Beschluss vom 22.09.2017 - BVerwG 2 C 8.17

JurisdictionGermany
Judgment Date22 Septiembre 2017
Neutral CitationBVerwG 2 C 8.17
Subject MatterBesoldungsrecht
Registration Date10 Abril 2018
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number220917B2C8.17.0

BVerwG 2 C 8.17

  • VG Berlin - 09.11.2012 - AZ: VG 26 K 211.10
  • OVG Berlin-Brandenburg - 14.12.2016 - AZ: OVG 4 B 29.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Dr. Hartung, Dr. Kenntner und Dr. Günther
am 22. September 2017 beschlossen:

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Dem Bundesverfassungsgericht wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob
  3. - Anlage IV Nummer 1 zu § 20 Absatz 1 und 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der am 31. August 2006 geltenden Fassung des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798 - Grundgehaltssätze der Bundesbesoldungsordnung A ab 1. August 2004),
  4. soweit sie die Besoldungsgruppe A 10 im Land Berlin vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Juli 2010 betrifft (Artikel 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 85 des Bundesbesoldungsgesetzes,
  5. - Anlage 1 Nummer 1 zu § 2 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011 vom 8. Juli 2010 (GVBl. S. 362 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2010),
  6. soweit sie die Besoldungsgruppe A 10 betrifft;
  7. - Anlage 1 des Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin vom 29. Juni 2011 (GVBl. S. 306 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2011),
  8. - Anlage 1 Nummer 1 zu Artikel I § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2012/2013 vom 21. September 2012 (GVBl. S. 291 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2012) und
  9. - Anlage 16 Nummer 1 zu Artikel I § 2 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2012/2013 vom 21. September 2012 (GVBl. S. 291 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2013),
  10. soweit sie die Besoldungsgruppe A 11 betreffen,
  11. - Anlage 1 Nummer 1 zu Artikel I § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2014/2015 und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 9. Juli 2014 (GVBl. S. 250 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2014) und
  12. - Anlage 15 Nummer 1 zu Artikel I § 2 Absatz 4 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2014/2015 und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 9. Juli 2014 (GVBl. S. 250 - Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2015),
  13. soweit sie die Besoldungsgruppe A 12 betreffen,
  14. mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes vereinbar sind.
Gründe I

1 Der Kläger ist Beamter im Feuerwehrdienst des beklagten Landes Berlin. Er begehrt die Feststellung, dass seine Alimentation in den Jahren 2008 bis 2015 nicht amtsangemessen war.

2 1. Maßgebliche Rechtsvorschriften

3 Rechtsgrundlage für die Besoldung der Beamten in Berlin war bis zum 31. Juli 2010 Anlage IV Nr. 1 zu § 20 Abs. 1 und 2 BBesG in der am 31. August 2006 geltenden Fassung (Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 85 BBesG). Hinsichtlich der Grundgehaltssätze für die A-Besoldung hat der Landesgesetzgeber bis dahin keine Regelung getroffen, sodass die bundesrechtlichen Bestimmungen fortgegolten haben. Anderes gilt für den Familienzuschlag, der bereits durch das Gesetz zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 1. Oktober 2008 (GVBl. S. 272) durch eine eigene Anlage III ersetzt worden ist.

4 Ab 1. August 2010 sind die Grundgehaltssätze der Anlagen zum Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung durch § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für Berlin 2010/2011 (BerlBVAnpG 2010/2011) vom 8. Juli 2010 (GVBl. S. 362) um 1,5 % erhöht worden. Die Besoldungshöhe ergab sich damit aus Anlage 1 Nr. 1 zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BerlBVAnpG 2010/2011.

5 Durch § 2 Abs. 3 Satz 1 BerlBVAnpG 2010/2011 sind die Bezüge ab 1. August 2011 mit den sich ab dem 1. August 2010 ergebenden Beträgen um 2 % erhöht worden. Die ab 1. August 2011 gültigen Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A sind in Anlage 15 Nr. 1 zu § 2 Abs. 3 Satz 2 BerlBVAnpG 2010/2011 ausgewiesen. Die Regelung ist aber vor ihrem Inkrafttreten durch ein neues Gesetz überholt worden. Mit Wirkung vom 1. Juli 2011 hat das beklagte Land Berlin von der durch Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Ersetzungsbefugnis umfassend Gebrauch gemacht. Durch Art. III § 1 Nr. 3 des Zweiten Dienstrechtsänderungsgesetzes vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266) ist in das Landesbesoldungsgesetz ein § 1b eingefügt worden. Danach gelten die bundesrechtlichen Besoldungsbestimmungen (nach Maßgabe der bereits angeordneten landesrechtlichen Modifikationen) als Landesrecht fort. Die Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2011 sind durch Anlage 1 des Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin vom 29. Juni 2011 (GVBl. S. 306) neu gefasst worden.

6 Die Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2012 sind in Anlage 1 Nr. 1 zu Art. I § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2012/2013 (BerlBVAnpG 2012/2013) vom 21. September 2012 (GVBl. S. 291) ausgewiesen.

7 Durch dieses Gesetz ist zugleich die Besoldungsanpassung ab 1. August 2013 geregelt: Nach Art. I § 2 Abs. 3 Satz 1 BerlBVAnpG 2012/2013 werden die sich ab dem 1. August 2012 ergebenden Beträge um 2 % erhöht. Die Grundgehaltssätze des Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2013 sind in Anlage 16 Nr. 1 zu Art. I § 2 Abs. 3 BerlBVAnpG 2012/2013 ausgewiesen.

8 Die Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2014 sind in Anlage 1 Nr. 1 zu Art. I § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2014/2015 und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften (BerlBVAnpG 2014/2015) vom 9. Juli 2014 (GVBl. S. 250) ausgewiesen.

9 Durch dieses Gesetz ist zugleich die Besoldungsanpassung ab 1. August 2015 geregelt: Nach Art. I § 2 Abs. 4 BerlBVAnpG 2014/2015 werden die sich ab dem 1. August 2014 ergebenden Beträge um 3,2 % erhöht. Die Grundgehaltssätze der Landesbesoldungsordnung A ab 1. August 2015 sind in Anlage 15 Nr. 1 zu Art. I § 2 Abs. 4 BerlBVAnpG 2014/2015 ausgewiesen.

10 2. Ausgangsverfahren

11 Der 1965 geborene Kläger steht seit 1986 als Beamter im Dienst des Beklagten. Als Brandoberinspektor erhielt er ab 2006 Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 10, nach seiner Beförderung zum Brandamtmann im Jahr 2011 wurde er nach der Besoldungsgruppe A 11 besoldet und seit 2014 hat der Kläger das Amt eines Brandamtsrats der Besoldungsgruppe A 12 inne. Der Kläger ist verheiratet und Vater von sieben Kindern.

12 Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 verwies der Kläger darauf, dass die letzte Besoldungsanpassung im Jahr 2004 gewährt worden sei und beantragte, ihm eine den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG entsprechende Besoldungserhöhung zu gewähren. Mit Bescheid vom 29. Juli 2009 lehnte der Polizeipräsident in Berlin die Zahlung einer höheren Besoldung ab, weil die Alimentation den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspreche. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er durch Bescheid vom 13. Oktober 2010 zurück.

13 Die mit dem Ziel der Feststellung einer verfassungswidrigen Unteralimentation seit Januar 2008 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 9. November 2012 als unbegründet ab. Soweit der Kläger überdies höhere Familienzuschläge ab dem 3. Kind geltend gemacht hat, ist das Verfahren im Berufungsverfahren abgetrennt worden.

14 Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 14. Dezember 2016 zurückgewiesen. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Besoldung im Land Berlin in den Jahren 2008 bis 2015 in einer gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoßenden Weise verfassungswidrig zu niedrig bemessen sei.

15 Zwar ergäben sich teilweise aus einer Gegenüberstellung der Anpassung der Besoldung mit der Entwicklung der Einkommen der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst und mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindex Indizien für eine evidente Unteralimentierung. Für keines der maßgeblichen Besoldungsjahre seien aber mindestens drei von fünf zur Konkretisierung des Evidenzkriteriums herangezogenen Parameter erfüllt, sodass keine Vermutung der evidenten Unangemessenheit der Bezüge vorliege. Anlass für eine umfassende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bestehe damit nicht.

16 Dabei hat das Berufungsgericht ausdrücklich ausgesprochen, dass es keiner Korrektur des Zahlenwerks zum Nominallohnindex in Berlin bedürfe. Vielmehr spiegele der Nominallohnindex bezogen auf Berlin eine gesamtgesellschaftliche Situation wider, in die auch die Berliner Landesbeamten einbezogen seien. Im Übrigen habe auch das Bundesverfassungsgericht bei der von ihm praktizierten Kontrolle keine Berücksichtigung landesspezifischer Besonderheiten für erforderlich gehalten. Aus diesem Grunde erfordere auch der Charakter eines Stadtstaates keine abweichende Beurteilung. Der Umstand, dass in der Bundeshauptstadt Berlin eine große Zahl von Bundesbeamten beschäftigt sei, für die eine andere Besoldung gelte, gehe auf die Neuordnung der Kompetenzverteilung im Grundgesetz zurück und sei durch die damit eröffnete Befugnis zum Erlass jeweils eigener...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT