Beschluss vom 28. September 2023 - 2 BvR 739/17
ECLI | ECLI:DE:BVerfG:2023:rs20230928.2bvr073917 |
Judgement Number | 2 BvR 739/17 |
Date | 28 Septiembre 2023 |
Citation | BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. September 2023 - 2 BvR 739/17 -, Rn. 1-28, |
Court | Constitutional Court (Germany) |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 739/17 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn (…), |
gegen |
das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht in Verbindung mit dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht |
und | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hier: Sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss |
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsidentin König,
Müller,
Kessal-Wulf,
Maidowski,
Langenfeld,
Wallrabenstein,
Fetzer,
Offenloch
am 28. September 2023 beschlossen:
- Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Zweiten Senats vom 10. Mai 2023 aufgehoben, soweit die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten sowie Tage- und Abwesenheitsgelder für die Akteneinsichtnahmen am 22. November 2017 und am 15. März 2018 abgelehnt wurde. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Entscheidung über die Höhe der zu erstattenden Kosten an die Rechtspflegerin zurückverwiesen.
- Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Zweiten Senats.
1. Der Beschwerdeführer legte mit Schriftsatz vom 31. März 2017 Verfassungsbeschwerde gegen ein von Bundestag und Bundesrat beschlossenes Gesetz ein und stellte zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Vorsitzende des Zweiten Senats ordnete daraufhin die Zustellung der Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 94, 77 BVerfGG an und gab der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein, dem Präsidenten des Europäischen Patentamts, der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR e.V.), der European Patent Lawyers Association, der European Patent Litigators Association und dem Bundesverband der Deutschen Industrie nach § 27a BVerfGG Gelegenheit zur Stellungnahme. Alle Empfänger konnten sich bis zum 31. Dezember 2017 äußern. Dem Beschwerdeführer wurde dabei jeweils mitgeteilt, welchen Stellen bis wann Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde und dass ihm beim Gericht eingehende Stellungnahmen zur Kenntnis gebracht würden. Der Vorsitzende ordnete mit Verfügung vom 7. Februar 2018 die Übersendung der eingegangenen Stellungnahmen auch an den Beschwerdeführer an, wobei das gefertigte Schreiben nebst Anlagen nach Aktenlage am 21. Februar 2018 versandt wurde.
2. Im Laufe des Verfahrens beantragte der Beschwerdeführer mehrfach die Gewährung von Akteneinsicht. Das Gericht kam den ersten beiden Gesuchen vom 17. Oktober 2017 und vom 9. Februar 2018 in der Weise nach, dass es dem Beschwerdeführer am 22. November 2017 und am 15. März 2018 jeweils ermöglichte, die Verfahrensakten am Gerichtssitz einzusehen.
3. Mit Beschluss vom 13. Februar 2020 gab der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde statt und ordnete die Erstattung notwendiger Auslagen gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG an (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17 -). Auf Antrag des Beschwerdeführers ordnete der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 ergänzend an, dass die Bundesrepublik Deutschland dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen sowohl für das Hauptsacheverfahren als auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten habe und setzte den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers für das Hauptsacheverfahren auf 250.000 Euro und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 125.000 Euro fest.
II.
1. Der Beschwerdeführer beantragte zuletzt, für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Kosten in Höhe von 3.047,35 Euro und für das Verfassungsbeschwerdeverfahren Kosten in Höhe von 5.392,01 Euro festzusetzen. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung machte er eine 1,6-Verfahrensgebühr, eine Pauschale für Post und Telekommunikation sowie Umsatzsteuer geltend, im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine 1,6-Verfahrensgebühr, Auslagen für die Erstellung von insgesamt 2.420 Mehrfertigungen, Reisekosten für die An- und Abreise zur Akteneinsicht am 22. November 2017 und am 15. März 2018 mit der Bahn nebst Tage- und Abwesenheitsgeldern, eine Pauschale für Post und Telekommunikation sowie Umsatzsteuer.
2. Das hierzu angehörte Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz führte aus, dass gegen die Höhe der geltend gemachten Gebühren keine Bedenken bestünden, dagegen die Erstattungsfähigkeit der Auslagen – konkret von Kopier- und Reisekosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld – bestritten werde. Soweit der Beschwerdeführer Kopierkosten geltend mache, die dadurch entstanden seien, dass er mit der Verfassungsbeschwerde zwei Doppel eingereicht habe, seien diese nicht erstattungsfähig. Er sei hierzu weder durch eine Rechtsvorschrift verpflichtet gewesen, noch habe das Gericht ihn hierzu aufgefordert. Auch die geltend gemachten Reisekosten und Tagegelder für die zweimalige Akteneinsicht seien nicht erstattungsfähig, weil diese nicht notwendig gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei innerhalb von nicht einmal vier Monaten zweimal zur Akteneinsicht nach Karlsruhe gereist. Zu diesen Zeitpunkten habe die Akte nur Bestandteile enthalten, die dem Beschwerdeführer ohnehin bekannt gewesen seien. Aus Sicht einer verständigen Partei könnten die Reisen nach Karlsruhe nicht als sachdienlich erachtet werden.
3. Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf, dass die Anfertigung von Kopien der Schrift-sätze deshalb notwendig gewesen sei, weil das Gericht die Zustellung der Verfassungsbeschwerde veranlasst habe. Hierfür habe es auf die eingereichten Mehrfertigungen zurückgegriffen. Er habe erstmals Akteneinsicht beantragt, nachdem das Verfahren ein großes öffentliches Interesse hervorgerufen habe. Die Geschäftsstelle des Zweiten Senats habe ihm am 9. November 2017 mitgeteilt, dass die Verfahrensakte zu diesem Tag 1.642 Seiten umfasst habe. Die Beschwerdeschrift nebst Anlagen habe aber lediglich 851 Seiten umfasst. Der in der Sache tätige wissenschaftliche Mitarbeiter habe mitgeteilt, es gehe „sehr viel Korrespondenz“ in der Sache ein, ohne spezifischer werden zu wollen. Die Akteneinsicht sei daher zur Klärung des Inhalts der Gerichtsakte notwendig gewesen, um auf nicht bekannte Inhalte reagieren zu können. Nach einer Mitteilung der Geschäftsstelle wären für die Übersendung einer Kopie der Verfahrensakte Schreibauslagen in Höhe von 263,80 Euro angefallen, weshalb der Beschwerdeführer eine persönliche Reise zum Gericht vorgezogen habe. Die zweite Akteneinsicht sei notwendig gewesen, nachdem die Beteiligten bis zum 31. Dezember 2017 hätten Stellungnahmen einreichen können, dem Beschwerdeführer jedoch bis Anfang Februar 2018 weder die Stellungnahmen zugeleitet worden seien, noch er trotz wiederholter Versuche eine belastbare...
Um weiterzulesen
FORDERN SIE IHR PROBEABO AN-
Beschluss vom 11. Dezember 2023 - Vz 5/23
...- 2 BvR 739/17 - Vz 5/23 - In dem Verfahren über die Verzögerungsbeschwerde des Herrn Dr. (…), gegen die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 739/17 hat die Beschwerdekammer des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterinnen Wallrabenste......
-
Beschluss vom 11. Dezember 2023 - Vz 5/23
...- 2 BvR 739/17 - Vz 5/23 - In dem Verfahren über die Verzögerungsbeschwerde des Herrn Dr. (…), gegen die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 739/17 hat die Beschwerdekammer des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterinnen Wallrabenste......