BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1082/20 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn P…, |
- Bevollmächtigte:
-
… -
gegen |
den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. April 2020 - L 16 KR 153/20 B ER - |
und | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
und | Antrag auf Erstattung der Auslagen |
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Harbarth,
die Richterin Britz
und den Richter Radtke
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. Juli 2020 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
- Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG)
- Der Antrag auf Erstattung der Auslagen wird abgelehnt, weil die Voraussetzungen nach § 34a Absatz 2 oder Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht vorliegen
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine LDL-Apherese im Rahmen eines sozialgerichtlichen Eilverfahrens.
1. Der 1986 geborene Beschwerdeführer ist gesetzlich krankenversichert. Er erlitt im März 2019 einen Myokardinfarkt aufgrund einer koronaren Eingefäßerkrankung; die Koronararterie wurde mit einem Ballonkatheter aufgedehnt und ein mit Medikamenten beschichteter Stent eingesetzt. Der Beschwerdeführer begehrt die Therapie einer Hyperlipoproteinämie (a) von 90 mg/dl mittels LDL-Apherese. Basierend auf einer Stellungnahme der beratenden Kommission der Kassenärztlichen Vereinigung zu Indikationsstellungen zur Apherese lehnte die gesetzliche Krankenversicherung des Beschwerdeführers den Antrag auf Bewilligung der LDL-Apherese ab.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein und beantragte beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Rechtsweg blieb erfolglos. Das Sozialgericht sowie das Landessozialgericht gingen davon aus, dass der Beschwerdeführer keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Nach der Begründung des Landessozialgerichts seien weder die medizinischen Voraussetzungen für eine Therapie mittels LDL-Apherese erfüllt, noch liege ein positives Beratungsergebnis der Apherese-Kommission vor. Nach Auslegung von § 6 der Anlage I.1. der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung binde das Beratungsergebnis der Kommission die gesetzliche Krankenkasse des Versicherten. Die Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 der Anlage I.1. der genannten Richtlinie seien nicht erfüllt, weil der Wert des LDL-Cholesterin nicht im Normbereich liege und die Dokumentation eines Infarktes ohne klinische und durch bildgebende Verfahren dokumentierte Progredienz nicht ausreiche. Eine Apheresebehandlung komme zudem als „ultima-ratio“-Lösung in Betracht. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen habe angegeben, dass die Therapiemaßnahmen noch nicht erschöpft seien, auch wenn zur Senkung einer isolierten Lp(a)-Erhöhung derzeit keine...