637/17 - |
hier: | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Hermanns,
den Richter Müller
und die Richterin Langenfeld
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Dezember 2018 einstimmig beschlossen:
- Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
I.
1. Die 143 Beschwerdeführer halten insgesamt etwa 40 % der Aktien der S… AG (Schuldnerin). Das Amtsgericht eröffnete am 1. Dezember 2017 auf den Eigenantrag der Schuldnerin ein Insolvenzverfahren über deren Vermögen, ordnete Eigenverwaltung an und bestellte einen Sachwalter; dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Im Erörterungs- und Abstimmungstermin am 23. Juli 2018 wurde der von der Schuldnerin vorgelegte Insolvenzplan von allen Gruppen mit Ausnahme der Gruppe der Aktionäre mit der erforderlichen Mehrheit angenommen. Er sieht eine Übertragung aller Aktien auf die Gläubigerin S… (nachfolgend: Investor) vor. Anschließend soll das Grundkapital im Wege einer vereinfachten Kapitalherabsetzung auf 0 € herabgesetzt und sodann durch kombinierte Bar- und Sachkapitalerhöhung auf 1 Mio. € heraufgesetzt werden. Der Investor verpflichtete sich, für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans bestimmte Maßnahmen vorzunehmen; zudem erklärte er für diesen Fall die Annahme der Abtretung aller Altaktien und aller Ansprüche betreffend dieser. Diese Verpflichtungen und die Annahmeerklärung sollten ursprünglich zum 30. September 2018 entfallen. Mit Schreiben vom 24. September 2018 verlängerte der Investor diese Frist bis zum 31. Oktober 2018.
Mit Beschluss vom 14. August 2018 bestätigte das Amtsgericht den Insolvenzplan und ersetzte die Zustimmung der Gruppe der Aktionäre wegen eines Verstoßes gegen das Obstruktionsverbot (§ 245 InsO).
2. a) Hiergegen legten die Beschwerdeführer gemeinsam mit weiteren Aktionären der Schuldnerin am 28. August 2018 sofortige Beschwerde ein. Mit Schriftsätzen vom 7. und vom 11. September 2018 beantragte die Schuldnerin, die sofortige Beschwerde im Verfahren gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO zurückzuweisen. Die Beschwerdeführer nahmen mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 erneut Stellung. Das Landgericht beauftragte mit Beschluss vom 29. Oktober 2018 zunächst einen Sachverständigen mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens. Es sollte geklärt werden, ob die Aktionäre durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden und ob der Investor aufgrund des Plans wirtschaftliche Werte erhalte, die den vollen Betrag seines Anspruchs überstiegen. Der Investor gab gegenüber der Schuldnerin am 30. Oktober 2018 die Erklärung ab, dass sämtliche Verpflichtungen aus der Verpflichtungserklärung sowie die Annahmeerklärung nicht am 31. Oktober 2018, sondern am 30. November 2018 entfielen, sofern zu diesem Datum der Beschluss über die Bestätigung des Insolvenzplans noch nicht rechtskräftig sei. Die Schuldnerin wiederholte mit Schriftsatz vom 23. November 2018 ihren Antrag auf Entscheidung im Verfahren gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO. Mit einem am 26. November 2018 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz beantragte auch der Sachwalter eine Entscheidung in dieser Verfahrensart. Diese beiden Schriftsätze sind den Beschwerdeführern nach ihrem Vortrag nicht zugegangen.
b) Das Landgericht übertrug durch Beschluss vom 27. November 2018 das Verfahren auf die Kammer und wies die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 28. November 2018 im Freigabeverfahren gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht aus:
aa) Es liege kein besonders schwerer Rechtsverstoß im Sinne des § 253 Abs. 4 Satz 2 InsO vor. Insbesondere ließen weder die Ersetzung der Zustimmung der Gruppe der Aktionäre gemäß § 245 InsO noch die Unternehmensbewertung auf der Grundlage zweier von der Schuldnerin und dem Sachwalter eingeholter Gutachten einen solchen erkennen. Die von der Beschwerde im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 22. Oktober 2018 hierzu vorgebrachten Gründe griffen nicht durch. Das Amtsgericht habe den Vortrag der Beschwerdeführer in seiner Entscheidung ersichtlich berücksichtigt, weshalb auch ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht offensichtlich auf der Hand liege. Behauptete Verfahrensverstöße, die möglicherweise zur Begründetheit der sofortigen Beschwerde führen könnten, würden im Rahmen des beschleunigten Freigabeverfahrens nicht geprüft.
bb) Im Rahmen des Freigabeverfahrens gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO erscheine bei der gebotenen summarischen...