BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1624/16 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn Dr. W…, |
- Bevollmächtigte:
-
… -
gegen |
§ 217 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (Bundesgesetzblatt I Seite 2177) |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 27. Februar 2020 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für die Verfassungsbeschwerde zu erstatten.
- Der Gegenstandswert der Verfassungsbeschwerde wird auf 30.000 Euro (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
I.
1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen § 217 des Strafgesetzbuches (StGB) in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177). Die Vorschrift bedroht denjenigen mit Strafe, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt.
2. Der Beschwerdeführer leidet infolge einer fehlerhaften orthopädischen Behandlung an schweren gesundheitlichen Schäden, insbesondere einer Querschnittslähmung, aufgrund der er bei wesentlichen Abläufen in seinem Alltag auf die Unterstützung Dritter angewiesen ist. Für den Fall einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und einer Intensivierung der von ihm als persönliche Belastung empfundenen Abhängigkeit von der Hilfe Dritter war der Beschwerdeführer bestrebt, über den deutschen Ableger die Zusage des in der Schweiz ansässigen Vereins D. für eine Suizidassistenz zu erhalten. Mit Inkrafttreten des Verbots der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in § 217 StGB haben die Vereine die Beratung des Beschwerdeführers eingestellt und von der Zusage einer Suizidassistenz abgesehen.
Der Beschwerdeführer sieht sich deshalb durch § 217 StGB in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK verletzt. Die von ihm in freier Verantwortung getroffene Entscheidung, Vorbereitungen für einen begleiteten Suizid zu treffen und sein Leben im Fall einer Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands mit fremder Hilfe zu beenden, stelle eine höchstpersönliche Entscheidung dar,...