Beschluss vom 30.05.2023 - BVerwG 5 B 13.22

JurisdictionGermany
Judgment Date30 Mayo 2023
Neutral CitationBVerwG 5 B 13.22
ECLIDE:BVerwG:2023:300523B5B13.22.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 30.05.2023 - 5 B 13.22 -
Record Number300523B5B13.22.0
Registration Date24 Julio 2023
Subject MatterEntschädigungsrecht nach Art. 8 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Applied RulesVwGO § 108 Abs. 1 Satz 1, § 132 Abs. 2,GVG § 198 Abs. 1, 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 3

BVerwG 5 B 13.22

  • OVG Berlin-Brandenburg - 22.02.2022 - AZ: 3 A 2/21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Mai 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Februar 2022 wird zurückgewiesen
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 606,50 Euro festgesetzt
Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg, weil sie teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.

2 1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

3 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m. w. N. und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - juris Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m. w. N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

4 Die Beschwerde bemängelt, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei "unter [...] Willkürgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG) verfahrensfehlerhaft". Der "Anspruch auf willkürfreie Rechtsanwendung", der hier als Korrektiv heranzuziehen sei, sei verletzt. Das Oberverwaltungsgericht habe "eine wirksame Verzögerungsrüge gem. § 198 Abs. 3 S. 1 GVG" mit unhaltbarer Begründung verneint. Seine Erwägungen stünden "- in Ansehung des tatsächlichen Vortrages der Kläger und des tatsächlichen Ablaufs - in diametralem Widerspruch zum tatsächlichen Vortrag, zum Ablauf des Verfahrens und der Aktenlage" und seien daher "unsachlich und schlichtweg unhaltbar".

5 a) Soweit in dem Vorbringen der Beschwerde in Bezug auf die Regelung des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG der Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung zum Ausdruck gebracht wird, vermag sie mit dieser Rüge einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zu begründen. Ein solcher Mangel - läge er denn vor - beträfe die Auslegung und Anwendung materiellen Rechts und wäre nicht geeignet, einen Mangel im gerichtlichen Verfahren darzutun (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 2003 - 9 B 64.02 - juris Rn. 6 und vom 16. Februar 2012 - 9 B 71.11 - NVwZ 2012, 1490 Rn. 8 m. w. N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 15. April 2021 - 6 B 3.21 - juris Rn. 7).

6 b) Soweit dem Vortrag der Beschwerde der Vorwurf willkürlicher Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu entnehmen ist, könnte dies zwar auf einen Verstoß gegen eine Verfahrensregelung - nämlich den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO - führen. Einen von dieser Vorschrift erfassten Verfahrensfehler zeigt die Beschwerde jedoch nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auf.

7 aa) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht aus seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Obgleich die Beschwerde diese Regelung nicht bezeichnet und den behaupteten Verfahrensmangel in seiner rechtlichen Würdigung auch sonst nur rudimentär darlegt, lässt sich ihren Ausführungen bei verständiger Würdigung der Sache nach entnehmen, dass sie mit diesen eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügen will. Dafür spricht ihr Vorbringen, das Oberverwaltungsgericht habe die Schriftsätze der Kläger im Ausgangsverfahren hinsichtlich des von ihnen beabsichtigten prozessualen Vorgehens mit Blick auf den tatsächlichen Verfahrensablauf und die Aktenlage in unvertretbarer und sachwidriger Weise ausgelegt; die "willkürliche Sachbehandlung durch Unterstellung eines völlig sachfremden und nicht gegebenen Sachverhaltes und Verfahrensablaufs" stelle einen Verfahrensverstoß dar.

8 bb) Mit ihrem Vorbringen zeigt die Beschwerde jedoch einen entsprechenden Verfahrensmangel nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen nicht auf.

9 Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts als Revisionsgericht nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Würdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Ein Verfahrensfehler in Form der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann vorliegen, wenn die angegriffene Entscheidung der Vorinstanz von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Im Übrigen ist...

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