Beschluss vom 24. Juni 2010 - 1 BvR 3332/08
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100624.1bvr333208 |
Judgement Number | 1 BvR 3332/08 |
Citation | BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juni 2010 - 1 BvR 3332/08 - Rn. (1-22), |
Date | 24 Junio 2010 |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 3332/08 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...,
Waldstraße 22, 82049 Pullach -
gegen a) | den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 21. November 2008 - 13 W 1413/08 -, |
b) | den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 15. September 2008 - 13 W 1413/08 - |
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof
und die Richter Bryde,
Schluckebier
am 24. Juni 2010 einstimmig beschlossen:
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 15. September 2008 - 13 W 1413/08 - über die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe verletzt den Beschwerdeführer in seinen verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 21. November 2008 - 13 W 1413/08 - ist damit gegenstandslos.
- Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
- Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
I.
1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein zivilgerichtliches Prozesskostenhilfeverfahren.
Der Beschwerdeführer nimmt im Ausgangsverfahren den Vater seiner früheren Frau (im Folgenden: Beklagter) auf Zahlung von etwa 325.000 € in Anspruch. Beschwerdeführer und Beklagter sind iranische Staatsbürger, leben aber seit Jahrzehnten in Deutschland. Parallel zur Klage stellte der Beschwerdeführer Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung seines Anspruchs trug er im Wesentlichen folgendes vor: Er, der Beschwerdeführer, sei Geschäftsführer einer Teppichhandels GmbH gewesen, an der sich der Beklagte mit einer Einlage von rund 290.000 € still beteiligt habe. Als Sicherheit für die Rückzahlung der Beteiligung habe er dem Beklagten Ende 1999 sein Haus in Teheran angeboten. Auf die Beteiligung seien rund 160.000 € zurückgezahlt worden. Überdies habe der Beklagte Teppiche im Wert von rund 125.000 € aus der Firma entnommen. Nachdem die GmbH wegen Vermögenslosigkeit nicht mehr fortgeführt worden sei, habe die GmbH sämtliche Ansprüche gegen den Beklagten an ihn abgetreten. Im Jahr 2006 habe der Beklagte sein, des Beschwerdeführers, Haus im Wert von 330.000 € verwertet. Der Klageanspruch ergebe sich folglich aus der Summe der Rückzahlungen, des Wertes der entnommenen Teppiche und des Hauses in Teheran abzüglich der vom Beklagten geleisteten Beteiligung.
Wegen Überlastung des Landgerichts wurde über den Prozesskostenhilfeantrag des Beschwerdeführers erst nach einem Jahr entschieden. Das Landgericht wies den Antrag zurück, weil die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Klage sei trotz Hinweises des Gerichts nach wie vor unschlüssig und unsubstantiiert.
Nachdem der Beschwerdeführer gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt hatte, übertrug der Einzelrichter beim Oberlandesgericht die Sache wegen „besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art“ gemäß § 568 Satz 2 Nr. 1 Var. 2 ZPO durch Beschluss vom 15. September 2008 auf den Senat.
Am selben Tag wies der Senat des Oberlandesgerichts die sofortige Beschwerde fünf Monate nach der landgerichtlichen Entscheidung durch die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung zurück. In seinem 21-seitigen Beschluss arbeitete das...
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