Sonstige Entscheidungen - Bundesgerichtshof

Published date24 Agosto 2023
SectionGerichtlicher Teil
IssuerBundesgerichtshof
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

XI ZB 20/21

vom11. Juli 2023in dem Rechtsstreit

Reinhard Bohms, Albrecht-Dürer-Weg 11, Landshut,

Musterkläger und Musterrechtsbeschwerdeführer,
1.

Johannes Fuß, Bülser Straße 215, Gladbeck,

2.

Frank Milpacher, Bleicherhornstraße 15, München,

3.
Prof. Dr. Michael Lemke, Reinhardtstraße 11, Berlin,
Beigeladene und Rechtsbeschwerdeführer,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Scheuch und Lindner -
gegen
1.
Dr. Peters Asset Invest GmbH & Co. KG, vertreten durch die Dr. Peters Vertriebs-GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer, Stockholmer Allee 53, Dortmund,
Musterbeklagte und Musterrechtsbeschwerdegegnerin,
2.

DS-Fonds-Treuhand GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, Stockholmer Allee 53, Dortmund,

Musterbeklagte und Beigetretene auf Seiten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Prof. Dr. Vorwerk -

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juli 2023 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, den Richter Dr. Grüneberg sowie die Richterinnen Dr. Menges, Dr. Derstadt und Ettl

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der Rechtsbeschwerdeführer gegen den Musterentscheid des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. August 2021 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Musterbeklagten tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Rechtsbeschwerdeführer wie folgt:

Musterrechtsbeschwerdeführer 59%
Rechtsbeschwerdeführer zu 1 17%
Rechtsbeschwerdeführer zu 2 14%
Rechtsbeschwerdeführer zu 3 10%

Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Rechtsbeschwerdeführer jeweils selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 382.163,93 €.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird für die Prozessbevollmächtigten des Musterrechtsbeschwerdeführers und der Rechtsbeschwerdeführer auf 143.235,81 € sowie für den Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten auf 382.163,93 € festgesetzt.

Gründe:

A.
1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) darüber, ob der am 7. November 2007 aufgestellte Prospekt zu der unter dem Namen "DS-Fonds Nr. 127 VLCC Younara Glory" angebotenen Beteiligung an der DS-Rendite-Fonds Nr. 127 VLCC Younara Glory GmbH & Co. Tankschiff KG (im Folgenden: Beteiligungsgesellschaft oder Fondsgesellschaft) fehlerhaft ist und ob die Musterbeklagten hierfür aufgrund Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten in Anspruch genommen werden können.

2

Der Fonds hatte den Erwerb und Betrieb der VLCC Younara Glory, eines Rohöltankers der VLCC-Klasse (Supertanker) (im Folgenden: Fondsschiff), zum Gegenstand.

3

Die Musterbeklagten sind Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft. Die Musterbeklagte zu 1 ist zudem Anbieterin; die Musterbeklagte zu 2 ist Treuhandkommanditistin.

4

Im Prospekt ist unter der Überschrift "Vertrieb und Platzierung" auf Seite 52 ausgeführt:

"Die Beteiligungsgesellschaft hat mit Vertrag vom 11. Oktober 2007 die [Musterbeklagte zu 1] mit der Einwerbung des Beteiligungskapitals bis zu einer Höhe von € 49,3 Millionen (ohne Agio) und den damit verbundenen Abwicklungstätigkeiten beauftragt. Sie kann sich zur Erbringung der vereinbarten Leistungen Dritter bedienen. Die Einwerbung des Beteiligungskapitals umfasst auch die Einlagen der Gründungsgesellschafter.

[...]"

5

Im Gesellschaftsvertrag ist unter § 6 Ziffer 1 auf Seite 79 des Prospekts angegeben:

"Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft obliegt der persönlich haftenden Gesellschafterin.

[...]"

6

Persönlich haftende Gesellschafterin war die DS-Rendite-Fonds Nr. 127 VLCC Younara Glory GmbH.

7

Auf Seite 10 des Prospekts sind in einer Übersicht "Investment Highlights" unter anderem folgende Punkte dargestellt:

"- Langfristcharter über 11 Jahre

Der langfristige Chartervertrag über rund 11,1 Jahre stellt für die Anleger eine hohe Sicherheit gegen die Schwankungen der Chartermärkte dar und erhöht durch kalkulierbare Einkünfte deutlich die Prognosesicherheit. [...]

- Sicherheit durch Schiffsmanagementvertrag mit Betriebskostenbegrenzung

Die Betriebskosten sind bis Ende des Jahres 2018 weitgehend vertraglich festgeschrieben.

- Günstiger Kaufpreis

Laut Gutachten [...] wird der Kaufpreis für die VLCC Younara Glory von US-$ 132 Millionen als günstig bewertet und liegt US-$ 4 Millionen unter dem vom Gutachter ermittelten Verkehrswert des Schiffes."

8

Zu den "Risiken der Beteiligung" wird auf den Seiten 12 ff. unter anderem ausgeführt:

"Der wirtschaftliche Erfolg der Schiffsbeteiligung ist nicht garantiert. Er hängt im Wesentlichen von der zukünftigen Marktentwicklung dieses Schiffstypsegments, dem Verkaufserlös, der Entwicklung von Kapitalmarktzinsen, Wechselkursrelationen, der Höhe der Betriebskosten, der Bonität von Vertragspartnern und von Entscheidungen der mit dem Management beauftragten Personen ab.

Abweichungen einzelner wirtschaftlicher Eckdaten oder die Kumulierung von Abweichungen mehrerer Eckdaten können dazu führen, dass sich das Gesamtergebnis für den Anleger deutlich verschlechtert oder zu einem Totalverlust der Beteiligung führen. [...]

[...]

Anlegergefährdende Risiken

1. Haftung

[...]

Wie jeder Gewerbebetrieb ist die Beteiligungsgesellschaft als Eigentümer des Schiffes einer Haftung ausgesetzt. Die Haftung bestimmt sich nach den nationalen Rechten jener Länder, in deren Hoheitsgewässern sich das Schiff zum Zeitpunkt der Schadensverursachung aufhält. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betrieb des Schiffes zu Schäden führt, die nicht versichert sind, nicht versicherbar sind, der Versicherungsschutz nicht greift oder nur teilweise zur Deckung der Schäden ausreicht.

In einem solchen Fall ist es möglich, dass die Beteiligungsgesellschaft als Eigentümerin des Schiffes in Anspruch genommen wird. Dies könnte dazu führen, dass die Gesellschaft (nicht der einzelne Gesellschafter) bei einer Inanspruchnahme eventuell Insolvenz anmelden muss. Weiterhin ist es in solchen Fällen möglich, dass ein ausländisches Gericht die nach deutschem Recht bestehende Haftungsbeschränkung auf die Hafteinlage nicht anerkennt. In diesem Fall kann es dazu kommen, dass Anleger über den gezeichneten Kapitalanteil hinaus in Anspruch genommen werden.

[...]

Anlage- und Prognosegefährdende Risiken

2. Chartereinnahmen

Der Chartervertrag [...] mit einer Festlaufzeit ab Übernahme des Schiffes von rund 11,1 Jahren bis zum Ende des Jahres 2018 (-/+ 15 Tage nach Wahl des Charterers) sieht Chartereinnahmen für die Beteiligungsgesellschaft von US-$ 53.400 pro Tag vor.

Der durch einen Rückgang des Transportaufkommens und/oder durch einen Anstieg der Flottenkapazität verursachte Verfall der erzielbaren Frachteinnahmen kann die Ertragslage des Charterers beziehungsweise des Chartergaranten derart beeinflussen, dass ihm die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen teilweise oder gänzlich unmöglich wird. [...] Es besteht daher keine Garantie für die Einhaltung der im Chartervertrag eingegangenen Verpflichtungen. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Markt der Tankschifffahrt starken Schwankungen unterliegt und auf ertragsstarke Perioden ebenso ertragsschwache Perioden folgen können.

Da die vorgenannten Umstände regelmäßig den gesamten Markt betreffen, besteht das Risiko, eine Alternativbeschäftigung zum bestehenden Chartervertrag zu geringeren als den angenommenen Charterraten oder keine Beschäftigung für das Schiff zu finden. Das Vorgenannte trifft auch auf den Fall zu, dass nach der vertragsgemäßen Beendigung des Chartervertrages eine Anschlusscharter nicht oder nur zu erheblich schlechteren Bedingungen gefunden werden kann. Im Extremfall kann dies zur Aufgabe des Geschäftsbetriebes führen und den Verlust des Beteiligungskapitals bedeuten.

[...]

3. Sonstige Vertragspartner

Bei einem Ausfall von Vertragspartnern oder bei Vertragsablauf müssen für die entsprechenden Dienstleistungsbereiche, zum Beispiel für die Fondsverwaltung, neue Vertragspartner gesucht werden. Hieraus können höhere Aufwendungen entstehen.

[...]

5. Finanzierung

[...]

Die Bank überprüft den Beleihungsauslauf der Schiffshypotheken, ob die vorhandene Beleihung mehr als 80% des aktuellen Marktwertes des Schiffes beträgt. Sollte dieser Beleihungswert durch Marktwertänderungen des Schiffes überschritten werden und keine betriebskosten- und kapitaldienstdeckende Charter vorhanden sein (mit einer Restlaufzeit von mindestens 12 Monaten) ist die Beteiligungsgesellschaft verpflichtet, Sondertilgungen zu erbringen oder zusätzliche Sicherheiten zu stellen. [...]

6. Schiffsbetriebskosten, Managementkosten, Kommissionen, Fondsverwaltungskosten

Es ist zu beachten, dass es sich bei den angesetzten Schiffsbetriebskosten und deren einzelnen Positionen, wie zum Beispiel Kosten für Instandhaltung, Dockung, Versicherung, Schmieröl und Besatzung um sorgfältig ermittelte Prognosewerte handelt, die aber höher als erwartet ausfallen können. Sollte der Schiffsmanager nicht in der Lage sein, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen oder seinen Vertrag kündigen, können in den einzelnen Jahren hieraus höhere Schiffsbetriebskosten für die Beteiligungsgesellschaft entstehen. Das gleiche gilt nach Beendigung des abgeschlossenen Managementvertrages. Mehrkosten haben einen entsprechenden negativen Einfluss auf die Liquiditätsreserve und die Höhe möglicher Auszahlungen.

[...]

Veräuß...

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