BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 929/14 -
über
die Verfassungsbeschwerde
der Firma O…, |
- Bevollmächtigte:
-
Diekmann Rechtsanwälte,
Feldbrunnenstraße 57, 20148 Hamburg -
gegen |
a) |
das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 2014 - I ZR 79/10 -, |
b) |
das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 25. März 2010 - 3 U 126/09 -, |
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c) |
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 2009 - 407 O 82/09 - |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Huber,
Müller,
Maidowski
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 31. März 2016 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
I.
Die Beschwerdeführerin ist ein Versandhandelsunternehmen. Sie machte auf ihrer Internetseite und mit einer ihrem Katalog beigefügten Broschüre Werbung für eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke. In der Werbung versprach die Apotheke verschiedene Boni. Der Landesapothekenverband Baden-Württemberg e.V. klagte gegen die Beschwerdeführerin auf Unterlassung.
1. Mit Urteil vom 4. August 2009 verurteilte das Landgericht Hamburg die Beschwerdeführerin, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die genannte Apotheke zu empfehlen.
2. Die Berufung der Beschwerdeführerin wies das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 25. März 2010 zurück. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei gemäß §§ 3, 8 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG, §§ 1, 3 AMPreisV begründet. Der niederländische Anbieter sei verpflichtet, die deutschen Arzneimittelpreisvorschriften bei einem Vertrieb nach Deutschland einzuhalten.
3. Die Revision der Beschwerdeführerin wies der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26. Februar 2014 zurück. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerfrei angenommen, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gelte.
a) Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes habe die Frage bejaht, ob die deutschen Vorschriften für den Apothekenabgabepreis auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gälten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher abgäben (unter Verweis auf GmS-OGB, Beschluss vom 22. August 2012 - GmS-OGB 1/10 -, BGHZ 194, 354). In Übereinstimmung damit habe der Gesetzgeber durch die mit Wirkung vom 26. Oktober 2012 in Kraft getretene Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zusätzlich klargestellt, dass die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Arzneimittel gelte.
b) Die von der Revision dagegen erhobenen Einwendungen griffen nicht durch.
aa) Die Revision wende sich jedenfalls im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Gemeinsamen Senats, dass die Arzneimittelpreisvorschriften des deutschen Rechts, auch wenn sie auf den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Deutschland anwendbar seien, keine Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 AEUV seien und die Regelung, wonach deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gelte, zudem nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt wäre. Mit dem Gemeinsamen Senat sei jedenfalls davon auszugehen, dass die Regelung, wonach deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gelte, zumindest nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt sei.
bb) Entsprechend der allein klarstellenden Bedeutung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG habe der von der Revision insoweit geltend gemachte Verstoß gegen die Notifizierungspflicht gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 89/105/EWG keinen Einfluss auf die Fortgeltung des bereits zuvor bestehenden Verbots der vom Kläger beanstandeten Verhaltensweise der Beschwerdeführerin. Dem widerspreche entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache „CIA Security International“ entschieden habe, dass Verstöße gegen die Mitteilungspflichten, die in Art. 8 und Art. 9 der Richtlinie 83/189/EWG geregelt seien, zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften führten. Der Gerichtshof habe dieses Ergebnis damit begründet, dass die Richtlinie 83/189/EWG neben dem Zweck, die Kommission zu informieren, gerade auch das Ziel verfolge, die Handelsschranken zu beseitigen oder zu verringern, die anderen Staaten über die von einem Staat geplanten technischen Vorschriften zu...