BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2506/16 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn Dr. O…, |
- Bevollmächtigte:
-
… -
gegen |
§ 217 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (Bundesgesetzblatt I Seite 2177) |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 27. Februar 2020 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für die Verfassungsbeschwerde zu erstatten.
- Der Gegenstandswert der Verfassungsbeschwerde wird auf 30.000 Euro (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
I.
1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen § 217 des Strafgesetzbuches (StGB) in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177). Die Vorschrift bedroht denjenigen mit Strafe, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt.
2. Der Beschwerdeführer ist niedergelassener Arzt, der palliativmedizinisch auch letal erkrankte Patienten behandelt. Bis zum Inkrafttreten des § 217 StGB erörterte er mit diesen Patienten unter anderem die Möglichkeit eines assistierten Suizids in der Schweiz durch einen dort ansässigen Verein. Die Beratung des Beschwerdeführers erstreckte sich sowohl auf medizinische Einzelfragen der Suiziddurchführung als auch auf medizinisch-technische und organisatorische Problemstellungen einer Anreise in die Schweiz. Des Weiteren sieht der Beschwerdeführer sich zur sachgerechten schmerztherapeutischen Versorgung schwerkranker Patienten dazu gezwungen, Schmerzmittel für den Eigengebrauch zu verschreiben, die in ihrer Gesamtdosis und bei missbräuchlicher Verwendung letal wirken können.
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, diese Formen der Beratung und Behandlung seiner Patienten unter Geltung des § 217 StGB jedenfalls dann nicht fortsetzen zu können, ohne sich strafbar zu machen, wenn er um Selbsttötungsgedanken oder einen früher geäußerten Selbsttötungswunsch des Patienten wisse. Er sieht sich dadurch in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.