Beschluss vom 30.10.2018 - BVerwG 3 B 2.18

JurisdictionGermany
Judgment Date30 Octubre 2018
Neutral CitationBVerwG 3 B 2.18
Subject MatterLebensmittelrecht und Recht der Ernährungswirtschaft
Registration Date28 Noviembre 2018
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number301018B3B2.18.0

BVerwG 3 B 2.18

  • VG Lüneburg - 06.06.2016 - AZ: VG 6 A 121/15
  • OVG Lüneburg - 27.09.2017 - AZ: OVG 13 LC 146/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Oktober 2018
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren wird auf 84,80 € festgesetzt.
Gründe

1 1. Der Rechtsstreit betrifft die Gebührenerhebung für Regelüberprüfungen im Bereich der Lebensmittelüberwachung.

2 Die Klägerin betreibt Lebensmitteleinzelhandelsmärkte in Deutschland, sie hat unter anderem eine Filiale in A. Dort führten Mitarbeiter des beklagten Landkreises im März 2015 eine Betriebskontrolle zur Lebensmittelüberwachung durch. Mit Bescheid vom 24. März 2015 setzte der Beklagte hierfür gegenüber der Klägerin eine Gebühr in Höhe von 133,80 € fest, die sich aus einem Ansatz von 48,00 € für die Kontrolltätigkeit, 72,00 € für die An- und Abfahrt sowie 13,80 € für Fahrtkostenauslagen zusammensetzte.

3 Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin insbesondere vor, anlasslose Routinekontrollen dürften ihr nicht in Rechnung gestellt werden. Eine bloße Änderung der Gebührenverordnung reiche hierfür nicht aus. Die angefochtene Gebührenfestsetzung verstoße gegen den verfassungsrechtlich und durch das Bundesgebührengesetz bundesrechtlich abschließend definierten Gebührenbegriff, den Vorbehalt des Gesetzes und das Bestimmtheitsgebot. Im Übrigen seien die Kontrollen nicht erforderlich, weil die Klägerin selbst ein umfassendes Eigenkontroll- und Qualitätssicherungssystem etabliert habe. Beanstandungen habe es in dieser Filiale in den letzten Jahren auch nicht gegeben.

4 In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hob der Beklagte den angefochtenen Gebührenbescheid auf, soweit zusätzlich zur Mindestgebühr noch weitere 23 € für den Zeitaufwand des Lebensmittelkontrolleurs festgesetzt worden sind. Diesbezüglich haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und das Verwaltungsgericht hat das Verfahren eingestellt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

5 Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht den Gebührenbescheid aufgehoben, soweit die Kostenfestsetzung einen Betrag von 84,80 € übersteigt. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und insoweit zur Begründung ausgeführt: Der Gebührenbescheid fände in den Vorschriften des niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes und der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens eine wirksame Rechtsgrundlage. Danach könne für die Amtshandlung der Durchführung planmäßiger Routinekontrollen in einem Lebensmittelunternehmen eine Gebühr erhoben werden. Durch den Betrieb gebe der Lebensmittelunternehmer einen hinreichenden Anlass zur Vornahme der Amtshandlung und sei damit auch zur Entrichtung der hierfür anfallenden Gebühr verpflichtet. Diese Auslegung stehe mit den unions- und verfassungsrechtlichen Vorgaben im Einklang. Die Bestimmungen des Bundesgebührengesetzes - aus denen sich in der Sache ebenfalls nichts anderes ergebe - seien auf die Erhebung von Gebühren und Auslagen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschränkt.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

7 2. Die Beschwerde zeigt keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

8 a) Die von ihr bezeichnete Frage,
"handelt es sich bei anlassunabhängigen, amtlichen Routinekontrollen, bei denen Rechtsverstöße nicht festgestellt werden, um eine individuell zurechenbare, öffentliche Leistung im Sinne des verfassungsrechtlich determinierten Gebührenbegriffs?",
lässt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten, soweit dies im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich ist. Neuen oder zusätzlichen Klärungsbedarf legt die Beschwerde nicht dar.

9 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht das Grundgesetz der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, die einen Sondervorteil ausgleichen sollen, nicht entgegen. Die Zulässigkeit einer derartigen Geldleistungspflicht setzt eine gesetzliche Grundlage voraus, aus der sich die rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ergibt. Für diese Vorzugslasten gibt es keinen verfassungsrechtlich eigenständigen Begriff. Als Gebühren werden öffentlich-rechtliche Geldleistungen bezeichnet, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch...

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